Senat

Linke kritisiert NS-Verbindung beim Matthiae-Mahl

Linke kritisiert NS-Verbindung beim Matthiae-Mahl

Linke kritisiert NS-Verbindung beim Matthiae-Mahl

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
Zuletzt aktualisiert um:
Kellnerinnen und Kellner servieren beim traditionellen Matthiae-Mahl des Hamburger Senats im Großen Festsaal im Rathaus. Foto: Marcus Brandt/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Das Matthiae-Mahl ist nach Angaben des Hamburger Senats das weltweit älteste noch gefeierte Festmahl. 200 Jahre lang war es unterbrochen. Die Wiederbelegung der Tradition in der Nachkriegszeit hat einen dunklen Fleck, meint die Linke in der...

Die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft kritisieren den Umgang des Senats mit der historischen Verbindung des Matthiae-Mahls zum NS-belasteten früheren Handelskammer-Präses Albert Schäfer. Die Tradition der Stadt, das Festmahl seit dem 14. Jahrhundert jeweils Ende Februar mit «Vertretern der Hamburg wohlgesonnenen Mächte» zu veranstalten, war nach 1724 für mehr als 200 Jahre unterbrochen und erst 1956 zu Ehren des 75. Geburtstages von Schäfer wiedereingeführt worden. Das hatte der Senat auf eine schriftliche Kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten David Stoop mitgeteilt.

Auf eine weitere Anfrage dazu, wie der Senat die Tatsache bewerte, dass das Fest zu Ehren eines Profiteurs der von den Nazis betriebenen sogenannten Arisierung wieder ins Leben gerufen wurde, hieß es: «Hiermit hat sich der Senat nicht befasst.» Der 75. Geburtstag Schäfers habe lediglich als Anlass zur Wiedereinführung des Matthiae-Mahls gedient. «Darüber hinaus gibt es keine Bezugnahme der Matthiae-Mahlzeit auf Albert Schäfer.»

Der Senat verweigere eine kritische Aufarbeitung der Geschichte dieses Festmahls, sagte Stoop der Deutschen Presse-Agentur. «So macht man sich die Sache dann arg einfach: Es soll lieber nicht darüber gesprochen werden, zu wessen Ehren das Matthiae-Mahl nach dem Krieg wiederbelebt wurde.»

Im März hatte eine von der Kulturbehörde eingesetzte Expertenkommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen die Umbenennung von elf Straßen und Plätzen empfohlen - darunter auch die des Albert-Schäfer-Wegs in Eißendorf.

«Schäfer war als Vorstandsvorsitzender verantwortlich für den Zwangsarbeitereinsatz bei den Phoenix-Werken. Mit den Zweigwerken in Riga und Prag, in denen jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, beteiligte sich das Unternehmen aktiv an der nationalsozialistischen Ausbeutungspolitik in den besetzen Gebieten in Osteuropa», heißt es in dem Abschlussbericht der Kommission. Zudem habe Schäfer die «Arisierung» der gemeinsam mit einem jüdischen Geschäftspartner gegründeten Firma betrieben und erst nach 1945 Wiedergutmachung geleistet, als der ehemalige Compagnon diese erstritt.

Seit 1956 wird das Matthiae-Mahl wieder jährlich im Rathaus veranstaltet - unterbrochen bisher nur in der Corona-Pandemie. Es ist nach Angaben des Senats das weltweit älteste noch gefeierte Festmahl. Eingeladen werden immer ein ausländischer und ein deutscher Ehrengast. Die langen Tischreihen im Großen Festsaal werden mit Vasen und Schalen aus dem Silberschatz des Rathauses dekoriert, zum Essen erklingt Musik. Die Kosten für das Mahl übernimmt die Stadt - mehr als 224.000 Euro waren es laut Senat in diesem Jahr.

Angesichts von Inflation und hoher Obdachlosigkeit in der Stadt halte die Linke das Festmahl insgesamt für unangemessen, sagte Stoop. «Wenn die Reichen dieser Stadt sich im Rathaus verköstigen lassen wollen, sollen sie gefälligst selbst dafür zahlen.»

Mehr lesen