Katastrophenschutz

Mission Austernfischer: Bei Sonne wurde der Notfall in Hoyer geprobt

Mission Austernfischer: Bei Sonne wurde der Notfall in Hoyer geprobt

Mission Austernfischer: Bei Sonne wurde der Notfall in Hoyer

Hoyer/Højer
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An der Wiedauschleuse wurde das Wasser ins Wattenmeer gepumpt. Die Übung bot nicht ganz so viel Action wie erwartet. Es ging eher darum, das Material richtig anzuwenden und um die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Dänen. Foto: Karin Riggelsen

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Deutsche und dänische Bereitschaftskräfte kämpften gegen fingierte Wassermassen an. Teams zu beiden Seiten der Grenze wünschen sich einen neuen Katastrophenschutzvertrag für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Die alte Übereinkunft stammt aus dem Jahr 1985.

Man stelle sich vor, der Regen prasselt vom Himmel, der Sturm peitscht Meerwasser an die Tore der Wiedauschleuse bei Hoyer und diese funktionieren nicht nach Plan.

So lautete das Drehbuch für die großangelegte Übung deutscher und dänischer Rettungskräfte, die am Sonnabend zwischen der alten und neuen Schleuse für den Notfall probten.

Das Szenario war schwer nachvollziehbar, denn bei der „Mission Austernfischer“ strahlte die Sonne von einem nahezu wolkenlosen Himmel – und für die Westküste herrschte ausnahmsweise fast Windstille.

Zu Wasser und aus der Luft wurde die Übung mitverfolgt. Mit den Drohnen sollten laut Drehbuch die Deiche kontrolliert werden, ob diese den Wassermassen Stand halten können oder drohen zu brechen. Foto: Karin Riggelsen
Bei der Hoyer-Schleuse wurde das Wasser aus der Wiedau abgepumpt. Foto: Karin Riggelsen

Mit Gästen aus Deutschland, Polen und Norwegen als Beobachterinnen und Beobachter zeigten die freiwilligen Feuerwehren aus Nordschleswig mit den Kollegen aus Esbjerg, Fanø und Varde, der staatlichen Bereitschaftsbehörde in Dänemark, der Polizei und dem deutschen Technischen Hilfswerk (THW), wie zusammengearbeitet werden kann.

Interreg-Projekt DanGer112

Diese Übung war Teil des Interreg-Projekts DanGer 112, das in eineinhalb Jahren enden wird. Das Projekt DanGer112 wird durch Interreg 6A-Fördermittel mitfinanziert (Interreg ist ein Förderinstrument der EU, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Europa stärken soll). 

Es ist eine Fortsetzung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen deutschen und dänischen Einsatzkräften.

Schläuche, Pumpen und anderes Material zum Wasserabpumpen wurden geschleppt und ausgefahren. Foto: Karin Riggelsen

Hochwasser bedeutet nicht immer gleich Sturmflut. Dennoch ist es gut, die Kräfte zu bündeln.

Jørgen Popp Petersen

Das Oberkommando für die Übung hatte Kenneth Achner vom nordschleswigschen Rettungsdienst „Brand & Redning“, der die Kommunen Tondern (Tønder), Apenrade (Aabenraa) und Hadersleben (Haderslev) umfasst. 

Vorsitzender der nordschleswigschen Bereitschaftskommission ist Tonderns Bürgermeister Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei), der sich in Begleitung seiner Amtskollegen Mads Skau (Hadersleben) und Jan Riber Jakobsen (Apenrade) vor Ort ein Bild von der Übung machte. 

Die Überflutung der Binnendeiche ist das Problem

„Die Übung sieht spannend aus. Hochwasser bedeutet nicht immer gleich Sturmflut. Dennoch ist es gut, die Kräfte zu bündeln. Hier bietet der vorgeschobene Deich einen guten Schutz für die Menschen in der Tonderner Marsch. Anderswo werden Deiche verstärkt und erhöht, um sich den prognostizierten höheren Wasserständen entgegensetzen zu können. Bei uns entstehen die Probleme, wenn die Binnendeiche überflutet werden oder brechen“, erläuterte Popp Petersen.

Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und Dänemarks Minister für Schutz der Gesellschaft und Bereitschaft, Torsten Schack Pedersen, wurden an der Schleuse begrüßt. Foto: Karin Riggelsen

Neben einigen wenigen Schaulustigen waren auch Torben Schack Pedersen (Venstre) und Renate Sütterlin-Waack (CDU), die zuständigen Minister aus Dänemark und Schleswig-Holstein nach Hoyer gekommen.

