100 Jahre Grenziehung

Abstimmungsfest mit Tingleffer Familiengeschichte

Abstimmungsfest mit Tingleffer Familiengeschichte

Abstimmungsfest mit Tingleffer Familiengeschichte

Tingleff/Tinglev
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Louis Møller und Heinz Jespersen aus Tingleff. Deren Väter verband trotz deutscher und dänischer Gesinnung eine enge Freundschaft. Foto: Hans Chr. Gabelgaard

Nach der Grenzziehung 1920 war Tingleff gespalten in deutsch und dänisch. Es gab aber auch Annäherung und sogar Versöhnung.
Journalist und Grenzlandkenner Poul-Erik Thomsen hat zum 100. Geburtstag der Grenzziehung ein Buch über das geteilte Tingleff und über Menschen mit dänischer und deutscher Zugehörigkeit geschrieben.

Wenn die Dachorganisation „Tinglev Forum“ am kommenden Sonntag, 9. Februar, ab 13.30 Uhr zum Abstimmungsfest in das Tingleffer Freizeitcenter einlädt, dann rückt unter anderem ein Buch in den Mittelpunkt.

„Den delte by“ lautet der Titel des 280-seitigen Werks, das Tinglev Forum-Vorsitzender und Grenzlandkenner Poul-Erik Thomsen in Anlehnung an das 100-jährige Bestehen der Grenzziehung und der damit verbundenen Teilung des Ortes Tingleff  verfasst hat. Thomsen wird das Buch vorstellen, und Veranstaltungsgäste haben die Gelegenheit, ein Exemplar für 250 Kronen zu kaufen.

Dänisch contra deutsch

Der 73-jährige Journalist, Kommentator und Referent Thomsen widmet sich den Ereignissen und Besonderheiten im Ort Tingleff seit der Grenzziehung vor 100 Jahren.

Im historischen Kontext greift der Autor die Konflikte im Eisenbahndorf Tingleff auf, die Differenzen zwischen deutsch- und dänischer Bevölkerung und den Hass nach der Besatzungszeit während des Zweiten Weltkriegs. 

Poul Erik Thomsen geht aber auch auf die Annäherung ein bis hin zu Versöhnung und Akzeptanz. Den roten Faden bilden dabei zwei Familien. Es geht um die Schlachterfamilie Jespersen, die 1920 der deutschen Seite zugewandt war und um die Bäckerfamilie Møller mit dänischer Zugehörigkeit.

„Den delte by" heißt das Buch von Poul-Erik Thomsen über Tingleff des vergangenen Jahrhunderts und über dort lebende dänische und deutsche Familien. Foto: DN/Bildschirmfoto

 

Beschrieben wird die Geschichte von Alfred Jespersen und Rasmus Møller, die sich nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges über die tiefen Gräben zwischen deutsch und dänisch hinwegsetzen und ein freundschaftliches Verhältnis pflegen.

Schon damals waren sie ein Inbegriff für eine Versöhnung, die sich in Tingleff und in Nordschleswig bis in die heutige Zeit immer mehr ausprägte.  Als Beiwerk zum Buch hat Poul-Erik Thomsen ein Radionterview von 1981 mit Rasmus Møller und Alfred Jespersen auf seine Homepage gestellt.

Geschichte mit menschlicher Note

Auch wenn er einen Historiker mit einbezogen hatte, sei das Werk nicht ausschließlich als eine geschichtliche Abhandlung verfasst worden. „Es ist eine Chronik mit Beschreibungen von Menschen in einem Ort, der zeitweise ein Kampfplatz der Feindseligkeiten war“, so Poul-Erik Thomsen.

Ihm sei es wichtig gewesen, die menschliche Komponente bei den zum Teil großen Gegensätzen in Tingleff miteinzubeziehen. Und besonders wichtig war ihm, eine neutrale Linie zu finden. „Es besteht ja die Gefahr, dass man sich als Autor in eine Sackgasse begibt. Das wollte ich vermeiden“, ergänzt der Autor.

Er gab das Buch einem Freund und ehemaligen Journalistenkollegen mit deutschen Wurzeln – dem Chefredakteur des „Nordschleswiger", Gwyn Nissen. Der sollte zurückmelden, ob Inhalt und Schreibweise in Waage gehalten wurden. „Das wurde mir bestätigt, und das hat mich schon erleichtert“, so Thomsen.

Rasmus Møller und Alfred Jespersen in den 80er Jahren. Rasmus war dänisch und Alfred gehörte der deutschen Minderheit an. Beide verband dennoch eine enge Freundschaft. Foto: Petkom.dk

Zum Leitfaden „Vom Gegeneinander zum Miteinander“ hätte Poul-Erik Thomsen gewissermaßen auch Autobiografisches von sich selbst einfügen können.

Als Journalist verfolgte er die deutsche Volksgruppe vor Jahrzehnten argwöhnisch und kritisch. Daraus macht er keinen Hehl. Mit neuen Generationen und einem neuen Selbstverständnis der deutschen Minderheit änderte sich auch die Sichtweise von Poul-Erik Thomsen. „Wie ja eigentlich bei fast allen, die die Minderheit kennen“.

Es besteht ja die Gefahr, dass man sich als Autor in eine Sackgasse begibt. Das wollte ich vermeiden.

Poul-Erik Thomsen

Zeichen der Annäherung

Als Handballtrainer übernahm er vor rund 20 Jahren die Betreuung der Damenmannschaft des Jugendverbandsvereins JRO (Jugendbund Rapstedt/Osterhoist). Bedingung war für Thomsen, alles in dänischer Sprache machen zu können. Als ein Zeichen der Annäherung wurde sein Traineramt dennoch ausgelegt.  

Unter anderem als Vorsitzender von Tinglev Forum pflegt er mittlerweile seit Jahren einen freundschaftlichen Kontakt zu Vertretern des Bundes Deutscher Nordschleswiger und deutscher Einrichtungen. 

Das Buch von Poul-Erik Thomsen hat eine Auflage von 1.000 Exemplaren, kostet 250 Kronen und ist über die Homepage petkom.dk erhältlich.

Der Ablauf des Abstimmungsfests:

14 Uhr: Musikalischer Auftakt mit dem Orchester der Freiwilligen Feuerwehr Tingleff
14.20 Uhr: Vorstellung des Buches „Den delte by“
14.45 Uhr: Nordschleswigsche Kaffeetafel
15.15 Uhr: Ausschnitte aus dem Radiointerview mit Schlachtermeister Alfred Jespersen und Bäckermeister Rasmus Møller
15.20 Uhr: Satire mit „Adde und Rasmus“, gespielt von Alex Bødiker und Leif Maibom
15.30 Uhr: Musik
16 Uhr: Festansprache von Leif Maibom
16.15 Uhr: Unterhaltung mit Sketchen, dargeboten von Maibom und Bødiker
16.25 Uhr: Ende der Veranstaltung
Der Eintritt ist frei. Die Kaffeetafel kostet 50 Kronen.

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Kommentar

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