Grüne Wende

Aufatmen: Gefürchtete Testwindräder kommen nicht nach Ballum Enge

Gefürchtete Testwindräder kommen nicht nach Ballum Enge

Gefürchtete Testwindräder kommen nicht nach Ballum

Ballum
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Mit einer 400 Meter langen Menschenkette wurde bei Ballum gegen die Testräder demonstriert. Foto: Bjarne Lund Henneberg

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Der Vorsitzende des Nationalparks Wattenmeer, Flemming Just, ist erleichtert – genau wie die gesamte Westküste. Die Giga-Anlagen kommen wahrscheinlich ins bestehende Testzentrum in Østerild in Nordjütland.

Die fast zwei Jahre andauernde Unsicherheit hat ein Ende. So lange wurde gekämpft – und das hat sich gelohnt. Die bis zu 450 Meter hohen Testwindräder kommen nicht nach Ballum Enge an der nordschleswigschen Westküste.

Sie werden dafür aller Voraussicht nach in der Nähe des schon bestehenden Testcenters für Windkraft in Østerild bei Thisted in Nordjütland platziert. Auch dort ist es zu Protesten gekommen. Nun soll untersucht werden, welchen Einfluss die riesigen Windräder auf die Umwelt haben.

Der Schwarze Peter für Østerild

Ballum Enge und Østerild waren die letzten in Frage kommenden Standorte für ein drittes Testzentrum in Dänemark. Eine Mehrheit der Folketingsparteien – Venstre, Sozialdemokraten, Moderate, SF, Liberale Allianz, Dänische Volkspartei und die Radikale Venstre – hatte sich im Sommer 2022 für die Windkraft starkgemacht. Am Donnerstag einigten sie sich am Ende des Verhandlungsgesprächs mit dem Minister für Städte und den ländlichen Raum, Morten Dahlin (V), auf Østerild.

Der Sieg hat viele Väter

Der Vorsitzende des Nationalparks Wattenmeer, Flemming Just, atmet auf. „Ich verspüre eine unglaubliche Erleichterung. Der Sieg hat viele Väter. Daher gibt es sehr viele Personen, denen wir für ihren großen Einsatz danken wollen und Gegenargumente für eine Platzierung in der Nähe des Nationalparks und des Weltnaturerbes gefunden haben. Wir sind uns bewusst, dass die Politikerinnen und Politiker eine schwere Entscheidung treffen mussten“.

So hätte es in Ballum Enge aussehen können. Im Vergleich zu den Windrädern der Tonderner Wasserturm und der Marsk Tower in Scherrebek. Foto: Nationalpark Wattenmeer/Søren Pedersen, Underdogmedia

Ungeachtet der Standortwahl wären Menschen betroffen. „Aber wir sind natürlich froh, dass die Politik eingesehen hat, dass derartige Windkraftanlagen nicht nur das einzigartige Naturgebiet von Weltklasse zerstören, sondern auch den Status des Wattenmeers als Weltnaturerbe der UNESCO gefährden würden“, erklärt Flemming Just.

Das Einzugsgebiet der Testwindräder am Wattenmeer Foto: Bjarne Lund Henneberg

Erleichtert zeigte sich auch Tonderns Bürgermeister, Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei). „Ich denke, die fachlichen Argumente und die vielen Restriktionen, die es schon in der Marsch gibt, haben den Ausschlag gegeben. Ich bin sehr froh“, erklärte Popp. Er war persönlich vom Minister angerufen worden, der ihm die frohe Botschaft überbrachte.

„Ein Argument, das vermutlich auch gegen Ballum Enge sprach, war, dass in Østerild die bestehende Infrastruktur genutzt werden kann“, vermutet der Bürgermeister. Er habe am Donnerstag mit mehreren Menschen aus Ballum gesprochen hatte, denen ebenfalls ein Stein vom Herzen gefallen sei.

Die fünfköpfige Delegation der Kommune Tondern im Folketing: Lars-Erik Skydsbjerg, Jørgen Popp Petersen, Poul Erik Kjær, Jannik Lorenzen und Harald Christensen (v. l.) Foto: privat

In der Kommune Tondern waren ursprünglich drei Standorte – Tonderner Marsch bei Hoyer und Ballum Enge – im Gespräch und ein gemeinsamer mit der Kommune Esbjerg. In allen drei Fällen ging es um eine Lage direkt am Wattenmeer, mit viel Wind und verhältnismäßig wenigen Bürgerinnen und Bürgern, die enteignet werden müssten. Also eine Kostenfrage, ohne dass die Konsequenzen für Menschen und Natur berücksichtigt wurden, lautete die Kritik aus der Kommune Tondern.

Mehrere Aktionen gegen Testwindräder

Es wurden Folketingsmitglieder in die Marsch geholt. Jugendliche organisierten eine Demonstration, bei der rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine 400 Meter lange Menschenkette bildeten. Und eine Delegation der Kommune wurde im Folketing vorstellig. Das waren nur drei Beispiele für den Kampf gegen die Windräder.

https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig-tondern/testwindraeder-zwei-neue-standorte-ausserhalb-nordschleswigs-im-rennen

https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig-tondern/testwindraeder-ministerwechsel-koennte-entscheidung-verzoegern

https://www.nordschleswiger.dk/de/nordschleswig-tondern/energiebranche-hat-noch-keinen-bevorzugten-testcenter-standort

Acht Standorte wurden ursprünglich für den Bau einer dritten Testanlage untersucht. Übrig blieben letztlich nur Ballum Enge und Østerild. Andere mögliche Alternativen habe es nicht gegeben. Mit dieser Lösung könne auch die bestehende Infrastruktur in Østerild genutzt werden, heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums.

Prozess dauert bis zu 2 Jahre

Ein zweites Testzentrum gibt es bereits in Høvsøre bei Lemvig. In Østerild soll nun untersucht werden, welchen Einfluss die hohen Windkraftanlagen für die Umwelt haben werden. Der Prozess wird bis zu 2 Jahre dauern. Dort sollen drei neue Testplätze für bis zu 450 Meter hohe Windräder gebaut werden. Dort gibt es bereits neun Testplätze. Die zwei der bestehenden werden auch für die neuen, sehr hohen Prototypen ausgerichtet.

Enteignungen und Entschädigung

Ist dieser Plan umsetzbar, müssen 24 Häuser – auch Wohnhäuser von Höfen – und etwa elf Sommerhäuser abgerissen werden, da sie sich zu nah an den Testwindrädern befinden. Die Entschädigung für Nachbarinnen und Nachbarn wird um 50 Prozent angehoben. Für diejenigen, die in einer Distanz von bis zu 400 Metern zu den Windrädern wohnen, sollen es 100 Prozent sein. Das entspricht jährlich 21.000 Kronen steuerfrei.

Minister fährt nach Østerild

Morten Dahlin, der erst im November den Ministerposten übernahm, sprach von einer großen Verantwortung, die die Vergleichsparteien auf sich genommen haben. „Um die Ziele der grünen Wende erreichen zu können, musste eine schwere, aber notwendig Entscheidung getroffen werden. Zudem sind Tausende Arbeitskräfte von der Windkraftenergie abhängig, damit Anlagen für die ganze Welt gebaut werden können“, erklärt Morten Dahlin.

Man wisse, dass ein möglicher Ausbau des Testzentrums in Østerild Einfluss auf die Menschen haben werde, die entweder enteignet oder durch die hohen Windräder einen Nachteil haben. Er verstehe die aufgewühlte Stimmung der Menschen. Daher fahre er am Sonnabend nach Østerild, um mit den Bürgerinnen und Bürgern zu sprechen.

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