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Unbekannter Toter vor Helgoland 1994: Polizei sucht Hinweise

Unbekannter Toter vor Helgoland 1994: Polizei sucht Hinweise

Unbekannter Toter vor Helgoland 1994: Polizei sucht Hinweise

dpa
Wilhelmshaven
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28 Jahre liegt der rätselhafte Fund eines Toten in der Nordsee zurück. Er wurde ermordet, doch nie hat ihn jemand vermisst. Die Polizei unternimmt einen neuen Anlauf, ihm einen Namen zu geben.

Der unbekannte Mann war sehr groß, trug eine Business- oder Collegekrawatte und teure Slipper. Doch seit der deutsche Grenzschutz den Toten 1994 aus der Nordsee westlich von Helgoland fischte, ist sein Schicksal ungeklärt. Der Leichnam wies Verletzungen an Kopf und Oberkörper auf und war mit Gewichten beschwert. Das lässt vermuten, dass der Mann getötet wurde. 28 Jahre später versucht die deutsche Polizei gemeinsam mit ausländischen Behörden und Universitäten, diesen sogenannten Cold Case zu lösen.

Die Polizei in Wilhelmshaven und die Staatsanwaltschaft Oldenburg veröffentlichten am Dienstag eine Rekonstruktion des Gesichts sowie Fotos der Krawatte und der Schuhe. Sie baten die Öffentlichkeit um Mithilfe.

«Wenn wir die Identität des Opfers klären, kommen wir dem Täter ein gutes Stück näher», sagte der Wilhelmshavener Ermittler Joachim Köhler der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Irgendwo wird dieser Mann seit Jahren vermisst, das muss sich doch herausfinden lassen.» Doch der unbekannte Tote passt seit fast drei Jahrzehnten zu keinem gemeldeten Vermisstenfall.

«Ob der Leichnam vor Helgoland von einem Schiff geworfen wurde oder ob dieser aus Richtung Großbritannien nach Helgoland getrieben ist, ist unbekannt», schrieben die Ermittler. Gefunden wurde der Tote am 11. Juli 1994. Den Angaben zufolge war er auffällige 1,97 Meter groß, zwischen 45 und 50 Jahre alt und stammte «vermutlich aus dem englischsprachigen Sprachraum». Im Dezember wurde das Grab des Mannes in Wilhelmshaven noch einmal geöffnet, um neue Erkenntnisse vor allem für die Rekonstruktion seines Gesichts zu gewinnen.

Hinter der öffentlichen Suche steht eine neue internationale Zusammenarbeit. Die Polizeiakademie Niedersachsen lehrt ihre Studenten die Ermittlungen in Cold Cases. Seit Dezember 2020 sind solche Polizeischulen über das polizeiliche Expertennetzwerk für Vermisstenfälle (PEN MP) vernetzt. Auch Universitäten bis nach Australien wirken mit neuen rechtsmedizinischen Erkenntnissen mit.

In dieser Kooperation sucht auch die britische Organisation Locate International nach dem Toten aus der Nordsee. Der Mann müsse 1993 oder Anfang 1994 verschwunden sein, schrieben deren Experten. Und sie liefern für Zeugen Erinnerungshilfen an jene Zeit: 1993 trat der Maastricht-Vertrag in Kraft, Ace of Base hatten den Hit «All That She Wants». 1994 wurde Nelson Mandela erster schwarzer Präsident von Südafrika, Wet Wet Wet waren mit «Love Is All Around» in den Charts.

Die Nichtregierungsorganisation appellierte an mögliche Mitwisser: Vielleicht habe es damals Gründe gegeben zu schweigen, doch sie könnten in 28 Jahren entfallen sein. «Loyalitäten ändern sich.» Vielleicht wolle jemand auch sein Gewissen erleichtern nach der langen Zeit. Bei der Polizei Wilhelmshaven gingen bis Dienstagmittag noch keine Hinweise ein, wie eine Sprecherin sagte.

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