Schleswig-Holstein & Hamburg

Deutlich mehr Arbeit für Polizeibeauftragte

Deutlich mehr Arbeit für Polizeibeauftragte

Deutlich mehr Arbeit für Polizeibeauftragte

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Landespolizeibeauftragte Samiah El Samadoni. Foto: Carsten Rehder/dpa/Archivbild

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Mehr Fälle für Schleswig-Holsteins Polizeibeauftragte. Bürger beschweren sich über schlechte Kommunikation, aber auch Polizisten wenden sich an sie. Die Amtsinhaberin hat konkrete Forderungen an die Politik im Land.

Hauptthema der Bürgerbeschwerden an Schleswig-Holsteins Polizeibeauftragte ist schlechte Kommunikation. «Hier ist aus meiner Sicht ein klarer Schwerpunkt und Arbeitsauftrag für die Polizei zu entnehmen», sagte die Beauftragte Samiah El Samadoni am Donnerstag bei der Vorstellung ihres neuen Tätigkeitsberichts für den Zeitraum Oktober 2018 bis September 2020.

In 52 Fällen ging es demnach um das Handeln von Beamten, das nicht als transparent oder nachvollziehbar erschien. «In einigen Fällen, in denen tatsächlich Fehler gemacht worden waren, hat auch eine Entschuldigung eine große Wirkung gehabt und zwischenzeitlich verlorenes Vertrauen in die Arbeit der Polizei wiederhergestellt», sagte El Samadoni.

Insgesamt gingen im Berichtszeitraum 504 Fälle ein - 108 mehr als in den zwei Jahren davor. Von ihnen kamen 308 aus der Polizei und 190 von Bürgern. El Samadoni ist seit 2016 Polizeibeauftragte. In 28 Fällen wandten sich Bürger an die Beauftragte, weil sie polizeiliche Maßnahmen als rechtswidrig empfanden. Laut El Samadoni waren Maßnahmen aber nur in zwei der Fälle rechtswidrig; drei Sachverhalte seien als unklar einzustufen. Von den 308 Fällen, die von Polizisten kamen, blieben 77 vertraulich.

El Samadoni sprach sich dafür aus, den Umgang mit der beamtenrechtlichen Remonstration, also der formellen Einwendung, die Beamte gegen eine aus ihrer Sicht rechtswidrige Weisung von Vorgesetzten erheben, zu verbessern. «Hier ist wichtig, dass die Remonstration als wichtiges beamtenrechtliches Instrument gerade für diese Zweifelsfälle verstanden und genutzt wird.» Dies müsse sich in einer positiven Haltung der Führungskräfte spiegeln.

Die Polizeibeauftragte forderte weiterhin eine leichtere Anerkennung von Corona-Infektionen im Dienst als Dienstunfall und eine Schmerzensgeld-Übernahme auch bei Schuldunfähigkeit oder Wohnungslosigkeit des Täters. Sie begrüßte einen entsprechenden Vorstoß der SPD-Fraktion.

Handlungsbedarf sieht El Samadoni im Bereich der Polizeidienststellen. «Es fällt vermehrt auf, dass schon die Eigensicherung schwierig wird, wenn zum Beispiel eine erhebliche Enge in der Dienststelle herrscht, etwa durch zu kleine Vernehmungszimmer.» Zudem begegneten sich so häufiger Opfer und Täter, wenn eine Trennung aufgrund der räumlichen Gegebenheiten nicht möglich sei. El Samadoni forderte eine Bestandsanalyse und ein anschließendes Investitionsprogramm der Landesregierung.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Torsten Jäger, begrüßte den Vorstoß. Es sei gut, dass Defizite in der Gebäude- und Renovierungssituation der polizeilichen Liegenschaften benannt würden. Die Gewerkschaft unterstützt auch die Forderungen zu Defiziten im Versorgungsrecht und der Fürsorgegestaltung.

Psychische und andere Belastungen des Polizeiberufs, die krank machen, müssten versorgungs- und dienstunfallrechtlich Berücksichtigung finden. Das gelte insbesondere für berufliche Ansteckungsgefahren in Pandemiezeiten. Bislang sei in der Landespolizei kein einziger Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls positiv beschieden worden, obwohl dienstliche Kausalitäten sehr wahrscheinlich seien.

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