Grüne Kirche

Tonderner Christkirche: Nistkästen für Mauersegler – die „Vögel des Teufels“

Nistkästen für Mauersegler bei der Christkirche in Tondern

Nistkästen für Mauersegler bei der Christkirche in Tondern

Tondern/Tønder
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Bo Tonnesen macht den Nistkasten mit Daunen einer Krickente „gemütlich“. Die Vorarbeit für den Nestbau ist getan. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

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Naturberater Bo Tonnesens Vorschlag fand Anklang beim Kirchengemeinderat, Brutplätze für Mauersegler in höheren Gefilden zu schaffen. Die akrobatischen Vögel schlafen sogar in der Luft.

Die Kirchengemeinde will ihren Anteil für Biodiversität und Natur leisten und hat einer Idee des Naturberaters Bo Tonnesen zugestimmt.

So werden in diesen Tagen im Turm der Tonderner Christkirche mehrere Nistkästen für Mauersegler befestigt. Im späten Frühjahr wird mit der Ankunft der Zugvögel gerechnet, die sich zu Stadtvögeln entwickelt haben. 

„Das Gute ist, dass die Mauersegler keinen Kot machen, so wie Schwalben zum Beispiel. So werden wir aus dieser Ecke vermutlich keine Klagen bekommen“, erklärt Bo Tonnesen.

An den Holzluken werden die Nistkästen befestigt. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Die Nistkästen der Christkirche werden von unten nicht sichtbar sein, da sie im Turminneren befestigt werden. Dafür müssen in die roten Holzluken kleine Löcher gesägt werden, damit die Vögel in die Kästen kommen können.

„Hätten sie außen gesessen, hätten wir vermutlich nicht die Genehmigung vom Kirchenstift Ripen erhalten“, meint Jørn Vestergaard, verantwortlich für die Gebäude der Kirchengemeinde (Kirkeværge).

Schreiende Seelen

Dass Nistkästen für diese Vogelart an einem Gotteshaus befestigt werden, ist ein wenig kurios, da Mauersegler in früheren Jahrhunderten als „Vögel des Teufels“ bezeichnet wurden. Sie sollen Kontakt zu den dunklen Kräften gehabt haben. Sie waren mit ihren schrillen Rufen die schreienden Seelen der Menschen, die hinab in die Hölle fuhren.

Trotz dieser unheimlichen Beschreibung sind sie im Vergleich zu anderen Tierarten, die mit dem Teufel in Verbindung gebracht werden, nie gejagt worden.

Er ist aufgrund seiner kurzen Beine – daher auch sein lateinischer Name apus apus – hoffnungslos, aber in der Luft ist er genial.

Naturberater Bo Tonnesen

„Für mich sind die Rufe des Mauerseglers fantastisch und der Inbegriff vom Sommer. Leider verlassen uns die Ersten schon wieder Anfang August. Ich halte den Vogel für genial. Er ist aufgrund seiner kurzen Beine – daher auch sein lateinischer Name apus apus – hoffnungslos, aber in der Luft ist er genial“, schwärmt Tonnesen.

„Er sucht sich Nahrung im Fliegen, er paart sich in der Luft, er trinkt im Flug. Laut Studien sollen die Mauersegler zehn Monate ihres Lebens in der Luft verbringen. Sie schlafen in kürzeren Abständen im Fliegen. Vermutlich schläft bei ihnen in der Nacht nur eine Hirnhälfte, die andere steuert den Flug. Nur die zweimonatige Brutzeit und Aufzucht verbringen sie in ihrem Nest“, erklärt der Naturberater.

Er gibt sich große Mühe, den Mauerseglern ein einladendes Zuhause bieten zu können. Das in die Holzluke gesägte Loch wird gehobelt und mit Sandpapier abgeschliffen. In den Nistkasten legt er Daunen, die er sammelte, als er eine tote Krickente fand, die von einem Greifvogel gerissen worden war.

Ein Daunen-Bett wartet auf die Mauersegler. Foto: Jane Rahbek Ohlsen

„Vielleicht werden wir nicht in diesem Sommer schon nistende Vogelpaare haben. Wir werden sie mit einem Lockruf auf die  Nistkästen aufmerksam machen. Aber brütet erst ein Vogel dort, werden weitere dazukommen.  Die als sehr sozial geltenden Vögel kehren Jahr für Jahr in ihr altes Nest zurück. Auch wenn ihre Jungen noch nicht geschlechtsreif sind, suchen sie Nistplätze in der Nähe der Eltern. Sie erreichen mit drei bis vier Jahren die Geschlechtsreife und bauen ihre Nester dann als Nachbarn ihrer Eltern“, berichtet der Naturberater voller Begeisterung. Die Nistkästen entstanden in der Werkstatt der sozialen Betreuungsstätte Lærkely bei Seth (Sæd).

Der nächste Kasten kann befestigt werden: Jørn Vestergaard (l.) und Bo Tonnesen Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Eine Verschmutzung des Kirchendaches muss nicht befürchtet werden, da die Vögel sich die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft befinden. Sie sind sehr reinlich und hinterlassen selten Kot an den Mauern. Mauersegler benötigen nur wenig Baumaterial für ihre Nester, die nicht gereinigt werden müssen. Das Glockengeläut stört sie nicht. Ihr Name ist auf ihr Verhalten zurückzuführen, entlang von Mauern oder in deren Nähe zu segeln. Morgens und abends steigen sie weit auf und verweilen im Gleitflug in der Höhe.

Kirchtürme sind beliebte Brutplätze für die akrobatischen Gleitvögel, die ursprünglich in Klippenspalten nisteten. Auch an der Klagemauer in Jerusalem nisten sie heute. Löcher und Spalten in Gebäudemauern sind bei ihnen gesuchte Orte, um ihre Jungen aufzuziehen.

Schwindende Nistmöglichkeiten

Von Menschen geht aber eine immer größer werdende Bedrohung aus. Mit Neubauten und der Sanierung von Häusern schwinden die Möglichkeiten, geeignete Nistplätze zu finden. „Gleiches gilt für Kirchen, deren Türme keinen Einlass mehr bieten. Ihre natürlichen Nistplätze sind dadurch verschwunden“, berichtet Bo Tonnesen.

Mit Sandpapier wird das Loch zum Nistkasten geschliffen Foto: Jane Rahbek Ohlsen

Die Mauersegler sind keine seltene Vogelart. Den Sommer verbringen die Mauersegler in Nordeuropa, das südliche Afrika ist ihr Winterquartier. Bei der Jagd nach Insekten, die sie teils in mehr als 100 Meter Höhe führt, erreichen sie eine Geschwindigkeit von bis zu 40 Kilometern pro Stunde.

Sie sind nachts sogar in einer Höhe zwischen 1.000 und 2.000 Metern beobachtet worden. Vielleicht kann man dies auch bald von der Tonderner Stadtmitte aus bewundern.

 

 

Den Kirchplatz schauen sich Bo Tonnesen und Jørn Vestergaard von oben an. Foto: Jane Rahbek Ohlsen
Keine Höhenangst: Bo Tonnesen und Jørn Vestergaard von vorne Foto: Brigitta Lassen
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