Politik und Umwelt
Mit vereinten Kräften gegen Kraftwerkschutt
Mit vereinten Kräften gegen Kraftwerkschutt
Mit vereinten Kräften gegen Kraftwerkschutt
Eine Kundgebung in Pattburg zu der im Raum stehenden grenznahen Lagerung von Schutt aus zurückgebauten deutschen Atomkraftwerken hatte eine klare Botschaft: Deutsche und dänische Nachbargemeinden müssen sich gemeinsam dagegen wehren.
„Es kann nicht sein, dass Abfall 150 Kilometer weit transportiert und dann auf die Türmatte von anderen geworfen wird“, sagte am Donnerstagabend am Grenzübergang Pattburg Jan Riber Jakobsen, konservatives Stadtratsmitglied der Kommune Apenrade/Aabenraa. Seine Partei hatte zu einer Kundgebung zu deutschen Deponieplänen eingeladen.
Im Raum steht unter anderem die Lagerung von Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Brokdorf bei Hamburg auf der Deponie in Harrislee in unmittelbarer Nähe zu Dänemark.
Der schleswig-holsteinische Landtag hatte vor einigen Monaten entschieden, dass eine Lagerung gegen den Willen von Gemeinden und Deponiebetreibern angeordnet werden kann.
Nur ein Steinwurf entfernt
Unter den von ursprünglich sieben auf vier reduzierten möglichen Lagerstätten befindet sich nach wie vor die Deponie Balzersen in Harrislee. Da sie quasi nur einen Steinwurf von Bürgern der Kommune Apenrade entfernt ist, gibt es auch von dänischer Seite Proteste.
„Wir unterstützen die deutschen Nachbargemeinschaften in den Bestrebungen, die Lagerung des Kraftwerkschutts zu verhindern. Das hier ist eine Sache, die unbedingt gewonnen werden muss“, so Jakobsen vor den rund 125 dänischen und deutschen Zuhörern, darunter Harrislees Bürgermeister Martin Ellemann und einige Stadtratsmitglieder der Kommune Apenrade.
Der konservative Politiker verwies auf die besonderen Naturwerte des Grenzgebietes. „Wir haben hier 1.000 Hektar Naturgebiet vom Tunneltal bis zur Förde mit wichtigen Grundwasserressourcen. Das gilt es unter allen Umständen zu bewahren. Wir unterstützen den Gedanken aus Harrislee, dass man den Schutt auf dem Gelände des jeweiligen Kraftwerks lagern sollte. So eine Sache darf die gute Nachbarschaft bei uns nicht kaputt machen“, so Riber Jakobsen.
Auch ohne Strahlung ein falsches Signal
So sah es auch Heinz Petersen (SSW), Bürgervorsteher der Gemeinde Harrislee. Auch wenn der Schutt angeblich keine erhöhten Strahlenwerte aufweisen wird, so würde die Lagerung ein bedenkliches Signal senden. „Es würde sich negativ auf die Wirtschaft und auch auf den Tourismus hier im Grenzland auswirken“, so Petersen auf Dänisch.
Bedauerlich und zugleich verwunderlich sei es, so der Bürgervorsteher, dass die auch von Harrislee favorisierte Variante, den Schutt auf dem Gelände der Anlagen zu lagern, ausgeschlossen wird. „Es heißt, dass Hochwasser an den Standorten eine Gefahr für die Umwelt darstellt.“
Er freue sich, dass die Firma Balzersen die gleiche Haltung hat wie der Harrisleer Gemeinderat und ebenfalls eine Lagerung ablehnt. Der guten Nachbarschaft zu Dänemark wegen müsse man mit vereinten Kräften gegen das Deponieren von Kraftwerkschutt vorgehen, so die Botschaft des Bürgervorstehers.
Dazu ist die Kommune Apenrade bereit, und sie habe sich auch schon an übergeordnete Stellen gewandt, um die Position noch einmal ganz deutlich zu machen, unterstrich Apenrade Bürgermeister Thomas Andresen (Venstre).
Weiter Weg nach Berlin und Kopenhagen
„Der Abstand von Apenrade nach Kopenhagen und der Abstand von Harrislee nach Kiel und Berlin sind sehr groß. Man muss sich Gehör verschaffen“, so Andresen in Anspielung darauf, dass Entscheidungsträger in Regierungsstädten oft nicht die Bedürfnisse und Bedenken entfernter Regionen kennen.
Dass der besagte Schutt vom Rückbau deutscher Kernkraftwerke laut Experten keine erhöhten Strahlenwerte haben würde, sei für ihn nicht der springende Punkt.
„In Dänemark ist beschlossen worden, dass es Kernkraft jetzt und auch in Zukunft nicht geben soll. Wenn dann ein Atomkraftland Material von solchen Anlagen so nah an der Grenze deponiert, dann fände ich das respektlos", unterstrich der Bürgermeister.
„Wenn ein Land wie Deutschland in solchem Maße auf Atomkraft gesetzt und davon profitiert hat, dann sollte es auch selbst die negativen Effekte tragen“, ergänzte Andresen mit der Zuversicht, dass die deutsche Seite von einer Lagerung in Harrislee absehen wird.
Er habe großes Vertrauen darin, dass die deutsche Seite den Rückbau der Atomkraftwerke mit größtmöglicher Sorgfalt durchführt und mögliche Gefahren für Mensch und Umwelt im Blick hat. Es sei nichtsdestotrotz der falsche Ansatz, Bauschutt aus Atomkraftwerken, sei er auch noch so unbedenklich, in Grenznähe zu deponieren.
Wie zuvor Jan Riber Jakobsen griff auch Thomas Andresen die EU-Verordnung Espoo auf, die Verfahrenswege bei Projekten mit grenzüberschreitender Wirkung regelt. Laut der Verordnung müssen Nachbarländer über Maßnahmen mit grenzüberschreitendem Effekt in Kenntnis gesetzt werden mit der Möglichkeit, Stellung zu beziehen und gegebenenfalls Einspruch zu erheben.
EU-Statuten
Die Deponiepläne seien im Sinne der Espoo-Verordnung zwar an die dänische Umweltbehörde geschickt worden, blieben dort aber mehr oder weniger unbeachtet, so der Einwand von Thomas Andresen. Man wolle seitens der Kommune Apenrade die Statuten und Einspruchsmöglichkeiten der Verordnung ausschöpfen. „Ich habe mich daher an die dänische Espoo-Stelle gewandt mit der Bitte, dass sie sich in der Sache noch einmal an die entsprechenden deutschen Behörden wenden“, so Andresen.
Um der gemeinsamen Haltung zu der Ablehnung der Deponiepläne Nachdruck zu verleihen, verständigten sich die Vertreter aus Harrislee und Apenrade zum Abschluss der Kundgebung darauf, eine gemeinsame Resolution zu verfassen.