Kommunalwahl 2021
Reaktionen der Wahlverlierer am Tag danach
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Wahlsieger und -verlierer Henrik Frandsen sieht noch Chancen, dass der Koalitionsvertrag scheitert. Martin Iversen (Venstre) verliert langjährige Kommunalpolitiker aus seinen Reihen. Das sind die Spiegelregeln der Politik. Sozialdemokraten: „Wir haben es versäumt, uns zu erneuern."
Der Tag nach der Wahl: Es herrscht Katerstimmung bei den Wahlverlierern. Venstres Bürgermeisterkandidat Martin Iversen zeigte sich am Mittwoch natürlich nicht begeistert über das Abschneiden seiner Partei. Vor vier Jahren eroberte sie, damals noch mit Henrik Frandsen als Spitzenkandidat, 15 Mandate, nach der Spaltung im Herbst vergangenen Jahres war die Venstre-Fraktion auf neun Mitglieder zusammengeschrumpft.
Ab 1. Januar 2022 ist die Partei nur noch mit sechs Abgeordneten im Stadtrat vertreten. In der jahrelangen Venstre-Hochburg verlor sie 27,6 Prozent ihrer Stimmen und konnte nur 17 Prozent aller abgegebenen Stimmen für sich verbuchen. Frandsen und Co. mit seiner Tønder Liste machten auf Anhieb ein Plus von 29 Prozent aller Stimmen.
Venstre will Stimmen zurückerobern
Martin Iversen meinte am Mittwoch nach zwei Stunden Schlaf, weil er seinen Sohn nach Aarhus fahren wollte, dass er und die Kandidaten es vermutlich nicht geschafft hätten, die Spaltung der V-Fraktion während des Wahlkampfes ausreichend an die Mitglieder und Venstre-Wähler zu vermitteln. Daher habe die Partei Stimmen verloren, die man sich aber bei der nächsten Wahl zurückholen will.
„Wir müssen das Geschehene hinter uns lassen und wollen mit der breiten Konstituierung die Zusammenarbeit wieder aufbauen. Wir müssen endlich damit anfangen, wieder Politik zu machen. Dazu ist auch die Tønder Listen herzlich eingeladen. Daher gibt es auch noch Lücken bei der Verteilung der Posten", erklärt Iversen, der sich ab 1. Januar erster Vizebürgermeister nennen kann. „Die Geschichten über die Teilung der Venstre-Fraktion florieren immer noch.“
Wir müssen jetzt weiterkommen. Es bleibt keine Zeit, sich weiter zu streiten.
Martin Iversen (Venstre)
Bei den Verhandlungen in der Wahlnacht habe jede Partei natürlich ihre eigenen Vorstellungen gehabt, wie es an der politischen Spitze der Kommune aussehen sollte. „Wir einigten uns letztendlich auf Jørgen Popp Petersen. Er ist ein vernünftiger Mann", hob Iversen hervor. Wenn man schon nicht Bürgermeister werden könne, müsse man sich halt mit dem Vizebürgermeister begnügen, lachte Iversen amüsiert.
Da es derart viel Wirbel gegeben habe, ob Henrik Frandsen oder er Bürgermeisterkandidat werden sollte, sei es gut, dass es ein ganz anderer geworden sei. „Wir müssen jetzt weiterkommen. Es bleibt keine Zeit, sich weiter zu streiten. Ich bedauere es aber, dass altgediente Abgeordnete meiner Partei nicht mehr dabei sein werden. Aber das sind die Spielregeln der Politik.“ Sie hätten nichts falsch gemacht.
Keine Wiederwahl erreichten Jens Møller, Mathias Knudsen, Claus Hansen, Jesper Steenholdt und Susanne Linnet. Ihr Ausscheiden sei eine harte Strafe der Wählerschaft gewesen.
Überzeugte Venstre-Mitglieder, die früher im Stadtrat saßen und an den Strippen gezogen haben, schüttelten am Wahlabend nur den Kopf. Das sei nicht mehr ihre Partei. Sie habe es selbst verbockt. Ihr Kreuz hatten sie dennoch bei der Liste V gesetzt.
Keine offensive Oppositionspolitik
Auch das scheidende sozialdemokratische Stadtratsmitglied Peter Christensen meinte, das Abschneiden seiner Partei sei selbst verschuldet. Sowohl im Kommunalrat als auch im Wahlkampf habe sie nicht ausreichend auf sich aufmerksam gemacht. „Wir haben mit zwei Ausschussvorsitzenden nicht die offensive Oppositionsrolle übernommen.“
Die Sozialdemokraten verloren eines ihrer sechs Mandate.
Peter Christensen, der keine Wiederwahl wünschte, war der frühere Stimmenmagnet seiner Partei. Er nahm als alter Hase auch am Rande an den Koalitionsgesprächen teil.
Für Christensen kommt die Niederlage nicht überraschend. „Wir haben es versäumt, uns zu erneuern. Und klar bin ich enttäuscht. Zeitweise sah es sogar so aus, als wenn wir nur auf vier Mandate kämen. Dank der Stimmen aus Tondern wurden es aber dann doch fünf Sitze", erklärte Peter Christensen.
Daher seien die Sozialdemokraten selbst schuld. „Wir sind alle alte Leute ohne Verjüngung.“
Zu den Wahlverlierern muss auch die Dänische Volkspartei gezählt werden, die ihre zuletzt zwei Mandate beide verlor. Davon haben vermutlich die Neuen Bürgerlichen profitiert, die mit Allan Svendsen erstmals in den Stadtrat einziehen. Aus dem Stadtrat flogen auch die Liberale Allianz und die Einheitsliste mit jeweils einem Mandat.
Schon als tragische Figur konnte man die Rolle des amtierenden Bürgermeisters Henrik Frandsen betrachten. Er war mit seinen Gefolgsleuten von der Tønder Liste der absolute Wahlgewinner und holte auf Anhieb 29 Prozent der abgegebenen Stimmen und damit neun Mandate. Doch das gute Wahlresultat kann nicht umgemünzt werden. Zumindest verliert Frandsen seinen Posten an Jørgen Popp Petersen von der Schelswigschen Partei. Seine Liste wurde von den sechs anderen Stadtratsparteien im Regen stehen gelassen, als es zu den Koalitionsgesprächen kam. Er sah in diesem Vorgehen ein abgekartetes Spiel, meinte ein verbitteter Frandsen.
Einladung per SMS
Jørgen Popp Petersen hatte Frandsen noch in der Nacht eine SMS geschickt, auf die Frandsen nicht antwortete, da er schon eingeschlafen war. Er sah den Bescheid erst am Morgen, schreibt jv.dk. Sein Amtsnachfolger lud ihn zu Verhandlungen noch in der Nacht oder sonst am Mittwoch ein.
Die Konstituierung des Stadtrates sei aber erst am 9. Dezember perfekt, wenn sich der neu gewählte Kommunalrat zum ersten Mal zusammensetzt. Mit sechs Parteien könne da noch etwas schiefgehen.