Thema der Woche: Neu in Nordschleswig

Sozialdienst hilft Zuzüglern beim Netzwerken

Sozialdienst hilft Zuzüglern beim Netzwerken

Sozialdienst hilft Zuzüglern beim Netzwerken

Apenrade/Aabenraa
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Karin Hansen-Osmanoglu und Sabine Dehn Frerichs sind als Familienberaterinnen im Sozialdienst der deutschen Minderheit tätig. Foto: Nils Baum

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Neu in Nordschleswig? Als frisch Zugezogener stellen sich viele Fragen, zudem gilt es, sich ein neues Netzwerk aufzubauen und sich mit den anderen kulturellen Gepflogenheiten vertraut zu machen. Bei all dem möchte der Sozialdienst Nordschleswig Zuzüglern Starthilfe anbieten – und hat dafür so einiges in petto.

„Wir bekommen den Kontakt zu den Neuzuzüglern auf ganz natürliche Weise“, sagt Karin Hansen-Osmanoglu. „Vielleicht haben sie bereits Kinder in der deutschen Schule. Wir kontaktieren aber auch Leute, die gerade ein Haus gekauft haben, und da bekommen wir manchmal auch einen Tipp vom Makler oder vom Regionskontor.“

Karin Hansen-Osmanoglu arbeitet als Familienberaterin beim Sozialdienst Nordschleswig in Tingleff (Tinglev). Zusammen mit ihrer Kollegin Sabine Dehn Frerichs aus Sonderburg (Sønderborg) steht sie Familien, Jugendlichen und Senioren mit Rat und Tat zur Seite.

Und das tun die beiden Frauen zusammen mit ihren fünf Kolleginnen und Kollegen auch bei all denen, die vor Kurzem nach Nordschleswig gezogen sind. Die meisten der Neuzuzügler kommen dabei aus Deutschland.

Netzwerktreffen als Einstieg

Kürzlich hatten ihre Kolleginnen Lena Meyhoff Hansen und Tina Bruhn Hansen die Idee, Menschen, die neu nach Nordschleswig gekommen sind, zu einem Netzwerktreffen einzuladen. Damit möchte der Sozialdienst seinen Beitrag für eine gelungene Integration leisten.

„Das Ziel war auch, etwas Größeres zu arrangieren, sodass wir die ganze Familie hier haben und somit den Anfang für eine erfolgreiche Integration machen“, erläutert Sabine Dehn Frerichs.

Besonders neugierig waren die Familienberaterinnen, ob eine derartige Zusammenkunft lauter neuer Menschen überhaupt Früchte tragen würde. „Wir waren sehr gespannt, wird das eigentlich klappen, es sind ja fremde Leute, die sich da begegnen. Aber das ging richtig gut. Wir Familienberater wussten bereits etwas über die Menschen und konnten Tipps geben. Wir waren die Katalysatoren und konnten so Leute zusammenbringen“, sagt Sabine Dehn Frerichs.

„Wir haben gefragt, ob wir ihre Namen, E-Mail und Telefonnummer in eine Liste aufnehmen dürfen, damit die Leute auch interne Netzwerke bilden können. Alle haben zugestimmt“, ergänzt Karin Hansen-Osmanoglu. Und bezieht sich damit auf das erste Netzwerktreffen dieser Art, das vor Kurzem im Haus Quickborn stattfand.

Eigentlich hatten sie mit nur 20 Teilnehmenden gerechnet, am Ende waren es 60.

Und von denen gab es viel positives Feedback. Viele der Anwesenden meinten, dass der Sozialdienst so etwas unbedingt noch mal machen müsse.

Bunte Truppe

Und wer kommt zu solch einem Treffen?

„Die Gruppe sieht so aus wie die Gesellschaft heute auch. Ein Mann aus Berlin, seine Frau aus Thailand. Ganz einfach multikulturell. Und das schafft Toleranz“, sagt Karin Hansen-Osmanoglu.

Und Sabine Dehn Frerichs ergänzt: „Bei Zuzüglern haben wir die ganze Bandbreite, von Kindern über Familien bis zu Rentnern. Ich denke, genau darin liegt die Stärke, und dass drei Generationen bei unserem Treffen waren, kam gerade gut rüber.“

Unser Motto ist ‚Für ein besseres Miteinander‘. Wir haben keinen gefunden, der dagegen ist.

