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Besuch von Aminata Touré im Boxverein mit Nazi-Vergangenheit?

Besuch von Aminata Touré im Boxverein mit Nazi-Vergangenheit?

Besuch von Touré im Boxverein mit Nazi-Vergangenheit?

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
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Aminata Touré im Boxverein „Unlimited Boxing“ in Kiel: Ihr Auftritt sorgt im Nachhinein für Diskussionen. Foto: Marcus Dewanger/SHZ

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Bei einem PR-Termin im März boxt Sozialministerin Aminata Touré mit Kindern und Jugendlichen. Nun steht die Vergangenheit des Boxvereins in Fokus.

Sie wusste von der zweifelhaften Vergangenheit des Kieler Boxclubs – und ging trotzdem hin. Nun erntet Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) Kritik für einen PR-Termin Mitte März in Kiel. Vor 50 Kindern und Jugendlichen, viele davon aus Familien mit Migrationshintergrund, war sie selbst in den Ring gestiegen. Ziel ihres Auftritts: für Integration werben.

Verein mit Vergangenheit

An der Adresse des Touré-Trainings soll jedoch der Verein „Germany Boxclub Kiel“ gemeldet sein, der früher „Germanen Boxstall“ hieß und dessen Vorstand der umstrittene Boxpromoter Rene H. ist. Der machte 2019 bundesweit Negativ-Schlagzeilen, weil er bei der Live-Übertragung eines Box-Events ein T-Shirt mit dem Schriftzug „Kraft durch Freude“ trug. So hieß die Freizeitorganisation der Nationalsozialisten.

Vermieter wird dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet

Sicherheitskreise rechnen Rene H. dem rechtsextremen Spektrum zu. Und nicht nur diesem. Bis 2015 soll H. „Sergeant at Arms“ beim Rockerclub „Mongols“ in Kiel Gaarden gewesen sein, also zuständig für die Beschaffung von Waffen. Und fast zeitgleich soll er auch Anwärter bei den „Bandidos“ gewesen sein.

Ministerium wusste von zweifelhafter Verganenheit

Wie kam es zu diesem Termin? Ministeriumssprecher Patrick Tiede erklärt, bei einem Forum für Migranten sei Touré in den Boxclub eingeladen worden. Die Männer hätten sich als Mitglieder des Vereins „Unlimited Boxing“ vorgestellt und berichtet, wie schwierig es sei, wegen der vorbelasteten Adresse Zulauf zu bekommen. Tiede: „Dem Ministerium war bekannt, dass an der Adresse zuvor der Boxverein ,Germany Boxclub Kiel’ gemeldet war.“

Die Organisatoren von „Unlimited Boxing“ hätten dem Ministerium gegenüber aber glaubhaft versichert, dass von ihrer Seite keine inhaltliche Verbindung zum ehemaligen Boxverein „Germany Boxclub Kiel“ existiere und sich klar von jedem rechten Gedankengut distanziert.

Rene H. war bei dem Termin nicht anwesend

Auf der Teilnehmerliste sei keine Person namens Rene H. vermerkt worden. Und beim Termin selbst soll er auch nicht anwesend gewesen sein. „Rene H. war von Seiten des Sozialministeriums in keinerlei Hinsicht in die Planung des Termins am 17. März eingebunden“, so Tiede.

Dumm nur, dass der Boxpromoter auf der Facebook-Seite des „Germany Boxclub Kiel“ jetzt mit dem Touré-Termin wirbt. Und es den Verein „Unlimited Boxing“, laut eines „Spiegel“-Berichts gar nicht gibt. Keine Eintragung im Vereinsregister.

Touré verteidigt ihren Besuch

Touré schickt das nicht auf die Bretter. Sie erklärte: „Ich werbe aktiv dafür, mich einzuladen und freue mich über die regen Anfragen. So auch beim Boxclub, den ich besucht habe. Hier wird mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationsgeschichte pädagogisch und integrativ gearbeitet. Auch bei solchen Projekten ist es mir besonders wichtig, sich einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Ich werde weiterhin an Orte gehen, wo das Leben spielt. Das ist mein Selbstverständnis als Sozialministerin.“

Akbulat Uzuev von „Unlimited Boxing“ hat am Dienstag erklärt, Pacht an Rene H. zu zahlen. Sei der anfangs noch anwesend gewesen, nutze man die Halle jetzt alleine. Der Verein befinde sich in Gründung, eine Eintragung ins Vereinsregister solle es noch geben.

SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller sagte, „es ist hoch problematisch, wenn ein Betreiber eines Boxclubs, der nun wirklich keinen Hehl aus seiner rechtsradikalen Einstellung macht, nun mit den Bildern und Aussagen der Integrationsministerin in sozialen Medien Werbung macht“. Für eine Ministerin gelte eine besondere Sorgfaltspflicht. Der SSW-Fraktionschef Lars Harms, sagte dem „Spiegel“, ihm sei vom Hörensagen bekannt, dass im „Germany Boxclub Kiel“ rechtsradikale Personen ein und aus gingen. Kontakt zu dem Klub „würde ich niemandem empfehlen“.

Verfassungsschutzkreise haben Rene H. auf dem Radar

Ob Rene H. mit seiner früheren Gesinnung gebrochen hat und sich mittlerweile allein aufs Geschäft konzentriert, ist unklar. Aktuell gebe es weder sicherheitsrelevante Erkenntnisse zu Rene H. noch zum „Germany Boxclub Kiel“, sagte Jana Reuter, Sprecherin im Innenministerium. Aus Verfassungsschutzkreisen ist allerdings zu hören, man habe Rene H. weiter auf dem Radar. Das kann aber auch lediglich eine Vorsichtsmaßnahme sein.

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