Neuwahlen nicht ausgeschlossen

Wahlpannen in Berlin: Bundeswahlleiter erwägt Einspruch

Wahlpannen in Berlin: Bundeswahlleiter erwägt Einspruch

Wahlpannen in Berlin: Bundeswahlleiter erwägt Einspruch

dpa
Berlin
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Eine Schlange vor einem Berliner Wahllokal am 26. September. Foto: Christoph Soeder/dpa

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Normalerweise ist die Bekanntgabe des Endergebnisses der Bundestagswahl ein Routine-Termin. Diesmal nicht. Vom Bundeswahlleiter kommt deutliche Kritik an der Wahlorganisation in Berlin.

Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl hat Bundeswahlleiter Georg Thiel am Freitag das endgültige Ergebnis bekanntgegeben. Im Vergleich zum vorläufigen Ergebnis aus der Wahlnacht gab es kaum Veränderungen.

Wegen der Pannen in Berlin sind aber Nachwahlen in der Hauptstadt nicht ausgeschlossen. Thiel erwägt, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl in einzelnen Wahlkreisen in Berlin einzulegen, wie er am Freitag ankündigte. Er werde das in den kommenden Tagen «weiter eingehend» prüfen. Er übte dabei deutliche Kritik an den Organisatoren.

«Das deutsche Wahlsystem stellt sich eine andere Qualität vor, als sie hier in Berlin am 26. September aufgetreten ist.» Die Vorfälle seien überwiegend auf organisatorische Mängel zurückzuführen, die alle vermeidbar gewesen wären. Geschlossene Wahllokale wegen fehlender Stimmzettel während der Wahlzeit, Wartezeiten von zwei oder sogar drei Stunden für Wählerinnen und Wähler seien «nicht akzeptabel und für eine Bundeshauptstadt und für ein deutsches Wahlsystem erst recht nicht», sagte Thiel.

In Berlin wählten die Bürger am 26. September nicht nur den Bundestag, sondern auch das Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen. Dazu kam die Abstimmung über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Parallel dazu fand der Berlin-Marathon mit vielen Straßensperrungen statt. Vor Wahllokalen bildeten sich lange Schlangen, einige mussten wegen fehlender Stimmzettel zeitweise schließen. Mit dem Nachschub klappte es wegen der Straßensperrungen rund um den Marathon schlecht. Zudem lagen in einigen Lokalen falsche Stimmzettel aus. Thiel zitierte entsprechende Vorfälle aus einem Bericht, den ihm die Landeswahlleitung Berlin übermittelt hatte. Er bemängelte auch, dass mancherorts zu wenige Wahlkabinen aufgestellt waren.

Die Probleme in Berlin und mögliche Konsequenzen kamen am Freitag bei der Präsentation des endgültigen Bundestagswahlergebnisses durch den Bundeswahlausschusses zur Sprache. Gegenüber dem vorläufigen Ergebnis aus der Wahlnacht ergaben sich demnach beim Zweitstimmenergebnis keine Veränderungen: Die SPD kommt auf 25,7 Prozent (2017: 20,5), die Union auf 24,1 (32,9), die Grünen auf 14,8 (8,9), die AfD auf 10,3 (12,6) und die Linke auf 4,9 Prozent (9,2). Die Wahlbeteiligung lag bei 76,6 Prozent (2017: 76,2 Prozent).

CDU mit einem Bundestagsmandat mehr

Allerdings gewinnt die CDU gegenüber dem vorläufigen Ergebnis ein Mandat über ihre Landesliste in Nordrhein-Westfalen hinzu. Damit hat die Union nun 197 Sitze. Das liege an einem Zweitstimmenzuwachs von 4491 Stimmen, sagte Thiel. Die sonstige Verteilung bleibt wie gehabt: 206 Sitze für die SPD, 118 für die Grünen, 92 für die FDP, 83 für die AfD, 39 für die Linke und 1 Sitz für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW), für den als Partei einer nationalen Minderheit die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt. Der Bundestag wächst im Vergleich zu heute um 27 auf 736 Abgeordnete.

Einen Rekord gab es bei der Briefwahl: Von den fast 47 Millionen Menschen, die ihre Stimme abgaben, nutzten gut 22 Millionen diesen Weg. Der Anteil der Briefwähler stieg im Vergleich zur letzten Wahl 2017 deutlich von 28,6 auf 47,3 Prozent. In Bayern waren 62,4 Prozent - das war der höchste Anteil. Im Nachbarland Thüringen war der Briefwahlanteil mit 32,4 Prozent am niedrigsten.

Ob es nun wegen der Pannen in Berlin zu einer Neuwahl in bestimmten Wahlbezirken kommt oder nicht, entscheidet am Ende der Bundestag selbst. Grundsätzlich können gegen eine Bundestagswahl der Bundeswahlleiter, die Landeswahlleiter und auch alle Wahlberechtigten des Landes bis spätestens zwei Monate nach der Wahl Einspruch einlegen. Ansprechpartner ist der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages. Der prüft, ob Fehler passiert sind, die sich auf die Zusammensetzung des Bundestags ausgewirkt haben könnten oder ob Rechte von Wählerinnen und Wählern oder von Kandidaten verletzt wurden. Der Ausschuss bereitet eine Entscheidung vor und legt sie dem Bundestagsplenum zur Abstimmung vor.

Wie und ob sich die Zusammensetzung des Bundestages bei einer Nachwahl ändern würde, ist unklar. Prognosen, inwieweit sich Änderungen an der Sitzverteilung im Deutschen Bundestag im Fall einer Wahlwiederholung in Wahlkreisen in Berlin ergeben könnten, könne der Bundeswahlleiter nicht abgeben, hieß es von seinem Büro am Freitag auf Nachfrage. Noch ist auch gar nicht klar, um welche Wahlkreise es bei einem möglichen Einspruch konkret gehen würde. Dazu sei noch keine abschließende Aussage möglich. Der Bundeswahlleiter wartet dazu noch auf weitere Erkenntnisse zu den Wahlpannen in Berlin.

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