Hans Grundt, Abteilungsleiter

Abteilungsleiter Hans Grundt fügt noch hinzu, die Absicht mit der Veranstaltung sei, den Zuzüglern einen Eingang zur Minderheit zu bieten.

„Das heißt, den Sozialdienst erst mal kennenzulernen, sich über die Schulen zu informieren, und dann können sich die Leute je nach Bedarf und Interesse mehr in die Minderheit einklinken.“

Die Neuzuzügler in einer zentralen Veranstaltung zu sammeln, stellt zudem eine Entlastung für die Familienberaterinnen dar.

„Die ganzen Ortsvorstände können nicht jedes neue Mitglied besuchen. Deswegen haben wir einen Versuch unternommen, wie wir Kontakt zu Leuten bekommen, die zwar keinen Beratungsbedarf, aber dafür einen Netzwerkbedarf haben. Dafür arbeiten wir auch mit den Büchereien und der Kirche zusammen“, sagt Hans Grundt.

Herausforderung Kinderlose

Eine solche Zusammenarbeit sei wichtig, um vor allem auch Zuzügler zu erreichen, die ohne Familie nach Nordschleswig kommen. Bei denen fallen Kindergarten und Schule als geeignete Anknüpfungspunkte schließlich weg. Besonders in den größeren Orten sei das eine Herausforderung, da man dann nicht unbedingt wisse, wer nebenan einzieht, gibt Hans Grundt zu bedenken.

„Aber ich glaube, wir müssen besser werden, uns online zu präsentieren. Das darf keine Detektivarbeit sein. Deshalb benötigen wir eine Plattform, auf der man sich über alles informieren kann“, sagt Karin Hansen-Osmanoglu. „Außerdem muss der Zugang für Personen, die allein hier sind, anders sein, zum Beispiel über die Büchereien.“

Mundpropaganda

Daneben und neben dem Tipp vom Immobilienmakler über neue Zuzügler geht viel über Mundpropaganda. Denn oft sei es doch Zufall, dass man von Zuzüglern höre. Und deswegen habe man auch die Idee umgesetzt, Zuzügler in Nordschleswig mit Info-Taschen der Minderheit willkommen zu heißen. In der finden sich beispielsweise Informationen über Familienberatung, Sozialdienst, Bund Deutscher Nordschleswiger, Schulsystem, Verbände, Kirche und die Schleswigsche Partei.

„Geh doch mal rüber zum Nachbarn und sag Hallo. Für uns ist die Hauptsache, dass man miteinander redet, nicht übereinander“, so Hans Grundt. „Unser Motto ist ‚Für ein besseres Miteinander‘. Wir haben keinen gefunden, der dagegen ist.“

Tausend Fragen

Wenn die Familienberaterinnen dann zu einem ersten Gespräch vorbeikommen, vergehen schnell anderthalb Stunden.

„Man kommt weit rum. Wir machen dann im Laufe des Gesprächs darauf aufmerksam, dass man sich bei uns anmelden muss. Je nach Ortsverein kostet der Jahresbeitrag zwischen 50 und 100 Kronen pro Person, und die Leute sind dann überrascht, wie günstig das ist. Bei Kindern zahlt außerdem bereits die Schule den Beitrag für die Mitgliedschaft“, sagt Karin Hansen-Osmanoglu.

Doch das zahle sich in jedem Falle aus, sind sich Karin Hansen-Osmanoglu und Sabine Dehn Frerichs sicher.

„Die wollen alles wissen, die haben Tausend Fragen. Wenn man das erste Mal bei jemandem ist, sind die Leute oft komplett verwirrt, da es einfach zu viele Informationen zu verarbeiten gibt. Deswegen mache ich immer eine Liste mit Homepages mit nordschleswig.dk, DSSV, dem ‚Nordschleswiger‘ und dem Sozialdienst. Und dann erzähle ich über unseren lokalen Verein. Daneben kommen im Laufe des Jahres auch noch unsere Freiwilligen raus. Und dann müssen wir unsere Verbandsstruktur erklären“, so Karin Hansen-Osmanoglu.

