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Schwarz-Grün macht Haushaltsnotlage im Norden aus

Schwarz-Grün macht Haushaltsnotlage im Norden aus

Schwarz-Grün macht Haushaltsnotlage im Norden aus

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Monika Heinold spricht im Landtag. Foto: Georg Wendt/dpa

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Gibt es in Schleswig-Holstein eine Haushaltsnotlage? Das wollen CDU und Grüne den Landtag feststellen lassen. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts wähnen CDU und Grüne Schleswig-Holstein in einer Haushaltsnotlage. Die Koalition will eine solche Ausnahmesituation in der Landtagssitzung kommende Woche feststellen lassen, wie die Fraktionschefs Tobias Koch (CDU) und Lasse Petersdotter (Grüne) am Donnerstag ankündigten. «Die Folgen der Krisen der vergangenen Jahre bestehen auch in diesem Jahr fort und wirken sich auch im Jahr 2023 auf die Haushaltslage des Landes aus.»

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sprach von konsequentem Handeln, «da das Land auch 2023 zur Bewältigung der multiplen Krisen Notkredite benötigt». Dafür sei nach dem Urteil ein erneuter Landtagsbeschluss notwendig. Auf Grundlage der Entscheidung in Karlsruhe werde die Landesregierung über mögliche weitere Konsequenzen beraten.

Sondervermögen sind im Norden seit Jahren gängige Praxis wie beispielsweise das Programm Impuls zum Bau von Straßen. Im Zuge der Corona-Pandemie bewilligte der Landtag 2020 einen Corona-Notkredit über bis zu 5,5 Milliarden Euro, reduzierte diesen aber später. Zudem beschloss das Parlament einen Ukraine-Notkredit über 1,4 Milliarden Euro.

Der Bund der Steuerzahler kritisierte den Kurs scharf. «Mit den Schuldentricksereien durch fingierte Haushalts-Notlagen, über die Kredite in Rücklagen für Zukunftsinvestitionen umgeleitet werden, muss auch in Schleswig-Holstein endgültig Schluss sein», sagte Verbandspräsident Aloys Altmann. Mit Ausnahme der Ostsee-Sturmflut im Oktober habe es 2023 keine außergewöhnliche Notlage gegeben, die sich der Kontrolle des Staates entziehe. «Bei der geplanten Ansiedlung einer Batteriezellenfabrik handelt es sich keinesfalls um eine Notlage, und langfristige Investitionen in den Klimaschutz tragen auch nicht unmittelbar zur Bewältigung der Corona-Pandemie oder der Folgen des Ukraine-Krieges bei.»

Unterstützung für den Kurs der Koalition signalisierte Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD). «Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts den großen Spielraum des Gesetzgebers bei der Definition von Notlagen gestärkt hat.» Das Land befinde sich in multiplen Krisen. «Die Finanzierung von Klimaschutz, Zukunftsinvestitionen in Wirtschaft und Arbeitsplätze und die Sicherung unserer Küsten muss innerhalb der Schuldenbremse möglich sein. Wenn das anders wäre, muss sie reformiert oder abgeschafft werden.» Die SPD sei für sozial gerechte Steuererhöhungen. «Solange die nicht kommen, ist eine Kreditaufnahme die zweitbeste Lösung.»

Kritisch äußerte sich FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. «Wir sind sehr gespannt, wie die Koalition die Notlage begründen wird.» Er sehe das Vorgehen weiter kritisch. «Im Zusammenhang mit der Sturmflut, die sich als Naturkatastrophe tatsächlich der Kontrolle des Staates entzieht, sind wir gesprächsbereit.» Aus den anderen Notkrediten finanziere die Koalition hingegen Ausgaben, die mit Corona oder dem Ukraine-Krieg nichts zu tun hätten, wie das Beispiel Northvolt zeige. Die Landesförderung über bis zu 137 Millionen Euro will Schwarz-Grün aus Mitteln des Ukraine-Notkredits finanzieren.

SSW-Fraktionschef Lars Harms verwies darauf, dass der Corona- und der Ukraine-Notkredit immer wieder neu begründet werden müssten. Er sei gespannt auf die Begründung der Koalition. «Allerdings dürfte klar sein: Die Northvolt-Finanzierung gehört gewiss nicht dazu.»

Die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Gaby Schäfer, hatte der Deutschen Presse-Agentur nach dem Urteil gesagt: «Notkredite dürfen danach nicht auf Vorrat aufgenommen werden und über mehrere Jahre in Rücklagen und Sondervermögen geparkt werden.»

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Mittwoch eine Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt von 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Der Bund darf zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachtes Geld damit nicht für den Klimaschutz nutzen. Das könnte sich stark auf den sogenannten Klima- und Transformationsfonds auswirken, aus dem die Bundesregierung zahlreiche Förderprogramme - unter anderem für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen - bezahlen wollte.

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