Geschichte in Nordschleswig

Zeitreise mit dem Seiersleffer Dorfschullehrer

Zeitreise mit dem Seiersleffer Dorfschullehrer

Zeitreise mit dem Seiersleffer Dorfschullehrer

Hoyer/Højer
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Eigil Hoydal fesselte die rund 20 Mitglieder des Lokalhistorischen Vereins in Hoyer mit seinem Vortrag. Foto: Volker Heesch

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Der langjährige Schulmeister Eigil Hoydal fesselte die Zuhörerschaft beim Vortragsabend des Lokalhistorischen Vereins Hoyer.

„Ich denke mit Wehmut an die Jahre in Süderseiersleff zurück. Ich habe soviel in dem einst so dynamischen Dorf erlebt“, meinte der langjährige Dorfschullehrer in Süderseisersleff (Sønder Sejerslev) bei Hoyer, Eigil Hoydal, der am Dienstag im alten Bürgermeisteramt in Hoyer auf Einladung des Lokalhistorischen Vereins Hoyer (Højeregnens Lokalhistoriske Forening) über seine jahrzehntelange Tätigkeit in der schon vor rund 20 Jahren geschlossenen Dorfschule berichtete.

Strumpffarbe politisch bedeutsam

Hoydal, der von den Färöern stammt, beschrieb humorvoll, wie er und seine in Seiersleff beheimatete Frau Anfang der 1970er Jahre von der damaligen Schulkommission beäugt wurden, als sie sich für eine Tätigkeit an der Dorfschule beworben hatten, deren Geschichte ins Jahr 1651 zurückreicht. 

 

Das Luftbild aus der örtlichen Fotosammlung zeigt die Süderseiersleffer Schule mit dem Altbau, der noch vor 1920 während der Zugehörigkeit Nordschleswigs erbaut worden ist, und den „Neubau", errichtet 1942. Foto: Lokalhist. Archiv Hoyer

 

 „Sind das deine Parteifarben?“, lautete eine Frage an die Junglehrerein, deren roten Strümpfe einem Kommissionsmitglied aufgefallen waren, das sich offenbar an die politische Ausrichtung der Großmutter der Aspirantin erinnerte. „Es klappte, als ich mich bereiterklärte, die Rosen am Gedenkstein an der Schule zu pflegen“, so der Schulmeister, der inzwischen auf Röm (Rømø) wohnt.

Einst Dorf mit vielen Einrichtungen

„Es gab damals in Seiersleff schon zwei Möbelfabriken, zwei Kaufmannsläden, den Bäcker, zwei Schmiede, den Krug und die Kirche“, zählte Hoydal nur einige der heute längst verschwundenen Einrichtungen im Dorf auf, das 1970 gerade erst Teil der „Großkommune“ Hoyer geworden war, die seit 2007 auch schon Geschichte ist. Er berichtete, dass die Kinder seinerzeit dachten, er und seine Frau, die einzigen Lehrkräfte, wären die Besitzer der Schule. „Als ich mit einem schlimmen Rücken mal zu Bett lag, kamen die Kinder doch glatt hoch in die Wohnung, um nach mir zu gucken“, so der Pädagoge, der außer im Schuldienst auch als Entwicklungshelfer in Bolivien tätig gewesen ist.

Kein Spielplatz nötig

Hoydal berichtete, dass die Lehrkräfte früher auch als Küster in der Kirche gefragt waren. Diese Aufgaben habe er allerdings nicht übernommen, allerdings war klar, dass die Schule an Weihnachtsfeiern mitwirkte. „Da hatte der Kirchendiener das letzte Wort. Als wir Stroh für die Krippe anschleppten, kam sofort ein Veto. Er wollte keine Mäuse in die Kirche gelockt bekommen“, so der Lehrer a. D., der auch berichtete, dass eine Gruppe Architektur-Studierender, die in Seiersleff die historische Bausubstanz dokumentiert hatte, mit dem Angebot auf Unverständnis stieß, für das Dorf einen Spielplatz zu planen. „Wir haben doch unsere Kletterbäume und wir spielen in den Gräben“, so die Kinder damals, die nichts von Sandkisten und Wippen hielten.

 

Viel Vergnügen bereitete Eigis Hoydal seiner Zuhörerschaft, die auch bei Kaffee und Kuchen Zeit zum Schnacken fand. Foto: VBolker Heesch

 

Emmerleffer Chronik

Eigil Hoydal ging auch auf besondere Dinge in der Schulgeschichte ein. So hatte ein besonders gelehrter Lehrer in Süderseiersleff  Johannes Hansen, 1855 die bis heute geführte Emmerleff-Chronik (Emmerlev krønike) begründet, die interessante Auskünfte über das einstige Dorfleben in der gesamten Kirchengemeinde liefert, zu der Emmerleff (Emmerlev), Norderseiersleff (Nr. Sejerslev) und weitere kleine Dörfer sowie einstige Adelssitze zählen oder zählten. „Er hat alles Mögliche über die Zeitgenossen notiert“, so Hoydal. Besonders streng charakterisierte er die Kollegen in den übrigen Dorfschulen: „Sie waren meist Lehrer geworden, weil sie sonst zu nichts taugten.“ Aber auch vom Schulunterricht für die Mädchen hielt er nichts. Der sei überflüssig, notierte er.

Er berichtete auch, dass zu seiner Zeit noch ein Mitarbeiter der Hoyeraner Buchhandlung Bundgaard vor Weihnachten in die Schule kam, um Weihnachtskalender, Weihnachtsschmuck und Bücher vorzustellen. „Die bestellten Dinge wurden dann rechtzeitig gebracht“, so der frühere Lehrer, der auch erwähnte, dass in dem 1942 neu gebauten Schulgebäude gegen Kriegsende 1945 deutsche Flüchtlinge einquartiert worden waren. „Sie mussten auf den Turnmatten schlafen“, berichtete der Referent, der viel Beifall für seine Ausführungen erntete.      

 

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