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Neue Bestattungsform «Reerdigung» künftig auch in Kiel

Neue Bestattungsform «Reerdigung» künftig auch in Kiel

Neue Bestattungsform «Reerdigung» künftig auch in Kiel

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Heu, Stroh, Blumen und eine Holzfigur liegen in einem sogenannten „Kokon“ bei einem Pressegespräch zu der neuen Bestattungsform "Reerdigung". Foto: Christian Charisius/dpa

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Neben Feuer und Erde: Mit der «Reerdigung» gibt es in Schleswig-Holstein eine dritte Bestattungsform. Noch ist sie aber nur innerhalb eines Pilotprojekts in Mölln und Kiel möglich. Die Nachfrage ist laut Anbieter vorhanden.

Neben Feuer- und Erdbestattungen ist nach Mölln nun auch in Kiel die neue Bestattungsform «Reerdigung» möglich. Bis Ende des Jahres bietet «Meine Erde» an beiden Orten während eines Pilotprojekts die nachhaltige Bestattungsform an. Die schwarz-grüne Landesregierung arbeitet bereits an einer Reform des Bestattungsrechts, derzeit läuft nach Angaben der Staatskanzlei ein Anhörungsverfahren.

«Der Gedanke, nach 40 Tagen bereits Erde zu sein, ist für viele Menschen schön», sagte Pablo Metz, der Mitbegründer des Berliner Anbieters, am Montag in Kiel. Begleitende Untersuchungen des Instituts für Rechtsmedizin der Uni Leipzig würden bestätigen, dass der Prozess nach 40 Tagen vollständig abgeschlossen sei. DNA sei dann nicht mehr zu finden und Knochen seien in einem Zustand wie nach etwa 20 Jahren in der Erde. Auch nach einer Chemo-Therapie kurz vor dem Tod könnten Menschen «reerdigt» werden. Dies gehe allerdings nicht nach einer Erkrankung an Ebola oder Creutzfeldt-Jakob.

Bei der nachhaltigen Bestattungsform werden Tote auf ein pflanzliches Substrat aus Heu, Stroh und Schnittgut in einem abgeschlossenen Kokon gebettet. Nach zehn Tagen wird der Kokon automatisch sanft gewogen, damit sich das Wasser gleichmäßig verteilt. Drinnen entstehen dabei laut Anbieter Temperaturen von etwa 70 Grad. Lediglich für den Wiegemachanismus wird Strom benötigt.

Nach 40 Tagen sollen die Körper durch natürliche Mikroorganismen in Humus transformiert sein. Die Erde des Toten kann dann in einem Tuch aus Naturfasern in einem Grab auf dem Friedhof beigesetzt werden. Allerdings müssen die Gräber dafür nicht so tief wie bei Erdbestattungen ausgehoben werden.

Seit 2022 wurden auf diese Weise im Norden bereits zehn Menschen «reerdigt». Auf dem Kieler Parkfriedhof Eichhof soll in der kommenden Woche die erste «Reerdigung» in der Landeshauptstadt erfolgen. «Der Tod und das Sterben haben ganz viel mit Emotionalität zu tun», sagte die Pröpstin des Kirchenkreises Altholstein, Almut Witt. Derzeit würden sich Menschen in etwa 80 Prozent der Fälle für Feuerbestattungen entscheiden. «Erde zu Erde, sagen wir seit Jahrtausenden. Bei der Reerdigung wird dies sehr deutlich - und nicht erst nach Jahrzehnten, sondern in überschaubarer Zeit.»

Nach Angaben des Anbieters wird dem Kokon nur Luft zugeführt. «Aus 80 Kilogramm Mensch werden etwa 110 Kilogramm Erde», sagte Metz. Diese wird anschließend wie bei einer Erdbestattung beigesetzt. Die Kosten nur für die Bestattungsform betragen 2900 Euro. Möglich ist sie derzeit nur in Schleswig-Holstein, aber die Erde der Toten darf anschließend auch in Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern beigesetzt werden.

«Wir sind mit fast allen Bundesländern im Moment in Gesprächen», sagte Metz. Nachfrage nach «Reerdigungen» sei vorhanden. «Die Reerdigung ist eine Bestattungsform, die auf natürlichen Prozessen der Natur beruht.» Der Leichnam werde nur mit einem Leichentuch bekleidet. Angehörige könnten die Toten beim Abschied mit Substrat bedecken. «Die Menschen entscheiden sich aber nicht für eine Reerdigung, weil es eine nachhaltige Bestattungsform ist.» Sie fänden diese Form des Abschieds schön.

«40 Tage sind ein biblischer Zeitraum von Veränderung und Neubeginn», sagte Pröpstin Witt. Zugleich könnten Angehörige in dem Zeitraum seelsorgerisch begleitet werden. Manchen Menschen erscheine Feuer unheilig. Andere Menschen seien von Erdbestattungen abgeschreckt. Der Kirchenkreis hat einige der Räume in der Kapelle des Parkfriedhofs an den Berliner Anbieter vermietet.

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