Wir müssen besser werden, uns online zu präsentieren. Das darf keine Detektivarbeit sein. Deshalb benötigen wir eine Plattform, auf der man sich über alles informieren kann.

Karin Hansen-Osmanoglu, Familienberaterin

Und Sabine Dehn Frerichs ergänzt: „Die persönliche Beratung steht im Vordergrund. Wie melde ich mich an, wie melde ich mein Auto um? Was mache ich, wenn ich auch meinen Mann mit hoch haben möchte, wie ist das mit dem Kindergeld? Viele Deutsche sind zudem überrascht darüber, dass alles schon so digital ist.“

Dem Sozialdienst sei es dabei jedoch wichtig, keine alleinstehenden Events zu machen, sondern ein Programm mit einem Verlauf zu entwickeln. Deshalb seien die persönlichen Beziehungen auch unheimlich wichtig, denn dann kämen die Leute von ganz allein wieder.

Dänischkenntnisse als Herausforderung

Eine der Fragen, auf die die Familienberaterinnen oft treffen, ist die, wo man denn Dänisch lernen könne. Die meisten Zuzügler sprechen nämlich kein Dänisch, doch viele möchten die Sprache gerne lernen. Dann könne es hilfreich sein, nicht zu lange zu warten, denn irgendwann müsse man seinen Sprachunterricht sonst selbst bezahlen.

Doch neben öffentlichen Sprachenschulen gibt es auch Initiativen an den deutschen Schulen, wo vor allem das Meistern von Alltagssituationen und Allgemeinwissen über Dänemark im Vordergrund stehen.

Unterschiedliche Gründe für den Umzug

Die Gründe für einen Umzug nach Nordschleswig sind individuell ganz verschieden. Viele hätten früher einmal Urlaub in Dänemark gemacht und seien von der lockereren dänischen Art begeistert. Andere sind einfach nur müde von all den Corona-Regeln in Deutschland oder genervt von den Grenzkontrollen. Wieder andere sehen, dass sie zumindest im ländlichen Raum für weniger Geld mehr Haus bekommen als in Deutschland.

Es würden in jedem Falle mehr Menschen heute aus Deutschland nach Dänemark ziehen, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war.

Alte Klischees

Und mit einem möchten Karin Hansen-Osmanoglu, Sabine Dehn Frerichs und Hans Grundt noch gerne aufräumen: Es gebe immer noch das alte Vorurteil, dass im Sozialdienst nur Senioren betreut werden.

„Aber man muss nicht warten, bis man Rentner ist, bis man sich bei uns anmeldet. Das hängt uns noch von früher an. Wenn man nur Kaffeefahrten anbietet, dann kommen natürlich nicht viele junge Leute. Doch dafür haben wir zum Beispiel das Haus Quickborn, das einen anderen Zugang bietet, auch für Kinder“, lächelt Karin Hansen-Osmanoglu.

„Und im Fördekreis wird eine Autorallye angeboten“, gibt Sabine Dehn Frerichs noch allen Neuzuzüglern als ein weiteres spannendes Angebot des Sozialdienstes Nordschleswig mit auf den Weg.

Sozialdienst Nordschleswig

Der Dachverband Sozialdienst Nordschleswig wird von drei Säulen getragen:

  • den 16 Ortsvereinen mit über 4500 Mitgliedern,
  • der Familienberatung einschlieβlich Verwaltung
  • und dem Haus Quickborn.

Die Ortsvereine und ihre Mitglieder sorgen für die örtlichen Aktivitäten und unterstützen durch die Ausschussarbeit Kurse, Veranstaltungen und Reisen für Familie, Jugend und Senioren auf regionaler Ebene.
 
Die Familienberatung berät Mitglieder in allen Lebenslagen und gibt Hilfe zur Selbsthilfe. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit Behörden, Gesundheitswesen, Selbsthilfegruppen und den Ortsvereinen.

Das Haus Quickborn ist eine Begegnungs- und Erholungsstätte an der Flensburger Förde, wo Kurse, Erholungsurlaube und Veranstaltungen verschiedenster Art durchgeführt werden.

Der Sozialdienst Nordschleswig kann über die Internetseite sozialdienst.dk erreicht werden.

Quelle: Sozialdienst Nordschleswig

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