Leserbeitrag

„WOA 2024: Headbanging, Sonne und eine dänische Sensation“

WOA 2024: Headbanging, Sonne und eine dänische Sensation

WOA 2024: Headbanging, Sonne und eine dänische Sensation

Henning Kracht
Wacken
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Viele Dänen, hier die Familien der dänischen Band „Thus“, waren in Wacken feiern. Foto: Henning Kracht

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Die Blicke Tausender Metalheads haben sich vor dem Festival immer wieder auf diverse Wetterapps gerichtet. Gibt es ein Wacken Open Air 2024 mit shine oder doch wieder mit rain? Der Wettergott hatte doch ein Einsehen. Zur Musik diverser Topacts tanzte und feierte ausgelassen die weltweite Metalgemeinde. Und dann gab es noch eine dänische Musiksensation.

Faster, Harder, Louder und Nordschleswig

Vom Mittwoch, 31. Juli, bis Sonnabend, 3. August, fand das in Rekordzeit ausverkaufte und größte Heavy Metal Festival im beschaulichen Wacken statt. 85.000 Fans aus aller Welt bevölkerten schon seit Sonntag das Gelände sowie die Dorfstraße und machten daraus eine große Partymeile.

Auf den drei Hauptbühnen Faster, Harder und Louder und diversen kleineren Bühnen spielten neben den Headlinern, deren Songs wie „Wind of Change“ oder „The Bards Song“ jeder kennt, auch kleinere, nicht so bekannte Bands oder auch alte Haudegen wie Suzi Quatro oder Sweet, um sich einem internationalen Publikum zu präsentieren. 

Natürlich war auch Dänemark, speziell aus dem Großraum Aarhus, aber auch Nordschleswig, mit einer Vielzahl von Fans vertreten. So trafen wir auf Casper und Ditte aus Apenrade. Beide sind mit einer Gruppe von neun Personen angereist und sind seit mehreren Jahren Stammgäste. Für beide ist es immer wieder ein jährliches Highlight aufgrund der Nähe zur Heimat, der Menschen und vor allem der Musik. Auch dass sich die zwei auf dem Campingplatz fast wie in Dänemark fühlen, da überall Fans aus Aarhus, Aalborg oder auch Nordschleswig dabei sind, erleichtert das Ganze, so Ditte mit einem Schmunzeln.

Das Wacken Open Air 2024 war mit 85.000 Fans aus aller Welt sehr gut besucht. Foto: Henning Kracht

Was sagen die Bewohner von Wacken?

Das Festival ist mittlerweile ein Selbstläufer. Aber wie stehen die Bewohner und Geschäftsbetriebe zum WOA? Bei unserer nicht repräsentativen Umfrage unter Einwohnern und in Geschäften zeichnete sich ein differenziertes Bild ab. Auf der einen Seite befürworten gerade die Geschäfte das Festival, da in dieser Woche die Einnahmen massiv steigen. Aber nicht nur das Monetäre war ausschlaggebend für die positive Bewertung, sondern auch der soziale Umgang mit Menschen aus aller Welt. So sagten die Betreiber einer Eisdiele und eines Schnellimbisses, dass dies „die schönste Woche des Jahres“ sei.

Auf der anderen Seite gab es aber auch kritische Stimmen. Im Vordergrund standen die Themen Lärm (hier hat die Festivalleitung reagiert und 22 Uhr als Schlusszeit im Dorf gesetzt) und begrenzte Infrastruktur. Das Dorf sei schlichtweg an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Besonders problematisch wurde das Absperren ganzer Straßenzüge gesehen. Anwohner konnten somit nicht ohne Probleme zu ihren Häusern bzw. ihrer Arbeit gelangen. Dies erinnert sehr an die Verhältnisse in Paris. Man darf gespannt sein, wie sich die Situation unter dem neuen US-Investor KKR entwickelt, da hier auch die Gefahr gesehen wird, dass das Festival noch vergrößert wird.

 

Die Band „Thus" gewann überraschend den Nachwuchswettbewerb „Metal Battle“. Foto: Henning Kracht

Dänische Nachwuchsband „Thus“ aus Aarhus entert den „Metal Battle“

Das WOA lebt von einem kernigen Lineup, wo sich möglichst viele Fans darunter versammeln können. Jedoch gibt es bereits seit 20 Jahren den wohl bekanntesten und wichtigsten Nachwuchswettbewerb weltweit, den „Metal Battle“ mit mittlerweile 87 Teilnehmern aus aller Welt.

