Landespolitik

Koalition und Opposition völlig uneins über Schwarz-Grün

Koalition und Opposition völlig uneins über Schwarz-Grün

Koalition und Opposition völlig uneins über Schwarz-Grün

dpa
Tüttendorf/Kiel (dpa/lno) -
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Thomas Losse-Müller (SPD) spricht im Landtag. Foto: Markus Scholz/dpa

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Dickes Eigenlob trifft auf Totalverriss: Im Urteil von Jahr 1 des Regierungsbündnisses aus CDU und Grünen könnten die Unterschiede zwischen Koalition und Opposition kaum größer sein. Günther & Co. ziehen Bilanz an einem ungewöhnlichen Ort.

Vor riesigen Landmaschinen oder vor einem Güllebehälter? Wohl aus gutem Grund haben sich die Spitzen der schwarz-grünen Koalition in Schleswig-Holstein zur Bilanz ihres ersten gemeinsamen Regierungsjahres beim Besuch eines Agrar- und Energiebetriebs in Tüttendorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) zunächst lieber vor der Fahrzeughalle platziert. Dort attestierten die Politiker um Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ihrem Bündnis am Montag Geschlossenheit und konstruktive Zusammenarbeit.

Gastgeber Martin Laß betreibt Ackerbau und Schweinemast, erzeugt mit einer Biogasanlage per Kraft-Wärme-Kopplung Strom sowie Wärme für das Dorf und Gettorf nebenan. Das passt zum Koalitionsziel, bis 2040 erstes klimaneutrales Bundesland zu werden. Entsprechend reisten die Spitzen von Regierung, Fraktionen und Parteien im Wasserstoffbus an. Sie posierten dann übrigens auch noch vor einer Biogasanlage und signierten diese sogar.

Die Zustimmung in der Gesellschaft zur Regierungspolitik sei groß, sagte Günther. Die Koalition sorge trotz großer Herausforderungen und eines schwierigen Umfelds für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie arbeite mit langfristigen Perspektive an Lösungen. Die Partner zeigten, dass sie trotz unterschiedlicher Positionierungen zusammenarbeiten könnten. Dazu gehörten Kompromisse. Die Koalition eine die Überzeugung, dass die Herausforderungen aus dem Klimawandel nur zu meistern seien, wenn die Gesellschaft die Ziele unterstützt. «Ich freue mich auf die nächsten Jahre, weil die Zusammenarbeit hier einfach sensationell gut ist.»

«Es ist uns bisher immer gelungen, mit einem positive Denken, mit einem Mutmachen und mit einer Zielorientierung gute Lösungen zu finden», sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Dies werde auch in den schwierigen Beratungen zum Haushalt 2024 tragen. «Da bin ich mir sehr sicher.» Wenn man Ziele erreichen wolle und weniger Mittel als geplant zur Verfügung habe, müsse man Argumente austauschen und die Dinge von allen Seiten beleuchten. «Und dafür ist diese Koalition wie gemacht.»

Deren Zusammenarbeit sei verlässlich, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. «Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein funktioniert.» Wechselseitiges Vertrauen sei eine sehr gute Grundlage, um in dieser schnellen und krisenbehafteten Zeit das Land zu gestalten, sagte Grünen-Kollege Lasse Petersdotter.

SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller bescheinigte Günther Politikversagen und Wohlfühlpopulismus. «Es ist eigentlich nur Stillstand», sagte er. Die Regierung habe schwach angefangen und dann stark nachgelassen. «Das Wichtigste ist offensichtlich Machterhalt.»

Günther ducke sich weg und stelle sich nicht den großen Problemen, um keine Kratzer abzubekommen. Er habe in diesem Kalenderjahr zweimal im Landtag gesprochen - so oft, wie er bei der Kieler Woche öffentlich gesungen habe. Statt Politik zu gestalten, rede er so wenig wie möglich über sie, greife zu Inszenierungen und Wohlfühlpopulismus. «Ich gucke auf die nächsten vier Jahre mit großer Sorge», sagte Losse-Müller. Nach seiner Einschätzung werden die Menschen merken, dass ihr Vertrauen in Günther nicht gerechtfertigt sei. Losse-Müller listete auf: Das Land verfehle seine Ziele beim CO2-Ausstoß, 11.000 Menschen hätten keinen festen Wohnsitz und über 2500 Planstellen seien unbesetzt. Zudem fehlten 18.000 Kitaplätze.

Die Menschen hätten Besseres verdient als diese «schwache Regierung», sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Günther müsse jetzt endlich Führung zeigen und deutlich machen, wohin sein Wunschbündnis das Land führen wird. CDU und Grüne schafften es in der Regel nur, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen. Ihnen fehle es an einer gemeinsamen Vision für das Land. «Diese Koalition wird nur noch vom gemeinsamen Willen zur Macht zusammengehalten.»

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