Fjordbo

Zusammensein mit Gleichgesinnten

Zusammensein mit Gleichgesinnten

Zusammensein mit Gleichgesinnten

Ruth Nielsen
Ruth Nielsen Lokalredakteurin
Gravenstein/Gråsten
Zuletzt aktualisiert um:
Fjordbo
Fjordbo – ein Ort für junge Leute mit Behinderung. Foto: Ruth Nielsen

„Fjordbo“ ist eine Wohngemeinschaft für junge Behinderte. Die WG soll Teil Gravensteins werden, wünschen sich die Initiatoren Karin und Dirk Sina.

Karin und Dirk Sina haben ihre am Rett-Syndrom   (spontane Genveränderung) kranke Kerstin  erzogen wie ihre vier gesunden Kinder.  Nun ist Kerstin 29 Jahre alt, Zeit, flügge zu werden,   sich als Erwachsene ein eigenes Leben einzurichten.

Das war der Antrieb für die Sinas,    nach einem Wohnkonzept zu fahnden, das ihrer Kerstin ein Wohnen mit  anderen jungen Behinderten  erlaubt. „Sie soll ein eigenes Leben haben,  mit   jungen Leuten.  Wir können  ihr nicht das geben, was junge Leute können“, nennt  Dirk Sina  Überlegungen, die zum Bau der Wohngemeinschaft (WG) „Fjordbo“ geführt haben.

Dort ist Kerstin Mitte März eingezogen. Die Einrichtung hat sie weitestgehend selbst bestimmt. Mit ihrer   Mutter hat  sie im Internet und in Katalogen nach  passenden Möbeln gesucht. Einiges stammt wie die gemütliche Sitzecke   aus stillgelegten Krankenhäusern. Kerstin   hat keine Sprache, sie kann ihre Hände nicht gebrauchen. Sie kommuniziert über ihre Augen.   Gehen die Lider runter, heißt das, ich stimme dem zu.  Eine Hilfe ist der    Sprachcomputer.

„Sie hat den Bau von Anfang an mitverfolgt. Sie hat   die Zeichnungen gesehen. Sie hat so viel wie möglich  mitgestaltet“, sagt Karin Sina.

 

Fjordbo
Lissi Nielsen (2. v. r.) ist für Hund Dina zuständig, der Kerstin, Dirk und Karin Sina Freude macht. Foto: Ruth Nielsen

„Die öffentlichen Einrichtungen sind nichts für Jüngere"

Anstoß für „Fjordbo“ war vor ein paar Jahren ein kleiner  Artikel  in „Gråsten ugeavis“ über Interessenten für eine andere Betreuungsform. „Die öffentlichen Einrichtungen sind nichts für Jüngere. Wir hatten daran gedacht, ein Haus zu kaufen, damit sie mit Gleichgesinnten zusammen sein kann. Doch für Private  gibt es so viele Regeln. Daraus wurde nichts. “

So suchten die Sinas Verbündete und fanden ihn in Niels  Ole Bennedsen, damals Leiter  des „Rendbjerg-Hjemmet“ und   Vorsitzender des Sozialausschusses. „Wir waren so dicht davor. Rendbjerg sollte die WG übernehmen. Innerhalb eines Monats fiel alles auseinander. Nach der Wahl sind alle abgesprungen“, erinnert sich Dirk Sina.

„Das wollten wir nicht akzeptieren.   Tim (Hansen,  Kommunaldirektor) gab uns  den Tipp  mit dem Diakonhjem. Wir haben dem Direktor (Emil Tang)  das Konzept vorgestellt, die Chemie stimmte sofort. Es ist die erste Einrichtung dieser Art und ein Millionenprojekt. Wir sollten zwei Voraussetzungen erfüllen:   politischer Rückhalt und stabiler  Elternkreis.“

Fjordbo á la Skagenhäuser

Das ist geglückt, wie auch die Grundstückssuche.   Der Vorteil des Areals am Toftvej, direkt am Wasser gelegen: Es gab bereits  einen Bebauungsplan für ein Feriencenter (der Investor ging Konkurs).  Daher ist Fjordbo á la Skagenhäuser gebaut worden.  Am 6. September 2016 setzte Dirk Sina den ersten Spatenstich,  ein Jahr später wurde Richtfest gefeiert. Und wieder ein Jahr später ist die Einweihung (siehe Kasten).

Dirk Sina ist Vorsitzender der Elterngruppe, die   mit dem Diakonhjem    zusammenarbeitet.   So hatte er eine Stimme bei der Anstellung  des Leiters Andreas Nielsen. Das Haus hat 30 Mitarbeiter. Es ist eine Betreuung rund um die Uhr, mit einer festen Nachtwache. Jeder Mitarbeiter kennt die individuellen  Bedürfnisse/Behinderungen.

