Landtagswahl in SH 2022

Analyse: Daniel Günther und der Preis seines Erfolgs

Analyse: Daniel Günther und der Preis seines Erfolgs

Analyse: Daniel Günther und der Preis seines Erfolgs

SHZ
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Daniel Günther hält nach Bekanntgaben der ersten Prognosen zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein bei der Wahlparty Blumen in die Höhe. Neben ihm stehen Sabine Sütterlin-Waack (links),Innenministerin von Schleswig-Holstein, und Tobias von der Heide, stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein. Foto: Christian Charisius / SHZ

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Wie hat Daniel Günther auf das herausragende Wahlergebnis reagiert? Und wie will er jetzt weiter regieren? Eine Jamaika-Koaltion II scheint unrealistischer als vor der Wahl.

Um 18 Uhr gibt es kein Halten mehr. Laute Jubelschreie hallen durch die Lounge der Kieler Wunderino Arena, die Menschen liegen sich in den Armen. Sie waren bei der CDU optimistisch in diesen Wahltag gegangen, das ja, aber mit einem solchen Ergebnis hatte niemand gerechnet.


Über alle aktuellen Entwicklungen halten wir Sie im Liveblog zur Wahl auf dem Laufenden.

Und während der schwarze Balken bei der ersten Prognose weit über die 40 Prozent-Marke steigt, ist einigen der Anwesenden die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben – positive Fassungslosigkeit natürlich. Der Kieler Direktkandidat Tobias von der Heide etwa lacht über das ganze Gesicht und fährt sich durch die Haare wie jemand, der sich einen Moment lang berappeln muss und deshalb irgendeinem Ritual folgt.

„Ich bin sprachlos: Über 40 Prozent – damit haben wir nicht gerechnet“, sagt er – ein Dauerlächeln im Gesicht. Und dann sagt er noch einen Satz, der zum Leitmotiv dieses triumphalen Abends für die CDU wird:


Ja, das sind sie, aber die Frage, die im Moment des großen Sieges über allem steht, ist: Sehen Grüne und FDP das auch so, wenn einer von beiden möglicherweise nicht gebraucht wird? „Wir werden in den nächsten Tagen viele Gespräche führen“, sagt von der Heide, und es klingt ein bisschen so, als wisse er um die besonderen pädagogischen Fähigkeiten, die es dafür braucht.

Ein persönlicher Erfolg von Daniel Günther

Dann beginnt das Warten auf den Mann, der das alles möglich gemacht hat. Daniel Günther kommt später als angekündigt. Keiner kann, keiner will es ihm verdenken. So bleibt Zeit zum Warmfeiern, oder sich noch einmal die Wahldiagramme in aller Ruhe anzuschauen. Reinhard Sager, Landrat von Ostholstein und Präsident des Deutschen Landkreistages, wischt auf seinem Tablet zwischen den verschiedenen Nachrichtenseiten und Prognosen hin und her.


„Dieses historische Ergebnis ist ein großer persönlicher Erfolg für Daniel Günther“, sagt er dann. Und der CDU-Mann beklagt im gleichen Atemzug die geringe Wahlbeteiligung: „Das betrübt mich, und da sage ich ganz deutlich: Auch schönes Wetter ist kein Grund, vom Wahlrecht nicht Gebrauch zu machen.“


Dieser Wermutstropfen bleibt, ist aber kurz darauf vergessen. Um 18.40 Uhr kommt Daniel Günther die Treppen zur Lounge hoch und da beginnt der Jubel von Neuem. Ein Triumphzug für den alten und neuen Ministerpräsidenten, der lange braucht, um auf die Bühne zu gelangen. Günther klatscht nach rechts und links ab, schüttelt unzählige Hände, während der Ruf „Daniel Günther – Ministerpräsident“ unter rhythmischen Klatschen durch den langen Raum hallt.

Auf der Bühne genießt der große Wahlsieger erst einmal den Anblick, der sich ihm bietet.



Dabei schwingt er den Blumenstrauß, den ihm seine Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack kurz zuvor überreicht hat, wie einen Taktstock in alle Richtungen.



„Dieses Ergebnis ist ein enormer Vertrauensbeweis für die CDU und auch für mich persönlich ein hervorragendes Ergebnis, das mich wirklich berührt.“ Er könne sich gar nicht daran erinnern, wann es zuletzt so ein Ergebnis für seine Partei gegeben habe. Das wird ihm natürlich sofort von der Seite zugeflüstert: „40 Jahre ist es her, das ist schon wirklich enorm.“


Daniel Günther und der neue Regierungsstil

Und dann geht der Blick des Ministerpräsidenten in Richtung seiner Koalitionspartner von Grünen und FDP. „Dieses Ergebnis ist auch Rückenwind und Unterstützung für die Regierung. Ich glaube, dass wir hier in Schleswig-Holstein auch einen neuen Stil geprägt haben, indem wir mit sehr unterschiedlichen Partnern gut regiert haben.“

Deshalb zahle der CDU-Erfolg auch auf das Jamaika-Bündnis ein: „Ich bedanke mich auch bei den Koalitionspartnern. Und es ist für mich vollkommen klar, dass wir in den nächsten Tagen mit unseren beiden Koalitionspartnern Gespräche führen werden. Denn wenn man sich mal insgesamt das Ergebnis der Regierung anschaut, dann sieht man, dass drei Parteien zwei Drittel der Stimmen bekommen haben.“

Welche Koalition präferiert Daniel Günther?

Das, so Günther weiter, zeige auch, dass die Menschen zufrieden mit der Regierung seien. Konkreter wird er nicht, aber wer will, kann auch daraus einen Satz herauslesen, der an diesem Abend schon einmal bei einem Parteifreund gefallen ist. Daniel Günther jedenfalls hat im Wahlkampf seine Präferenz für die Fortsetzung des bewährten Bündnisses oft genug betont. Nur weiß er natürlich auch, dass diese Möglichkeit mit der eigenen Stärke schwieriger geworden ist.

Weiter lesen: Was spricht für welche Koalition?

Ein Preis des Erfolgs, den der alte und neue Ministerpräsident im Zweifel aber gern zahlt. Unabhängig davon, in welcher Koalition seine CDU am Ende den Ton angeben.


Mehr lesen