Urteil

«Klassischer Raubmord»: Lebenslange Haft für 47-Jährigen

«Klassischer Raubmord»: Lebenslange Haft für 47-Jährigen

«Klassischer Raubmord»: Lebenslange Haft für 47-Jährigen

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Der Angeklagte sitzt vor Beginn der Verhandlung in einem Sitzungssaal im Strafjustizgebäude. Foto: Jonas Walzberg/dpa

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Ein 62-Jähriger gibt einem Unbekannten in einer Hamburger Bar Bier aus. Dieser tötet ihn wenig später an der Michelwiese mit einem Messerstich - und erbeutet gerade einmal 250 Euro. Nun hat das Landgericht das Urteil gesprochen.

Für eine Beute von 250 Euro hat er am Hamburger Michel einen Mann mit einem Stich in den Hals getötet: Das Landgericht hat einen 47-Jährigen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. «Er beging einen klassischen Raubmord», sagte die Vorsitzende Richterin Jessica Koerner am Freitag. Der Drogensüchtige solle in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der nicht vorbestrafte Italiener verfolgte die Urteilsbegründung mit gesenktem Blick. Nach Überzeugung des Landgerichtes tötete der gelernte Konditor, der Geldsorgen hatte, sein Opfer am frühen Morgen des 28. März an der Michelwiese. Das Messer habe die Halsschlagader durchtrennt, sagte Koerner. «Der Geschädigte verstarb innerhalb kürzester Zeit.»

Der Angeklagte habe das Portemonnaie des Portugiesen an sich genommen, 250 Euro herausgenommen und es in den Müll geworfen. Dabei habe der Täter übersehen, dass in einem Seitenfach noch weiteres Geld war. Anschließend habe er einem Bekannten Fotos von Geldscheinen geschickt, habe Schulden bezahlt und Drogen gekauft. Die Kammer verurteilte den Angeklagten wegen Mordes und Raubes mit Todesfolge.

Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten vergeblich gefordert, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausgeschlossen gewesen. «Die gesamte Familie leidet», hatte der Anwalt der Nebenklage, der die Ehefrau und den Bruder des Opfers vertrat, in seinem Plädoyer gesagt. Das Gericht war jedoch der Auffassung, dass die Kriterien für eine besondere Schwere der Schuld nicht gegeben waren.

Der Angeklagte hatte zwar eingeräumt, den 62-Jährigen tödlich verletzt zu haben. Es sei aber mehr ein Unfall gewesen, er habe ihn nicht umbringen wollen, hatte der Mann zum Prozessauftakt seine Version der Geschehnisse geschildert. Erst wenige Wochen vor der Tat sei er nach vielen Jahren familiärer Probleme und Drogenkonsum von Crack und Kokain allein nach Deutschland gekommen, um dort zu arbeiten und ein neues Leben zu beginnen. Doch das habe nicht die Wende gebracht.

Nach Feierabend sei er in einer Bar gewesen, habe aber kein Geld dabei gehabt. Das spätere Opfer habe ihm dort Bier ausgegeben. Anschließend habe er den Mann nur aus Hilfsbereitschaft begleitet, weil der Angetrunkene so geschwankt habe.

Dabei habe er den Mann gefragt, ob der ihm 20 Euro leihe. Denn er habe sich weitere Drogen kaufen wollen, berichtete der Angeklagte. Er könne es sich selbst nicht erklären, aber der Portugiese habe ihn plötzlich geschubst und angegriffen. Der 47-Jährige erklärte, er habe ein Messer gezückt, das er noch von der Arbeit dabei hatte - aber nur, um seinen Kontrahenten abzuschrecken.

Es sei zu einem Gerangel gekommen, sie seien zu Boden gestürzt und dabei sei das Messer versehentlich an den Hals des 62-Jährigen gekommen, sagte der Angeklagte weiter. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, ob er danach Geld an sich genommen habe. In Bezug auf die Aussage ihres Mandanten erklärte die Verteidigerin in ihrem Plädoyer, es könne auch eine Bewährungsstrafe in Betracht kommen.

«Alles, was ich hier gesagt habe, entspricht der Wahrheit», betonte der Angeklagte nach Angaben einer Übersetzerin in seinem sogenannten letzten Wort. «Ich bitte die Familie des Opfers um Vergebung.» Das Gericht aber bewertete die Schilderung des Angeklagten als eine reine Schutzbehauptung.

Zeugen hätten das Opfer als gutmütigen und friedlichen Mann beschrieben, der mehr als 40 Jahre zur See gefahren sei. Er sei in der Nacht nicht so betrunken gewesen, dass er Hilfe gebraucht hätte. Mit einer Plastiktüte gefüllt mit Wein und Brot sei er unterwegs gewesen, habe kurz vor der Tat noch mit seiner Ehefrau telefoniert, sagte die Vorsitzende Richterin. Dass der Angriff vom Opfer ausgegangen sei und sich das Messer zufällig in die Hals gebohrt habe, sei eine «erfundene Geschichte».

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