Auch für Karin  und Dirk  Sina war es schwer, ihre Tochter ziehen zu lassen, aber „das haben wir nicht bereut. sie wird in alles involviert.   Jeder Bewohner kommt   ja direkt von zu Haus. Die ersten 14 Tage habe ich hier  gewohnt. Kerstin hat sich von Anfang an wohl gefühlt. Sie bekommen viel Hilfe und sie werden gehört“, erzählt Karin Sina.  

 

Fjordbo im Stil der Skagenhäuser . Foto: Ruth Nielsen

„Fjordbo soll  ein Teil von Gravenstein werden“

Zum Wohlfühlen gehört, dass die Fjordboer („das Wort Nutzer ist verbannt“, so Sina),  vieles unternehmen,  Ausflüge mit Bus oder Kutter,  Kinobesuch, Teilnahme an Wanderungen und auch am   Gottesdienst. „Fjordbo soll  ein Teil von Gravenstein werden. Die Nachbarn sind einbezogen worden.   Die Bewohner sind sehr unterschiedlich. Die meisten   haben eine Sprache, können gehen. Sie bereichern   sich gegenseitig.  Astrid   zum Beispiel ist blind. Sie hält sich an Kerstins Rollstuhl fest. Auch die Mahlzeiten werden gemeinsam  eingenommen.  Die Küche nimmt Rücksicht.

Kerstin   muss genügend Kalorien kriegen, andere  haben Diabetes.   Wir haben  ganz tolles  Küchenpersonal“, lobt Karin Sina  Diätistin Maria Krogh und ihre  Helferin  Senait.

Unter den Mitarbeitern  sind auch Physiotherapeuten, die    die Bewohner im Fitnessstudio   trainieren können, das mit Spenden eingerichtet werden konnte. Auch Instrumente wie Klavier und Gitarre im Aufenthaltsraum   sind gesponsert sowie   die Sitzgarnitur im Fernsehzimmer. Geld ist bereits für einen 40 Quadratmeter großen „Garten der Sinne“ da.   „Wir sind auf Sponsoren  angewiesen. Das ist eine große Arbeit“, weiß  Sina.

Hund als guter Geist des Hauses

Die Bewohner im Alter  von 18 bis 42 Jahren können sich auch am Hund Dina erfreuen,  „So ein Hund schafft Freude, gibt Geborgenheit. Er ist der gute Geist des Hauses“,  meint lachend   Lissi Nielsen (Mädchen für alles), die für den Hund sorgt.    Die Leitung weiß um den  positiven Einfluss von Tieren auf das menschliche  Gemüt.    Daher ist geplant, in absehbarer Zukunft Ziegen, Schafe und Hühner zu halten. Zukunftsmusik  ist ein Shelter für Reisende, mit Frühstück im Fjordbo.  Das wäre eine Einnahmequelle.

Geplant sind auch Vorträge im Haus, über z. B. Ziegeleien, dem Erwerbszweig an der Förde.   „Wir wollen gern ein offenes Haus sein, auch um Barrieren abzubauen. Hier leben 16 junge Menschen, jeder eine Persönlichkeit.   Das ist uns extrem wichtig, gerade auch in der heutigen Zeit, wo Minderheiten ausgegrenzt werden. Das sieht auch der Leiter so. Fjordbo   baut auf einem christlichen Menschenbild auf“, hält Dirk Sina fest.  

Dazu gehört auch, „dass jeder gibt, was er kann. Uns wird viel Hilfe angeboten, von Nachbarn, Großeltern. Das Projekt   ist nicht zu Ende. Es wird immer viel zu tun geben“, ist sich Dirk Sina sicher.

Die Aussicht von der Terrasse. Foto: Ruth Nielsen

Programm der Eröffnung

Die Wohngemeinschaft Fjordbo  öffnet am Sonnabend, 8.September, ihre Türen.  Auf dem Marktplatz in Gravenstein geht es um 10 Uhr los mit der Aktion „Radeln für Fjordbo“, für und mit Fordboer. Bis um 12 Uhr kann geradelt werden. Es gibt eine Strecke von fünf Kilometern.  Jeder Kilometer zählt, da diese Sponsoren finanzieren.   Die Teilnahme ist kostenlos. 

Anmeldungen werden bis zum 2. September  erbeten unter 73115730 oder E-Mail spg@diakon.dk.

Von 10 bis 16 Uhr  werden Aktivitäten   wie Ponyreiten, Tombola, Segeln, Dosenwerfen  angeboten. Die offizielle Einweihung erfolgt von 13 bis 15 Uhr.  Bewohner öffnen ihre Wohnungen von 14.30 bis 15.30 Uhr. Zur Musik von Johnny B kann ab 18.30 Uhr ein Festessen der Fjordbo-Küche  genossen werden. Das Menu  kostet 200 Kronen. Anmeldungen werden wie oben genannt bis  zum 27. August erbeten.   

Der Erlös der Eröffnungsfeier  geht an die Fjordboer. 

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