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Bäcker im Norden lassen symbolisch die Lichter ausgehen

Bäcker im Norden lassen symbolisch die Lichter ausgehen

Bäcker im Norden lassen symbolisch die Lichter ausgehen

dpa
Hamburg
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Leere Regale und Backformen stehen in einer Bäckerei. Foto: Harald Tittel/dpa

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Seit Wochen wird darüber spekuliert, ob in den nächsten Monaten Betriebe den hohen Gas- und Strompreisen zum Opfer fallen. Ein Handwerk sieht die Gefahr von Zusammenbrüchen bereits ganz konkret.

Viele Bäcker in Norddeutschland haben am Donnerstag in ihren Verkaufsräumen symbolisch die Lichter ausgehen lassen. Angesichts der explodierenden Energiepreise fühlen sie sich vor allem von der Politik im Stich gelassen. Mit der Aktion wollten sie darauf aufmerksam machen, dass ohne Hilfen die Existenz vieler handwerklicher Bäcker bedroht ist. «Uns geht das Licht aus - Heute das Licht und morgen der Ofen?», hieß es in dem Aufruf zu der Aktion.

In den fünf Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind nach Innungsangaben rund 800 Handwerksbäckereien mit vielen Tausend Verkaufsfilialen organisiert. Sie bildeten mit Betriebsgrößen vom Kleinstbetrieb bis zu Betrieben mit weit über 1000 Mitarbeitern die mittelständische Wirtschaft ab. «Gerade dieser Mittelstand ist derzeit in seiner Existenz bedroht.»

In Niedersachsen, wo in einem Monat ein neuer Landtag gewählt wird, besuchte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) eine Bäckerei in Hannover. «Ich kann mir unser Land nicht ohne Bäcker vorstellen», sagte er. Wirtschaftsminister und CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann sagte einer Mitteilung zufolge: «Wir sollten diesen Hilferuf als ein Warnzeichen des gesamten Mittelstandes sehen.»

Der Präsident der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern, Axel Hochschild, forderte «schnelle Hilfen sowie eine Gleichbehandlung, indem unter anderem die kleinen und mittleren Betriebe ebenfalls über das Energiekostendämpfungsprogramm unterstützt werden.»

Besonders erzürnt den Handwerkszweig nämlich, der in der Coronakrise als systemrelevant anerkannt wurde, dass seine Betriebe keine Zuschüsse aus dem Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) des Bundes beantragen könnten. Denn sie stünden anders als viele andere Wirtschaftszweige nicht auf der Liste förderungsfähiger Unternehmen. Die Aufnahme in das EKDP müsse dringend nachgeholt werden, fordern die Bäcker seit Wochen. «Es kann nicht angehen, dass die Herstellung von zum Beispiel Wermutwein oder Tapeten förderfähig, Bäckereien aber ausgeschlossen sind.»

Die Bundesregierung hat zwar mittlerweile kleinen und mittleren Unternehmen Hilfen in Aussicht gestellt. «Aber das muss jetzt auch sehr schnell konkretisiert werden, also was genau heißt das für die einzelnen Bäckereien, und wann soll es beginnen, und mit welchen Summen reden wir da», sagte Weil in Hannover.

Die Bäckereien fühlen sich von den enorm gestiegenen Energiepreisen besonders getroffen, weil ihre Produktion mit Backöfen und Kühlanlagen besonders energieintensiv sei. «Eine - wie Experten derzeit für mittelgroße Betriebe voraussagen - Versiebenfachung des Gaspreises und eine Vervierfachung des Strompreises bis 2023 können die Bäckereien nicht alleine auffangen», argumentieren sie. «In etwa 70 Prozent der Bäckereien sind Gasöfen in der Nutzung.»

Weil zudem wegen des angehobenen Mindestlohns die Personalkosten stiegen und sich die Preise für Mehl und andere Rohstoffe deutlich erhöht hätten, fühlen sich die Bäckereien einem «Kosten-Tsunami» ausgesetzt, wie es in einem Papier des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks heißt. Demnach können die «die dramatischen Kostensteigerungen nur begrenzt an Kunden weitergeben, weil sie sich im harten Preiswettbewerb mit der Industrie befinden».

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