Treffen der Ressortchefs

Frühjahrskonferenz: Worüber die Innenminister beraten

Frühjahrskonferenz: Worüber die Innenminister beraten

Frühjahrskonferenz: Worüber die Innenminister beraten

dpa
Rust
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Abschiebungen nach Syrien und der Kampf gegen Rechtsextremismus sind zentrale Themen der Konferenz. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

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Die Innenminister von Bund und Ländern treffen sich heute zur mehrtägigen Frühjahrskonferenz im größten Freizeitpark Deutschlands. Für Privat-Vergnügen dürfte allerdings kaum Zeit bleiben.

Abschiebungen nach Syrien und der Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus sind zentrale Themen der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Innenminister von Bund und Ländern. Die mehrtägige Konferenz beginnt heute und findet im Europa-Park in Rust bei Freiburg (Ortenaukreis) statt.

Auch der Umgang mit extremistischen Tendenzen in der «Querdenker»-Bewegung und das Waffenrecht sollen zur Sprache kommen. Die Ressortchefs treffen sich in der Regel zweimal jährlich. Baden-Württemberg hat in diesem Jahr den Vorsitz. Die Beschlüsse der Innenministerkonferenz sind in der Regel nicht bindend. Wichtige Themen in Rust:

ABSCHIEBUNGEN - Der 2012 verhängte generelle Abschiebestopp für Syrien war zum Jahreswechsel auf Betreiben der Innenminister von CDU und CSU ausgelaufen. Damit können die Behörden wieder in jedem Einzelfall die Möglichkeit einer Abschiebung prüfen, was insbesondere bei schweren Straftätern geschehen soll und bei Gefährdern, also Menschen, denen die Sicherheitsbehörden schwerste politische Straftaten bis hin zum Terroranschlag zutrauen. Verantwortlich sind am Ende aber die einzelnen Bundesländer. Ein halbes Jahr nach Auslaufen des Abschiebestopps hat die Bundesregierung aber noch niemanden dorthin zurückgeschickt. Abschiebungen nach Syrien galten von vornherein als schwer umsetzbar, unter anderem weil Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zum Regime von Präsident Baschar al-Assad unterhält. Menschenrechtsorganisationen oder Kirchen warnen ohnehin vor Abschiebungen in das Land.

ANTISEMITISMUS - Die Erfassung antisemitischer Straftaten soll genauer werden - dafür wollen sich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen auf der Konferenz einsetzen. Im Jahr 2020 registrierten die Polizeibehörden bundesweit 2351 antisemitische Straftaten. Sie werden bisher dem Phänomenbereich Rechts zugeordnet, wenn sich aus den Umständen der Tat oder der Einstellung des Täters keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. Der nordrhein-westfälische Ressortchef Herbert Reul (CDU) sagte der «Welt»: «Rechtsextrem, linksextrem oder aus dem Ausland importiert - Antisemitismus hat unterschiedliche Facetten.» Um gezielt gegen die unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus vorzugehen, brauche es eine präzise und differenzierte Analyse.

RECHTSEXTREMISMUS - Einheitlich vorgehen wollen die Innenminister gegen das Zeigen von Reichsfahnen und Reichskriegsflaggen aus der Kaiser- und NS-Zeit in der Öffentlichkeit. Schleswig-Holstein will auf der Konferenz zudem eine schärfere Strafverfolgung im Zusammenhang mit rechtsextremen und rassistischen Äußerungen in Chatgruppen von Polizeibeamten vorschlagen. Volksverhetzende Inhalte und das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen innerhalb geschlossener Chatgruppen sollen künftig unter Strafe gestellt werden, «wenn die einschlägigen Inhalte von Amtsträgern im Zusammenhang mit der Dienstausübung verwendet werden», heißt es in der Beschlussvorlage.

QUERDENKER - Trotz des Abflauens der Corona-Krise muss der Staat nach Meinung von Baden-Württembergs Ressortchef Thomas Strobl (CDU) weiter ein scharfes Auge auf die Protestbewegung um die sogenannten Querdenker haben. «Wir haben die klare Erkenntnis, dass im Zuge des Protestgeschehens Verschwörungsideologien Aufwind erhalten und sich sehr stark verbreitet haben», sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz. Reichsbürger, Selbstverwalter, Verschwörungstheoretiker, QAnon-Anhänger und Rechtsextreme versuchten, die Demonstrationen gegen die Corona-Politik zu unterwandern und zu instrumentalisieren. Man werde die Zusammenarbeit der Verfassungsschützer «bundesweit intensivieren und standardisieren».

In Baden-Württemberg beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz bereits seit Ende vergangenen Jahres die Organisationsebene der «Querdenken»-Bewegung. Einige Länder sind dem Beispiel gefolgt, aber längst nicht alle. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet seit Ende April Personen und Gruppen innerhalb der «Querdenken»-Bewegung.

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