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Bauboom bringt Kieler Hochschulen auf Modernisierungskurs

Bauboom bringt Kieler Hochschulen auf Modernisierungskurs

Bauboom bringt Kieler Hochschulen auf Modernisierungskurs

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Ulf Kämpfer (SPD), Oberbürgermeister der Stadt Kiel, spricht. Foto: Christian Charisius/dpa/Archivbild

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Das ist ein wahrer Kraftakt: Über Jahrzehnte hinweg wurden Hochschulgebäude im Norden sträflich vernachlässigt. Nun wird ein umfassendes Neubau- und Sanierungsprogramm abgearbeitet. Hunderte Millionen Euro werden allein in Kiel verbaut.

An den zwei größten Hochschulen in Schleswig-Holstein, der Universität und der Fachhochschule in Kiel, wird in diesem und den kommenden Jahren gebaut, was das Zeug hält. Nachdem die Gebäudesubstanz über viele Jahre hinweg teilweise verkommen war, wird der Sanierungsstau nun mit einem Riesenaufwand abgebaut. Der Campus der Christian-Albrechts-Universität (27.000 Studierende, 3700 Mitarbeitende) wird geradezu runderneuert - bis 2024 zu einem Drittel. Bis 2030 wird ein weiteres Drittel der universitären Gebäude neu errichtet oder saniert.

Das Ganze ordnet sich in das milliardenschwere Vorhaben «Kiel Science City» ein, das Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) vor fast vier Jahren verkündete. Es wird wohl noch bis zu 20 Jahre in Anspruch nehmen. Außer vielen Hochschulneubauten umfasst der Rahmen für ein großes Gelände rund um den Uni-Campus den Bau von mehreren Tausend Wohnungen für Studierende und Familien, Ansiedlungen von Betrieben mit Hochschulbezug, Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten. Es entsteht eine moderne Wissenschaftsstadt in der Stadt, die bald 250.000 Einwohner zählen wird. «Kiel ist da super vorangekommen», sagte Kämpfer. Der florierende Wissenschaftspark wird ebenso einbezogen wie das riesige Nordmarksportfeld. Bei ihren Plänen ließ sich die Landeshauptstadt unter anderem von der TU Lausanne inspirieren.

«Wir sind sehr froh, dass wir seit einigen Jahren den enormen Sanierungsstau schrittweise abbauen können», sagte Uni-Präsidentin Simone Fulda der Deutschen Presse-Agentur. Bei den Neubauten handle es sich im Wesentlichen um Ersatzneubauten: «Aufgrund des Alters unserer Gebäude und fehlender Ausweichflächen für Interimsunterbringungen ist eine Sanierung im laufenden Betrieb in vielen Fällen nicht mehr möglich, auch wenn das die nachhaltigere Methode wäre.»

Alles in allem werden allein an der Uni in diesen Jahren rund eine halbe Milliarde Euro verbaut. Am Bremerskamp entsteht ein ganzes neues Stadtviertel, das Forschen und Arbeiten, Studieren und Wohnen miteinander verbinden soll. Dazu gehören ein Neubau für Evolutionsforschung (57 Millionen Euro), der 2026 fertig sein soll, und Hunderte Wohnheimplätze.

Weitere Einzelbeispiele für laufende große Bauvorhaben: Agrarwissenschaften mit Rechenzentrum (42 Millionen Euro), Sanierung der sogenannten Fakultätenblöcke samt Neubau eines Bibliothekenverbundes (116 Millionen Euro, bis 2030), Neubau für die Geowissenschaften (105 Millionen Euro, bis 2024). Die Kunsthalle wird von diesem Jahr an für rund 50 Millionen Euro saniert. Zwei Forschungs- und Laborneubauten der Medizinischen Fakultät sollen rund 100 Millionen Euro kosten und 2026 fertig sein.

Allein der Hauptcampus der Christian-Albrechts-Universität erstreckt sich über eine Fläche von 120 Hektar mit mehr als 200 Gebäuden. Hinzu kommen der Standort der Technischen Fakultät am Ostufer der Kieler Förde, das Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ) in Büsum und drei landwirtschaftliche Versuchsgüter im Kieler Umland.

«Erstmals konnten wir eine EU-Förderung für einen Forschungsneubau nach Schleswig-Holstein holen», freute sich Uni-Kanzlerin Claudia Ricarda Meyer. «Das Zentrum für vernetzte Sensorsysteme bündelt Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Technologietransfer im Bereich der innovativen Sensortechnik.» Der Bau werde exzellente Forschung am Standort Kiel beflügeln.

Nicht nur am Westufer der Förde wird viel gebaut. «Auch an unserer Eastside tut sich eine Menge», sagte Oberbürgermeister Kämpfer. Die Technische Fakultät der Uni setze am Ostufer ein 60-Millionen-Euro-Bauprogramm um. Dort hat auch das Meeresforschungszentrum Geomar seine Substanz mit Neubauten kräftig modernisiert.

Und an der Fachhochschule (7700 Studierende, 530 Mitarbeitende) soll Ende des Jahres der Neubau eines Bibliothekarischen Lernzentrums abgeschlossen werden, Kosten: 31,5 Millionen Euro. Die Fertigstellung war ursprünglich für Frühjahr 2022 geplant, verzögerte sich aber aufgrund der Corona-Pandemie und der Suche nach Munitionsaltlasten.

Die Studiengänge Architektur und Bauingenieurwesen bekommen für 40 Millionen Euro bis 2028 einen Neubau. Dieses Projekt wird nach bisherigem Stand ebenso 2024 beginnen wie die Gebäudesanierung am Fachbereich Agrarwirtschaft. Darüber hinaus sind weitere Bauvorhaben geplant.

«Die Fachhochschule Kiel hat sich in den vergangenen Jahren sehr dynamisch entwickelt», kommentierte Kanzlerin Anja Franke-Schwenk. Hochschulbau sei eine Daueraufgabe. «Wir haben neue Angebote wie den Bachelorstudiengang Bauingenieurwesen aufgebaut, mit dem Sommersemester startet der Studiengang Pflege und im kommenden Wintersemester folgt die Architektur.» Ohne Neu- und Umbauten könne der Raumbedarf für eine praxisnahe und zukunftsorientierte Lehre nicht befriedigt werden, zumal es durchaus Nachholbedarf gebe. Viele Räume der Fachhochschule befinden sich in Gebäuden, die früher von Industriebetrieben genutzt wurden.

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