Dänemark ist seit vielen Jahren mit dem jeweiligen Landessieger, welcher sich durch Vorentscheide, Halbfinals und das Finale qualifizieren muss, vertreten. Die bisherige Erfolgsbilanz (ein dritter Platz) war überschaubar. 

In diesem Jahr schickte Dänemark die Band „Thus“ aus Aarhus ins Rennen, welche versuchen wollte, mit melodischem Death/Trash Metal die fachkundige Jury zu überzeugen. Nach dem Auftritt, der unter den Fans hohe Wellen schlug und für Begeisterungsstürme sorgte, sprachen wir mit den vier Jungs Frederik Jensen (Gitarre/Gesang), Tobias Pejs Hornstrup (Gitarre), Sebastian Skousgaard (Bassist) und Daniel Rasch Nielsen (Drums).

Die Band „Thus“ war der erste dänische Sieger des Musikwettbewerbs. Foto: Henning Kracht

Gegründet wurde die heutige Band Mitte 2023. Während dieser Zeit veröffentlichte „Thus“ fünf Singles. Frederik erwähnte, dass man aber erst seit ca. 6 Monaten Konzerte spielen (diese auch eher in einem überschaubaren Rahmen) und zunächst Social Media Auftritte selbst managen würde. Der Auftritt hier vor mehr als 5.000 Menschen auf einer extrem großen Bühne sprengte somit alle Dimensionen und ließ die Bandmitglieder aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen. Wir orakelten, dass eine Top fünf Platzierung durchaus im Bereich des Möglichen wäre, was aber nur zu einem Schmunzeln der Bandmitglieder führte. Dazu aber später mehr.

Ihren Stil bezeichnet Tobias als progressiven melodischen Metal, wobei die Rockgruppen „Blind Guardian“ (Deutschland) und „Gojira“ (Frankreich) eine große Inspiration waren. Alle sind unglaublich stolz und froh, beim WOA dabei sein und Dänemark vertreten zu dürfen. Besonders hoben die Jungs die familiäre Unterstützung (obwohl Daniels Vater eher der Meinung war, dass der Sohn einen Beruf erlernen sollte) und die finanzielle Hilfe durch Music Export Denmark hervor, ohne die das Projekt „Thus“ nicht möglich gewesen wäre.

Nach ihrem grandiosen Auftritt wollten die vier Musiker aus Aarhus mit ihren Familien die Festivalatmosphäre aufsaugen und sich die ein oder andere Nachwuchsband anschauen. An den Freitag, den Tag der Siegerehrung, dachte in diesem Moment keiner.

Martin Hørlock aus Nordschleswig tritt beim dänischen Vorentscheid für das „Metal Battle“ an. Foto: Henning Kracht

Finaltag

Der Pressebereich war brechend voll und die Hitze im Zelt flirrend. Journalisten, Fans, Familienmitglieder und Freunde  saßen dichtgedrängt und voller Spannung auf den Bänken. Wer würde den heiligen Gral, den Metal Battle Nachwuchswettbewerb 2024, gewinnen und womöglich eine große Karriere vor sich haben? Neben uns saßen die vier sympathischen Jungs von „Thus“ und wirkten nun doch sehr angespannt. Nachdem die Laudatio vorüber und Platz fünf bis zwei bekannt gegeben worden waren, kam es zur Sensation. „And the winner is …Thus from Denmark!“ Ohrenbetäubender Jubel brach aus, es wurde sich umarmt, ungläubig der Kopf geschüttelt und immer wieder die Siegerfaust in die Luft gereckt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Metal Battle gewann eine Band aus Dänemark. 

Und vielleicht sehen wir im nächsten Jahr die Band eines in Nordschleswig nicht ganz Unbekannten. Das musikalische Multitalent Martin Hørlock wird mit seiner Rockband „Stone Crash“ versuchen, den dänischen Vorentscheid zu gewinnen und vielleicht in die Fußstapfen von „Thus“ zu treten. Wir drücken alle Daumen.

Das nächste Wacken Open Air ist bereits voll in der Planung und findet vom 30. Juli bis 2. August 2025 statt. Bereits jetzt sind Band wie „Machine Head“, „Saltatio Mortes“, „Papa Roach“ oder „Gojira“ angekündigt. 

See you in Wacken – rain or shine!

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