Natur & Umwelt

Alarmstufe gelb fürs Wasser: „Das ist die Quittung“

Alarmstufe gelb fürs Wasser: „Das ist die Quittung“

Alarmstufe gelb fürs Wasser: „Das ist die Quittung“

Hadersleben/Haderslev
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Carsten Leth Schmidt, Vorsitzender des kommunalen Ausschusses für Technik und Klima, betrachtet den Trend mit Sorge. Foto: Ute Levisen

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Die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre in der Kommune Hadersleben ist besorgniserregend: In 38 Prozent der untersuchten Trinkwasserbohrungen sind Pestizidrückstände nachgewiesen worden. Damit liegt Hadersleben im landesweiten Trend. „Jetzt kriegen wir die Quittung für einen unbeschwerten Umgang mit Chemikalien in den vergangenen Jahrzehnten“, sagt Kommunalpolitiker Carsten Leth Schmidt.

Seit 2019 sind in aktiven Trinkwasserbohrungen in 96 der 98 dänischen Kommunen Reste von Pestiziden gefunden worden. Auch die Kommune Hadersleben ist betroffen. Von den insgesamt 50 aktiven Bohrungen, die in den vergangenen fünf Jahren dort auf den Prüfstand kamen, sind 19 mit Pestizidrückständen kontaminiert, wobei in drei Fällen die Grenzwerte für Trink- und Grundwasser überschritten wurden.

Hadersleben auf Platz 2 in Nordschleswig

Das geht aus einer aktuellen Untersuchung von „Danmarks Naturfredningsforening“ hervor, die landesweit ein ernstes Bild zeichnet. 

In Nordschleswig belegt die Domstadtkommune diesbezüglich Rang 2 – gleich hinter der Kommune Tondern (Tønder). Dort gab es in 48 Prozent der untersuchten Bohrungen Pestizidrückstände.

Naturschutzverein schlägt Alarm

Der dänische Naturschutzverein schlägt vor diesem Hintergrund Alarm: Das Trinkwasser und die Versorgungssicherheit der Wasserwerke seien durch Pestizide bedroht, so die Organisation. Kürzlich hatten auch die Regionen gewarnt: Es wird langsam kritisch!  

„Die aktuellen Daten zeigen, dass wir handeln müssen, sodass auch nachfolgende Generationen sauberes Trinkwasser haben“, mahnt Maria Reumert Gjerding, Präsidentin des dänischen Naturschutzvereins.

Die Haderslebener Förde bei Starup. Auch die Wasserqualität der Förde lässt zu wünschen übrig (Archivbild). Foto: Ute Levisen

Ausschusschef: Lage ist ernst, doch nicht kritisch

Obwohl die Lage ernst ist, sei sie nicht akut, beruhigt Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei (SP), der zugleich Vorsitzender des Klimaausschusses ist: „Wir kriegen jetzt die Quittung für den leichtfertigen Umgang mit Chemikalien in den vergangenen Jahrzehnten, angefangen bei den 1960er-Jahren.“

Noch gibt es laut Leth Schmidt in Hadersleben genügend Alternativen, auf die Wasserwerke im Falle eines Falles ausweichen könnten.

Verteidigung kündigt Pachtverträge für Weiden

Neben der Pestizid-Verunreinigung hat die Kommune Hadersleben mit PFAS zu kämpfen. Davon sind die Südstadt und das Gebiet um den Luftwaffenstützpunkt in Skrydstrup betroffen. 

Mit der PFAS-Kontamination befasste sich der Klimaausschuss auf seiner jüngsten Sitzung.

Im Sommer des Vorjahres hat die dänische Verteidigung 32 Proben auf Weideflächen in der Nähe der Militäranlagen entnommen. In zwei dieser Proben wurde PFAS nachgewiesen, die die Vorgaben der Lebensmittelbehörde in Futter und Wasser überschreiten. Daraufhin hatte die Militärbehörde alle Pachtverträge für Weideflächen gekündigt, deren Proben überhöhte Grenzwerte anzeigen. 

Die Ergebnisse einer Untersuchung über die Verunreinigung durch PFAS in Regie der dänischen Streitkräfte soll im Sommer vorliegen.

Im Trinkwasser in Lügumkloster stecken zurzeit zu viele Kolibakterien. Foto: Tønder Forsyning

Was sind PFAS?

PFAS ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. Diese Stoffgruppe umfasst nach jüngsten Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Stoffe. PFAS kommen nicht natürlich vor und werden erst seit den späten 1940er-Jahren hergestellt. 

Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch stabil. Aufgrund dieser Eigenschaften werden sie etwa in Kosmetika, Kochgeschirr, Papierbeschichtungen, Textilien oder Ski-Wachsen verarbeitet. Außerdem werden PFAS zur Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen, in Pflanzenschutzmitteln oder Feuerlöschmitteln verwendet.

Das Problem: PFAS sind extrem langlebig und verteilen sich in der Umwelt in kürzester Zeit über das Wasser. Sie werden daher auch als „ewige Chemikalien“ bezeichnet. Menschen können die Stoffe vor allem über Lebensmittel aufnehmen. Laut aktueller Kenntnisse der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA sind vor allem tierische Lebensmittel mit PFAS belastet.

PFAS stehen im Verdacht, Leberschäden und Krebs auszulösen. 

Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

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