Landtag

Konsequenzen aus tödlicher Brokstedt-Attacke gefordert

Konsequenzen aus tödlicher Brokstedt-Attacke gefordert

Konsequenzen aus tödlicher Brokstedt-Attacke gefordert

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Christopher Vogt (FDP), Fraktionschef, spricht im Landtag von Schleswig-Holstein. Foto: Frank Molter/dpa/Archivbild

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Lehren aus Brokstedt und umstrittene Äußerungen einer Bundesministerin - über Konsequenzen aus der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug diskutiert der schleswig-holsteinische Landtag. Aber um Atomkraft und Schulen geht es auch.

Der tödliche Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt rückt an diesem Mittwoch erneut in den Blickpunkt des Landtags in Kiel. Auf FDP-Initiative diskutiert das Parlament in einer Aktuellen Stunde über das Thema, das Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung seit einem Monat bewegt. Die Liberalen präsentierten am Dienstag konkrete Forderungen für konsequente Abschiebungen.

FDP-Innenexperte Bernd Buchholz schlug vor, nach Hamburger Vorbild eine Gemeinsame Ermittlungs- und Rückführungsgruppe für ausländische Straftäter zu bilden. In der Hansestadt arbeiteten acht Leute aus Ausländerbehörde und Landeskriminalamt zusammen. «Warum haben wir das nicht in Schleswig-Holstein?» So ein Team wäre zudem ein Ansprechpartner für die Gruppe in Hamburg.

Für die CDU reagierten Fraktionschef Tobias Koch und Innenpolitikerin Birte Glißmann zurückhaltend, da die Strukturen in Stadtstaat und Flächenland unterschiedlich seien. Wichtig sei, dass der Zugriff auf alle wichtigen Daten funktioniere, sagte Koch.

Der Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar im Regionalzug von Kiel nach Hamburg Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei junge Menschen getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt.

Als Anlass für die Aktuelle Stunde nannte die FDP Äußerungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Diese hatte unter anderem zum mutmaßlichen Täter gesagt: «Wir haben versucht, an ihn ranzukommen, und hätten wir gewusst, dass er in U-Haft sitzt, hätten wir ihn anhören und dann abschieben können».

Buchholz nannte dies «Gefasel». Auf Grundlage geltenden Rechts sei Ibrahim A. weder ausreisepflichtig noch zu Unrecht auf freiem Fuß gewesen. Er wäre auch nicht abgeschoben worden, hätte man seinen sogenannten subsidiären Schutz aufgehoben. «Es hat bisher keine Abschiebungen in den Gaza-Streifen gegeben, weil Israel und Jordanien die Annahme solcher Menschen und die Durchführung durch ihr Land verhindern», sagte Buchholz.

CDU-Fraktionschef Koch wertete Faeser-Äußerungen zu Brokstedt als irritierend, befremdlich und unverantwortlich. Grünen-Kollege Lasse Petersdotter monierte ebenfalls: «Das finde ich echt zu einfach für so ein komplexes Thema». In jedem Fall hätte es lange Rechtsverfahren gegeben. Zudem wäre eine Abschiebung in palästinensische Gebiete oder nach Israel enorm schwierig und aufwendig. Es seien Fehler gemacht worden. Aber selbst ohne sie hätte man die Tat nicht verhindert. Petersdotter forderte ein besseres Übergangsmanagement für Haftentlassene. Diese dürften nicht in Perspektiv- und Obdachlosigkeit geschickt werden. Dies sei ein Sicherheitsrisiko.

SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller wollte sich zu Faeser nicht äußern. Im Fall Brokstedt seien auf allen Seiten eine Menge Kommunikationsfehler passiert. «Die müssen aufgearbeitet werden.» Aber eine Abschiebung von Ibrahim A. wäre praktisch sehr schwer gewesen.

Bei Rückführungen müsse man sich besonders auf jene konzentrieren, die mit dem Strafrecht in Berührung gekommen sind, sagte FDP-Mann Buchholz. Er frage sich, ob Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wirklich mit seiner schwarz-grünen Koalition bereit sei, tätig zu werden, um die Regularien zu verschärfen, auch über eine Gesetzesinitiative im Bundesrat. «Wir müssen auf jeden Fall deutlich schneller bei Abschiebungen werden», meinte CDU-Fraktionschef Koch.

Kommunikation zwischen Behörden müsse klarer strukturiert, schneller und verlässlicher dokumentiert werden, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Das Land sei auf Zuwanderung angewiesen. «Aber es wird höchste Zeit, dass wir Zuwanderung, dass wir Gewährung von politischem Asyl und dass wir Schutz vor Krieg klarer voneinander trennen.» Wer keine Bleibeperspektive hat und kriminell wurde, müsse das Land verlassen.

Der Landtag diskutiert auch über die Sicherheit in Bus und Bahn, die Laufzeit von Atomkraftwerken und eine Experimentierklausel, die Schulen innovative Gestaltungsräume ermöglichen soll.

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