Gold-Prämie für Leichtathleten

Geld für Gold: Debatte um Prämien-Novum bei Olympia

Geld für Gold: Debatte um Prämien-Novum bei Olympia

Geld für Gold: Debatte um Prämien-Novum bei Olympia

dpa
Paris/München
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Weitspringerin Malaika Mihambo durfte in Tokio über Gold jubeln. Foto: Michael Kappeler/dpa

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Der Leichtathletik-Weltverband zahlt seinen Olympiasiegern in Paris eine stattliche Geldprämie aus. Das gab es unter den fünf Ringen noch nie - das IOC übt Kritik. Doch was steckt hinter dem Novum?

Was ist ein Olympiasieg wert? Ewiger Ruhm und Ehre, antworten Sport-Romantiker. Aufmerksamkeit, Klicks und Follower, sagen Berater heutzutage. Ganz viel Genugtuung und Erleichterung nach jahrelangen Strapazen, berichten Sportler oft.

Der Leichtathletik-Weltverband legt nun in Paris auf jede Goldmedaille noch 50.000 US-Dollar, also rund 46.000 Euro, obendrauf. Erstmals in der Geschichte der Spiele verteilt ein Fachverband an seine Olympiasieger auch Geldprämien. Athletinnen und Athleten sind begeistert - andere Verbände und das Internationale Olympische Komitee (IOC) üben Kritik.

In der Sportwelt ist seit der Ankündigung der Prämien im April eine heftige Debatte im Gang. Manche Beobachter sehen eine neue Zeitrechnung Olympischer Spiele, die in der Antike ein großes Fest des Friedens und später in der Neuzeit lange den Amateursportlern vorbehalten waren. Athletinnen und Athleten versuchen seit Jahren, ihre Interessen gegenüber jenen von Funktionären, Verbänden und staatlichen Institutionen in den Fokus zu stellen. Johannes Herber von der Vereinigung Athleten Deutschland hofft auf einen «Weckruf für das IOC».

«Kluges politisches Signal»

Doch steckt hinter dem Novum von World Athletic (WA) tatsächlich die Fürsorge für die Aktiven? Nein, meint der deutsche Sportökonom Christoph Breuer. Er wertet die Prämien im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur weniger als sportlichen Lohn, sondern eher als «interessantes und kluges politisches Signal, sowohl für die Leichtathletik, als auch für den Weltverband und Präsident Sebastian Coe persönlich».

Es seien gleich drei Ziele, die WA verfolge, schildert der Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln. Zum einen gehe es darum, Athleten nicht an externe, finanzkräftige Events und Veranstalter zu verlieren - so wie es jüngst etwa im Golfsport passierte. Schon jetzt lockten große Stadt-Marathons die besten Läufer mit hohen Gagen und Prämien.

Außerdem würde die Stellung der Sportart innerhalb Olympias gestärkt, indem man noch attraktiver für Sportler werde und so auch Athletenvertreter - die bei IOC-Entscheidungen Einfluss haben - für sich gewinnt. «Die Leichtathletik ist zwar seit jeher eine olympische Kernsportart, aber das ist nicht auf Dauer zementiert», warnte Breuer. Nun aber seien die Leichtathleten in einer guten Verhandlungsposition.

«Und drittens bringt sich Coe selbst in Position, wenn es darum geht, den nächsten IOC-Präsidenten zu wählen», sagt Breuer. Dem ehemaligen Mittelstreckenläufer und zweimaligen Olympiasieger Coe (67) wird nachgesagt, dass er IOC-Präsident Thomas Bach (70) beerben will. «Er holt sich mit so einer populären Maßnahme Rückenwind von den Athleten. Und obwohl er noch gar nicht IOC-Präsident ist, kann er zeigen, dass er imstande ist, die Olympischen Spiele zu modernisieren und die Athleten noch mehr ins Zentrum zu rücken.»

Kritik von IOC und anderen Fachverbänden

Bei der Ringe-Organisation weiß man freilich um den sportpolitischen Winkelzug des Leichtathletik-Bosses. Die IOC-Exekutive um Präsident Bach unterstrich im Juni, dass es nicht die Aufgabe von Weltverbänden sei, Sportler bei Olympia finanziell zu prämieren. Das IOC verteile einen Teil seiner Milliarden-Einnahmen an die Mitgliedsländer und die Verbände, damit diese Sportler - weitgehend unabhängig von deren Abschneiden bei den Spielen - unterstützten. Die Vereinigung der Verbände von olympischen Sommersportarten (Asoif) bemängelte, dass andere Fachverbände sich derartige Prämien gar nicht leisten könnten.

Der Leichtathletik-Weltverband vergibt erstmals direkte Gold-Prämien - Olympiasieger haben aber auch bislang schon finanziell von ihren Erfolgen profitiert. Sportökonom Breuer erinnert, dass schon seit jeher «eine Goldmedaille einen Fahrstuhl in die ökonomisch höhere Etage darstellt». Den Gewinnern winken etwa lukrative Werbe- und Sponsoringverträge.

20.000 Euro von Sporthilfe - warum nicht eine Million?

Und auch Boni für Gold wurden schon seit jeher zuhauf bezahlt, nur halt eben nicht von einem Fachverband oder gar dem IOC. In Deutschland belohnt die Deutsche Sporthilfe einen Olympiasieg mit 20.000 Euro, in anderen Ländern winken Sportlern neben noch viel höheren Geldbeträgen auch andere Prämien wie Immobilien oder Aufstockungen bei der Rente. Der frühere Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz hat immer wieder gefordert, dass Olympiasieger Millionenprämien kassieren sollten, auch als Motivation.

Deutschlands Top-Weitspringerin Malaika Mihambo berichtet im dpa-Gespräch, dass ein Olympiasieg «mich weder zu einem besseren Menschen noch zu einem besonderen Menschen macht». Klar, der Triumph 2021 in Tokio sei etwas ganz Besonderes gewesen, das Olympia-Gold habe sie «resilienter, achtsamer und glücklicher» werden lassen. Sie klingt dabei so, als würden 50.000 Dollar daran nicht viel ändern.

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