Kommentar zu Corona auf Sylt

Gastronomen als Sündenböcke: Landesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung

Gastronomen als Sündenböcke: Landesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung

Landesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung

SHZ
Sylt
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Foto: Elmar Gubisch via www.imago-images.de/shz.de

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Die aktuellen Corona-Hotspots in Schleswig-Holstein, auch der auf Sylt, sind das Verschulden der Landesregierung. Die Weihnachts-Partys, mit denen das Unheil seinen Lauf nahm, hätten nie erlaubt werden dürfen.

Die Lage nach den weihnachtlichen Corona-Partys ist ernst auf Sylt. Explodierende Corona-Zahlen und eine Inzidenz wie aus einem bösen Traum haben die Menschen auf der Insel verunsichert und in Angst versetzt. Dabei hätte es soweit nie kommen müssen – oder besser gesagt dürfen.

Verheerende Corona-Partys an Weihnachten

Es ist einzig und allein das Verschulden der Landesregierung in Kiel, dass besagte Partys über die Festtage nicht unterbunden wurden und im Nachhinein zu Superspreader-Ereignissen wurden. Dass es anders geht, zeigen die Bundesländer, in denen Partys nach dem 23. Dezember untersagt waren. Wenn sich jetzt Wirtschaftsminister Bernd Buchholz hinstellt und sagt, nur Schlaumeier hätten vor Weihnachten wissen können, dass in Diskos solche Ausbrüche passieren, ist das für viele Menschen nicht nachzuvollziehen.

Genauso unredlich wie diese Aussage ist die Tatsache, dass sich die Politik aus der Verantwortung stiehlt, anstatt eigene Fehler zuzugeben und jetzt versucht, sich durch unnütze Sofortmaßnahmen aus der Affäre zu ziehen. Derweil werden vielerorts Gastronomen zu Sündenböcken gemacht – auch auf Sylt: Wie konntet ihr es wagen, diese Partys über Weihnachten zu veranstalten und an Silvester zu feiern? Die Antwort ist einfach: Weil sie es durften.

Gastronomen als Sündenböcke

Man macht es sich zu einfach, wenn man sagt, die Gastronomen schielen nur auf Profit. Wie wir alle müssen auch die Gastronomen ihren Lebensunterhalt bestreiten. Gerade auf Sylt mit den horrenden Fixkosten, die man hat, ist das kein einfaches Unterfangen. Wenn nun also die Politik erlaubt, unter bestimmten Bedingungen eine Bar zu öffnen, sich die Gastronomen an die Spielregeln halten und es dann trotz allem zu Corona-Ausbrüchen kommt: Wer will da den Gastwirten die Schuld geben? Ausgenommen sind hier die wenigen Gastronomen, die entweder mutwillig oder fahrlässig die Einhaltung der Corona-Regeln missachtet haben. Diese tragen dann sehr wohl Verantwortung.

Einfacher und sicherer wäre es gewesen, von vornherein zu sagen: Macht die Diskos zu! Dafür gibt es dann später Corona-Hilfen. Leider ist es dazu nie gekommen. Das zu beschließen, ist aber einzig die Aufgabe der Politik, nicht der Gastwirtschaft.

Inwiefern diese Schlafmützigkeit der Verantwortlichen in Kiel politische Konsequenzen haben wird, zeigt sich spätestens am 8. Mai. Dann wählt Schleswig-Holstein den neuen Landtag.

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