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Pflegebedürftige Mutter getötet: Sohn muss in Psychiatrie

Pflegebedürftige Mutter getötet: Sohn muss in Psychiatrie

Pflegebedürftige Mutter getötet: Sohn muss in Psychiatrie

dpa
Itzehoe (dpa/lno) -
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Ein Richterhammer auf einer Richterbank. Foto: Uli Deck/dpa/Symbolbild

Die Mutter ist pflegebedürftig, der Sohn überfordert, beide sind an Schizophrenie erkrankt. Es kommt zur Katastrophe, die Frau stirbt gewaltsam. Das Landgericht Itzehoe hat keine Zweifel an der Schuld.

Das Landgericht Itzehoe hat einen Mann des Totschlags an seiner Mutter schuldig gesprochen. Die Geschichte dahinter ist dramatisch. Die Schwurgerichtskammer ist überzeugt, dass der Angeklagte die 71-Jährige im Mai 2020 erstickte und verurteilt ihm am Montag zu sechs Jahren Gefängnis. Zuvor muss der an Schizophrenie erkrankte Mann jedoch in eine psychiatrische Klinik. (Az.: 5 Ks 315 Js 1411/20)

Ende 2017 zog der heute 41 Jahre alte Mann in die kleine Wohnung seiner Mutter in Pinneberg, um sie zu pflegen. Es gab Probleme: Sie sprach kein deutsch und er nicht die Muttersprache der Frau, beide konnten kaum miteinander kommunizieren. Nicht nur er ist psychisch krank, auch die Mutter leidet unter Schizophrenie. Zeugen berichteten von wiederkehrenden Konflikten. Ein Betreuer wurde eingesetzt, ein Pflegedienst half und es gab Gerichtsentscheidungen.

Im Mai vergangenen Jahres kam es zum Gewaltausbruch. Entweder mit dem Unterarm oder mit einem Hilfsmittel wie einem Handtuch oder einem Kissen würgte oder erstickte der Angeklagte seine Mutter minutenlang bis zu ihrem Tod, ist die Kammer überzeugt. Anschließend bekleidete er die 71-Jährige ordentlich und legte sie im Bett auf den Rücken und faltete ihre Hände. Weder der exakte Tatzeitpunkt noch die genaue Ausführung konnten aufgeklärt werden können. Aber: «Der Angeklagte ist durch die Beweisaufnahme überführt», sagte der Vorsitzende Richter.

Andere - vom Verteidiger ins Spiel gebrachte - Versionen eines unbekannten Täters könnten ausgeschlossen werden. Direkt nach der Tat hatte der Mann der Polizei gesagt: «Ich habe sie ermordet.» Später habe er den Beamten gesagt: «Ich kann erzählen, wie ich meine Mutter ermordet habe.» In der Verhandlung stritt der Mann die Tat aber ab und beharrte darauf, solche Sätze nie gesagt zu haben. Auch die Möglichkeit, dass es sich um Tötung auf Verlangen handeln könnte, sei auszuschließen. Der Verteidiger hatte in seinem Plädoyer kritisiert, dass ein völlig überforderter Mensch mit seinem Problemen alleine gelassen wurde. Die Anklage gegen seinen Mandanten sei gleichzeitig auch eine Anklage gegen das Pflegesystem.

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Freiheitsstrafe und Unterbringung in der Psychiatrie gefordert, der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Nach Überzeugung des Gerichts ist die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten trotz der krankhaften seelischen Störung nicht beeinträchtigt. Es bestehe aber eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit. Der 41-Jährige sei für die Allgemeinheit gefährlich. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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