Bildung

Zugezogene in Sonderburg: Warum viele Deutsche ihre Kinder nicht in die Schule schicken

Zugezogene: Warum viele Deutsche ihre Kinder nicht in die Schule schicken

Warum viele Deutsche ihre Kinder zuhause unterrichten

Sonderburg/Sønderborg
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Die Kommune Sonderburg hört viele Gründe für das Homeschooling. Einer ist, dass Eltern mehr Nähe zu ihren Kindern wünschen. Foto: Maskot/Ritzau Scanpix

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Keine Schulpflicht: Ziehen Familien aus Deutschland nach Dänemark, weil es in Dänemark keine Schulpflicht gibt? Einige schon, meint Sonderburgs Schulkonsulent Marius Havemann. In der Kommune steigen die Zahlen der Familien, die ihre Kinder im Homeschooling unterrichten, rasant an.

In der Kommune Sonderburg sind aktuell 72 Kinder und Jugendliche für das Homeschooling registriert. Bei 9 von ihnen handelt es sich um Kinder, die im Sommer eingeschult werden. 

Diese Zahl hat die Kommune aus zwei Gründen genau im Blick. Zum einen, weil sie erst in den vergangenen paar Jahren so stark angestiegen ist. Zum anderen, weil es sich bei der Mehrheit der Anmeldungen um Kinder aus deutschen Familien handelt, die in die Kommune gezogen sind. 

„40 der 72 im Heimunterricht gemeldeten Kinder kommen aus deutschen Familien“, teilt Marius Havemann Kissov Linnet mit. Er ist Schulkonsulent der Kommune Sonderburg und geht davon aus, dass sich der Trend zum Heimunterricht weiter fortsetzen wird.

Dass die Zahl der Kinder im Homeschooling steigt, ist ein landesweiter Trend. Jedoch zeichnet sich dieser in der Kommune Sonderburg besonders stark ab. So richtig an Fahrt aufgenommen hat er mit der seit Corona anhaltenden Zuzugs-Welle aus Deutschland.

Denn deutsche Familien, die nach Dänemark ziehen, scheinen der Idee des Heimunterrichts besonders viel abzugewinnen. Zumindest legen die Zahlen und Havemanns Erfahrungen das nahe. 

Warum Homeschooling?

Die Mitarbeitenden der Kommune hören verschiedene Gründe, die die Familien dazu bewegen, sich für diese Form des Unterrichts zu entscheiden. „Viele der Familien entscheiden sich aus ideologischen Gründen und dem Wunsch nach mehr Nähe zu ihren Kindern für den Heimunterricht“, so Havemann. „Aber auch der Wunsch, die Entwicklung und das Lernen mehr nach den Wünschen der Kinder auszurichten, spielt eine Rolle.“ 

Einige Familien hätten im deutschen Schulsystem schlechte Erfahrungen gemacht, weshalb sie diesem den Rücken kehren. Es komme vor, dass die Tatsache, dass es in Dänemark keine Schulpflicht gibt, auch eine Rolle bei der Entscheidung für einen Umzug über die Grenze spiele. 

Ohne konkret zu werden, teilt Havemann außerdem mit, dass einige der Schülerinnen und Schüler aufgrund persönlicher Umstände besondere Herausforderungen hätten, und die Familien hätten das Gefühl, dass die Schulen diesen Bedürfnissen nicht gerecht werden können. 

In erster Linie konzentrieren wir uns auf das Wohlbefinden der Kinder und ihre Möglichkeiten, in Kontakt mit anderen Kindern zu kommen.

Marius Havemann Kissov Linnet

Also entscheide man sich vorerst für den Heimunterricht, bis die Kinder wieder bereit für die Schule seien. 

Zu viele Familien für Hausbesuche

In den vergangenen Jahren habe die Kommune Hausbesuche bei den Familien mit Kindern im Heimunterricht gemacht. „Wir untersuchen derzeit, wie Kontrollen in Zukunft ablaufen können, da die Zahl der Familien rapide ansteigt“, so Havemann. 

Die steigenden Zahlen haben zur Folge, dass es aktuell seitens der Kommune keine Hausbesuche gibt.

Wie geht die Kommune damit um?

Die Kommune handhabe es so, dass sie Gespräche mit den Familien führt, in denen unter anderem Lehrpläne und Unterrichtsmethoden besprochen werden. Das sei aber nur zweitrangig: „In erster Linie konzentrieren wir uns auf das Wohlbefinden der Kinder und ihre Möglichkeiten, in Kontakt mit anderen Kindern zu kommen.“

Weil so viele deutsche Familien unter den Heimunterrichts-Anmeldungen sind, habe sich auch der Fokus der Mitarbeitenden der Kommune verschoben. Es werde zunehmend darauf geschaut, wie den Familien beim Erwerb der dänischen Sprache geholfen werden kann. 

Feedback vom Ministerium angefragt

Außerdem liege ein besonderes Augenmerk darauf, die Familien über das dänische Schulsystem aufzuklären. Denn die Kommune stelle nach Havemanns Worten immer wieder fest, dass viele Familien gar nicht genau wissen, wie das dänische Schulsystem eigentlich funktioniert, und welche Möglichkeiten es im Vergleich zum deutschen System bietet.

Vor Kurzem hat die Kommune ein Treffen mit dem Unterrichtsministerium beantragt, um das Prozedere in Sonderburg und das Vorgehen der Kommune mit allen seinen Herausforderungen zu besprechen. 

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