Während die schleswig-holsteinische Innenministerin ein festes Ziel formuliert hat, zum 40. Jahrestag des Deutsch-Dänischen Katastrophenvertrags am 16. Mai 2025 eine überarbeitete Version unter Dach und Fach zu haben, zeigte sich Torsten Schack Pedersen zurückhaltender.

Torsten Schack Pedersen ist erst seit August dieses Jahres als Minister im Amt. Foto: Karin Riggelsen

„Ich kenne den Wunsch nach einem neuen Vertrag, muss mich aber erst näher mit der Thematik befassen, bevor ich mich dazu äußern kann.“ Sein Ministerium gibt es erst seit dem 29. August 2024.

Minister zitiert US-Präsidenten

Schack Pedersen bewertete die Übung als superwichtig und bediente sich eines Spruchs des früheren US-Präsidenten Benjamin Franklin: By failing to prepare you are preparing to fail. Frei übersetzt aus der Zahnmedizin: Vorbeugen ist besser als Bohren. 

„Die heutige Übung ist ein gutes Beispiel für ein solches gewaltiges Szenario“, so Schack Pedersen, der mit den anderen VIP-Gästen in der Schleusencafeteria die gleiche Hausmannskost wie die mehr als 150 Übungsteilnehmerinnen und -teilnehmer verzehrten. Im Anschluss ging es für den politischen Tross weiter in die Feuerwache in Hoyer. 

Kranken- und Feuerwehrwagen können problemlos die deutsch-dänische Grenze queren. Das gilt aber nicht für die Polizei und die Bereitschaftsbehörden.

Beides von deutscher und dänischer Seite wurde der Wunsch nach einer neuen Absprache zwischen den beiden Ländern auch während der Übung geäußert. Kenneth Achner meinte, es sei höchste Zeit, denn der Vertrag sei hoffnungslos überaltert. 

„Kranken- und Feuerwehrwagen können problemlos die deutsch-dänische Grenze queren. Das gilt aber nicht für die Polizei und die Bereitschaftsbehörden“, bedauert er.

2014 Schelte für Tondern

Er erinnerte an einen Vorfall aus dem Jahr 2014, als in Tondern bei Hochwasser – ohne um Erlaubnis zu fragen – unbürokratisch das Technische Hilfswerk um Hilfe gebeten wurde. Dieses Vorgehen wurde von der dänischen Bereitschaft stark kritisiert und nahezu als Amtsmissbrauch bewertet.

Diese Feuerwehrleute gönnen sich eine Kaffeepause. Foto: Karin Riggelsen

Für Achner ist die grenzüberschreitende und internationale Zusammenarbeit alles bedeutend, um sich künftig Szenarien wie Sturmflut, Naturkatastrophen und ähnlichen Notfällen entgegensetzen zu können. „Die Corona-Jahre haben der Zusammenarbeit und dem aufgebauten Netzwerk geschadet. Hier möchten wir wieder anknüpfen. Die Übung in Hoyer ist die bisher größte im Rahmen der deutsch-dänischen Zusammenarbeit“, unterstrich er.

Die Forderung nach einer neuen deutsch-dänischen Katastrophenabsprache brachten auch Richard Andersen, Interreg-Beobachter, und Claus Böttcher, European Protection, zum Ausdruck.

Auch Richard Andersen (r.) und Claus Böttcher fordern eine neue Absprache zwischen Deutschland und Dänemark. Foto: Karin Riggelsen
Bei der Übung gab es nur ganz wenige Schaulustige. Die Feriengäste, die zufällig an die Schleusen wollten, verstanden zunächst nicht, dass nur eine Übung durchgeführt wurde. Foto: Karin Riggelsen
So friedlich sah das Wattenmeer am Sonnabend aus. Foto: Karin Riggelsen

Mit großen Pumpen wurden Unmengen von Wasser von der Hoyer-Schleuse bis zur Wiedauschleuse gepumpt und weiter ins Wattenmeer geleitet. Auf dänischer Seite seien mehrere Reservoirs gebaut worden, wenn nicht ausreichend Wasser bei Sturm aus westlicher Richtung und geschlossenen Schleusentoren ins Wattenmeer gepumpt werden kann.

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