Leitartikel
„Neuwahlen in Deutschland? Minderheit könnte von einem Ampel-Aus profitieren“
Neuwahlen in Deutschland? Minderheit könnte von einem Ampel-Aus profitieren
Neuwahlen? Minderheit könnte von einem Ampel-Aus profitieren
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Der Klinsch in der Bundesregierung macht Neuwahlen im März immer wahrscheinlicher. Journalistin Marle Liebelt kommentiert, dass ein Scheitern der Ampel-Koalition für die deutsche Minderheit in Nordschleswig besser wäre, als wenn die Bundesregierung noch bis September so weitermachen würde.
In Deutschland rechnen immer weniger Menschen damit, dass die Ampel-Regierung bis zu der nächsten Bundestagswahl im September 2025 durchhält. Tatsächlich scheint sie selbst aktiv daran zu arbeiten, Neuwahlen herbeizuführen.
Für die deutsche Minderheit in Nordschleswig wäre ein vorzeitiges Aus der Ampel das Beste, was jetzt noch passieren kann, denn die Volksgruppe leidet unter der Regierungskrise in Berlin.
Hinrich Jürgensen hat die Dramatik beim Deutschen Tag am Sonnabend klar benannt: „Leider trifft der Sparhaushalt auch uns.“
Der Minderheit drohen Einsparungen
Der Hauptvorsitzende des Dachverbandes der Minderheit, Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN), rechnet nicht damit, in den kommenden Jahren die nötigen Mittel für steigende Kosten und auch Löhne zu bekommen. Ergo: Die Minderheit wird den Rotstift ansetzen müssen – bei Investitionen und beim Personal.
Das gefährdet auch das Campus-Projekt als Antwort auf einen Großteil anstehender Investitionen. Aufgrund der knappen Mittel aus Berlin verfallen die Gebäude der Minderheiten-Institutionen nämlich zusehends. Jürgensen spricht von einem Investitionsbedarf in Höhe von inzwischen 32,5 Millionen Euro (fast 250 Millionen Kronen), um die Gebäude instand zu setzen und zu sanieren. Eigentlich sollte das groß geplante Projekt „Campus Apenrade“ Abhilfe schaffen.
Der Bau eines Campus würde gleich mehrere andere Investitionen abfangen. Aber die 12 Millionen Euro, auf die der BDN für dieses Vorhaben aus Berlin gehofft hatte, tauchen nicht im aktuellen Haushaltsentwurf der Bundesregierung auf.
Echte Hoffnungen, dass das Geld bis zur finalen Bereinigungssitzung vom 14. auf den 15. November noch gefunden wird, macht sich im Haus Nordschleswig wohl niemand mehr. Dort sollte und wird man vermutlich schon über einem Plan B brüten.
Gretchenfrage: Investitionen oder Sparkurs?
Aber wieso wird die Minderheit in Berlin eigentlich klein und marode gespart? Ganz einfach: Die deutsche Wirtschaft steckt in einer Krise und so tut es auch die Ampel-Koalition.
Von ihrem Scheitern ist schon länger zu lesen, aber jetzt scheint dieses Szenario auch von den Regierungsparteien selbst inszeniert zu werden.
Der Klinsch ist groß und SPD, Grüne und FDP feuern auf offener Bühne gegeneinander. Politische Beobachtende sind sich zunehmend einig: Die Ampel arbeitet ganz gezielt auf ihr Ende zu, um vorzeitige Neuwahlen herbeizurufen.
Gut für die deutsche Minderheit.
Denn die Haushaltsfrage mit ihrem Sparkurs ist zu ihrem Glück auch die Gretchenfrage im zerrütteten Berlin.
Die Bundesrepublik steht aktuell vor zwei möglichen Szenarien.
Szenario 1
Die Ampel-Parteien werden sich in der Nacht auf den 15. November über den sparsamen Haushalt einig, was ein „Weiter so“ möglich macht.
Das „Weiter so“ würde für die Minderheit bedeuten, dass die Verbände sich Hinrich Jürgensens Worte eher heute als morgen zu Herzen nehmen und schon mal die Personalakten herauskramen können. Den freigewordenen Platz im Akten-Regal kann das Campus-Projekt einnehmen.
Der einzige Lichtschimmer ist, dass dieses Szenario aktuell sehr unwahrscheinlich erscheint, da die Regierungsparteien eher immer weiter auseinanderdriften, als zusammenzukommen.
Szenario 2
Die Ampel-Parteien werden sich in der Haushaltsfrage nicht einig.
Weigern sich die Koalitionspartnerinnen, einen Kompromiss zu erzielen, bleiben dem Bundeskanzler zwei Möglichkeiten: Er kann eine der Koalitionspartnerinnen aus der Regierung ausschließen und ohne eine Mehrheit im Bundestag weiterregieren. Oder aber Olaf Scholz stellt aufgrund der Nicht-Regierbarkeit die Vertrauensfrage, um Neuwahlen herbeiführen.
Im politischen Berlin wird der 9. März 2025 – eine Woche nach den Wahlen in Hamburg – als möglicher Wahltermin gehandelt.
Es gibt wieder Hoffnung
So oder so: Feststeht, dass ein „Weiter so“ nicht der Bundesregierung und nicht der deutschen Minderheit dient. Es kann nicht in ihrem Interesse sein, dass sich eine zerstrittene Regierung auf einen Haushalt einigt, der der Minderheit gerade einmal Minimal-Zugeständnisse macht, nicht aber Investitionen in die Zukunft oder eine Sanierung der maroden Gegenwart ermöglicht.
In Nordschleswig kann man am 15. November also gespannt nach Berlin schauen.
Ein Regierungswechsel in Berlin ist kein Garant für mehr Gelder für die Minderheit. Wenn aber der jetzige Haushaltsentwurf doch nicht in Stein gemeißelt wird, ist das zumindest ein Anlass zur Hoffnung, dass über eine Ausnahme der Schuldenbremse für Investitionen wieder diskutiert wird.
Und das wiederum öffnet Möglichkeiten, die Anliegen der Minderheit und ihre Dringlichkeit erneut vorzutragen.