Klimawandel schadet Natur

Tote Lummen: Jungvögel finden in Nordsee kein Futter mehr

Tote Lummen: Jungvögel finden in Nordsee kein Futter mehr

Tote Lummen: Jungvögel finden in Nordsee kein Futter mehr

Fanø
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Rund 200 tote Alken, Trottellummen, Papageientaucher und Tordalken wurden bei einer Strandreinigung auf der Insel Fanø entdeckt. Die Vögel werden jetzt von Wissenschaftlern genauer untersucht. Seit Monaten sterben in der Nordsee vor allem jungen Seevögel, die nicht genügend Nahrung finden können. Auf Fanø wurden auch tote Meeresenten wie Trauer- und Samtenten entdeckt. Foto: DOF/ Kim Fischer

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Nach den Sturmtagen sind Hunderte leblose Trottellummen, Tordalken und Papageientaucher an den Stränden entlang der Westküste angetrieben. Der Vogelexperte an der Universität Aarhus, Ib Krag Petersen, hofft auf internationale Forschungsergebnisse zur Ursache der Hungersnot unter den in der Nordsee überwinternden Arten.

Während der vergangenen Tage sind auf der Nordseeinsel Fanø rund 200 tote Trottellummen, Tordalken und Papageientaucher angetrieben worden.

Seit Wochen Vogelsterben

Bereits in der ersten Februarhälfte waren in großen Mengen tote Exemplare der zur Gruppe der Alken gerechneten Seevögel von Skagen bis zum Ausgang des Limfjordes entlang der nordjütischen Küste entdeckt worden. Auf Fanø wurden die toten Vögel im Rahmen einer Strandreinigungsaktion entdeckt und zur weiteren Untersuchung den zuständigen Behörden zugeschickt. Mit toten Alken ist auch im Bereich der Spülsäume in Nordschleswig zu rechnen.

Abgemagerte Jungvögel

Bereits Anfang Februar waren an der Küste Nordjütlands in großen Mengen tote Alkenvögel gefunden und von Wissenschaftlern untersucht worden.

Dort zeigte sich, dass es sich bei den toten Vögeln durchweg um Jungvögel handelte, die in der Brutsaison 2021 flügge geworden sind. Die toten Exemplare waren alle total abgemagert.

Der Vogelexperte des Institutes für Ökologie (Ecoscienece) an der Universität Aarhus, Ib Krag Petersen, erklärte gegenüber „Danmarks Radio“, dass die große Zahl von Totfunden auf eine ernste Situation unter den betroffenen Vogelarten hinweist. Die Vögel leiden offenbar an Nahrungsmangel, dem Jungvögel nicht standhalten können.

Brut an Felsenküsten

Die Serie von Stürmen könnte den auf hoher See nach Nahrung tauchenden Vögeln ebenfalls zugesetzt haben. Auch in Norwegen hatte es in den vergangenen Monaten viele Totfunde der Alken gegeben, die an felsigen Küsten brüten.

Auf Helgoland liegt ein Brutplatz der Trottelummen, keine 100 Kilometer von Nordschleswig entfernt. Über den dunkel gefärbten Trottellummen sind auf dem Foto nistende Dreizehenmöwen zu sehen. Links neben den Lummen sind in der Nische des Vogelfelsens einige Basstölpel sichtbar. Foto: Volker Heesch

 

In der Nähe von Nordschleswig sind die Klippen von Helgoland Brutplätze der Trottellummen.

Vogelgrippe nicht Todesursache

Die Veterinärbehörden in Norwegen haben festgestellt, dass die in den vergangenen Wochen entdeckten Lummen, Thordalken und Papageientaucher nicht der grassierenden Vogelgrippe zum Opfer gefallen sind. Auch andere Erkrankungen wurden nicht als Todesursache gefunden. Der Biologe Ib Krag Petersen von der Universität Aarhus sieht Folgen des Klimawandels als eine mögliche Ursache des für viele Jungvögel tödlichen Nahrungsmangels. 

Weniger Fische

In den vergangenen Jahren hatte es mehrfach ausbleibenden Bruterfolg vor allem an Vogelfelsen in Großbritannien gegeben, weil dort die den Alken als Futter dienenden Schwärme von Sandaalen und Sprotten ausgeblieben waren. Die Fischschwärme blieben wiederum aus, weil deren Nahrung, bestimmte kleine Krebstiere, nicht zur Verfügung stand. Ursache dafür ist wahrscheinlich der Klimawandel, mit der Verlagerung von Tierarten in nördlichere Gefilde.

Britische Vögel wurden angeschwemmt

Besonders die Vogelfelsen in Schottland und England scheinen „ausgehungert“ zu werden, denn laut dänischem Vogelschutzverband „Dansk Ornitologisk Forening“ (DOF) zeigten Vogelringe, dass viele der an der dänischen Westküste angeschwemmten toten Vögel aus Großbritannien stammten.

Die Nordsee ist Überwinterungsgebiet für Hunderttausende Alkenvögel, aber auch Tauchenten, Seetauchern oder Basstölpeln, die nach Stürmen auch zuweilen im Wattenmeer oder am Strand der Insel Röm (Rømø) oder auf Sylt zu beobachten sind.

Auch Ölverunreinigung weiter ein Problem

Einige der toten Vögel im Spülsaum sind auch Opfer von Ölverunreinigungen. Neben Alken waren auf Fanø auch tote Trauer- und Samtenten gefunden worden, diese sind seit Jahrzehnten Opfer der schleichenden Ölpest. Die Vögel überwintern westlich der Inseln Röm und Sylt, wo sie in 20 Meter Tiefe Muscheln als Nahrung finden.

 

Dieser tote Papageientaucher wurde bei Skagen angetrieben. Vogelringe zeigten an, dass viele der an der Nordspitze Jütlands entdeckten Vögel von Vogelfelsen in Großbritannien stammten. Angetriebene tote Seevögel sind nach wie vor auch Opfer der schleichenden Ölpest. Foto: DOF / Fuglestation Skagen

 

Öl gelangt nach wie vor in die Nordsee, in Verbindung mit der Rohölförderung, aber auch von Schiffen.

Kleine Ölmengen tödlich

Selbst kleine Mengen im Gefieder sind für Seevögel tödlich, weil sie sich daran bei der Gefiederpflege vergiften oder die „Imprägnierung“ der Federn ist so weit vermindert, dass die Vögel erfrieren. Die Veterinärbehörden in Dänemark fordern zur Vorsicht beim Auffinden toter Wildvögel auf, weil nach wie vor auch die Vogelgrippe grassiert.

Die toten Vögel sollten nicht berührt werden, stattdessen die Umweltbehörden informiert werden.  

 

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