Schleswig-Holstein

Bundesweit einmalig: In Wasbek bringt die Bahn Sonnenenergie direkt auf die Schiene

In Wasbek bringt die Bahn Sonnenenergie direkt auf die Schiene

In Wasbek bringt die Bahn Sonnenenergie auf die Schiene

Benjamin Steinhausen/SHZ
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Die riesige Photovoltaik-Anlage entstand auf einer Fläche von 40 Hektar direkt an der A7. Foto: Enerparc

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In Wasbek ist seit einem halben Jahr das Leuchtturm-Projekt der Deutschen Bahn in Betrieb. Eine Photovoltaik-Anlage auf 40 Hektar, die die gewonnene Energie direkt ins Bahnstromnetz einspeist. Das ist bundesweit einmalig.

Eine Photovoltaik-Anlage, die die gewonnene Energie direkt in das Bahnnetz einspeist. Sie ist ein Leuchtturm-Projekt für die Deutsche Bahn und bislang bundesweit einmalig. Und die Anlage steht nicht in Berlin, München oder Hamburg, sondern im beschaulichen Wasbek bei Neumünster.

PV-Anlage auf 40 Hektar an der A7

Zweieinhalb Jahre hat die Deutsche Bahn gemeinsam mit dem Freiflächenphotovoltaik-Projektentwickler Enerparc geplant und entwickelt. Enerparc hat die Anlage schließlich projektiert und errichtet. Das Hamburger Unternehmen ist nun Betreiber der Anlage und verkauft der Bahn den gewonnenen Strom.

Anfang März 2023 ging die Anlage Schritt für Schritt in Betrieb. Auf einer Riesen-Fläche von 40 Hektar direkt an der A7 stehen zahlreiche PV-Modul-Stränge mit jeweils 22 Modulen in einer Reihe. „Die gewonnene Energie wird je Strang in einem Wechselrichter zusammengefasst“, erklärt Werner Haut. Er arbeitete mehr als 50 Jahre als Elektriker bei der Deutschen Bahn und ist inzwischen in Rente. Wegen seiner Expertise hat das Unternehmen den Neumünsteraner für dieses Projekt noch einmal angefordert.

Über 21 Trafostationen, die verteilt auf dem Gelände des Solarparks aufgestellt sind, gehen 33 Kilovolt (kV) über eine dreieinhalb Kilometer lange Kabelstrecke entlang der A7 zum Umspannwerk am Aalbrooksweg nach Neumünster. „Hier transferieren wir die 33 kV hoch auf 50 Hertz (Hz) mit 110 kV Hochspannung“, erläutert Haut weiter.

38 Gigawattstunden im Jahr

Bis hierhin ist das noch Standard-PV-Technik. Der Projektleiter von der Deutschen Bahn ist Kilian Meißner, studierter Ingenieur für regenerative Energietechnik mit Schwerpunkt auf Photovoltaik und Wind. „Im benachbarten Umrichterwerk wird der Strom dann auf 16,7 Hz umgeartet und direkt über die Oberleitung ins Bahnnetz eingespeist“, erläutert er.

Die Module der PV-Anlage mit einer Leistung von 41 Megawatt-Peak sollen jährlich etwa 38 Gigawattstunden erzeugen. Das entspricht dem Strombedarf eines Tages im gesamten deutschen Bahnstromnetz. „Die Leistung schafft die Anlage locker. Im Mai haben wir zum ersten Mal die Höchstleistung erreicht und im ersten halben Jahr seit Inbetriebnahme bereits 26 Gigawattstunden Strom erzeugt“, so Meißner weiter. Die gesamte Anlage ist von der Hauptschaltleitung der Bahn aus Frankfurt am Main direkt steuerbar.

„Die Herausforderung und Faszination an diesem Projekt war das Neue, das hier entstanden ist. Wir nutzen innovative Technik, um erstmals die Energie aus einer PV-Anlage physikalisch ins 16,7-Hertz-Bahnstromnetz einzuspeisen“, beschreibt Kilian Meißner. Mit der Inbetriebnahme der Solaranlage in Wasbek können künftig im Vergleich zur Nutzung von Graustrom bis zu 18.000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.

„Ein ICE verbraucht den meisten Strom, wenn er losfährt“

Das 110 kV-Bahnstromnetz ist rund 7900 Kilometer lang, der nördlichste Punkt ist Jübek, der südlichste Bad Reichenhall (Bayern). Eine Bahnsprecherin berichtet auf Nachfrage: „Ökostrom ist für die Deutsche Bahn schon lange ein Thema. Seit mehr als 100 Jahren nutzen wir bereits Wasserkraftwerke, und wir decken schon heute mehr als 65 Prozent des Bahnstroms mit erneuerbaren Energien.“

Seit Januar 2018 fahren die S-Bahnen in Hamburg und Berlin und alle elektrisch angetriebenen ICE- und IC/EC-Züge mit 100 Prozent Ökostrom. Experte Werner Haut weiß: „Ein ICE verbraucht den meisten Strom, wenn er losfährt, etwa 16 Megawatt. Wenn er sein Tempo erreicht hat, verbraucht er fast gar nichts mehr und wenn er bremst, wird die Bremsenergie wieder ins Netz eingespeist.“

Die Deutsche Bahn habe sich mit ihrer Konzernstrategie „Starke Schiene“ hohe Ziele für mehr Klimaschutz gesteckt. Die Bahnsprecherin: „Bis 2038 wird der gesamte Bahnstrom – zehn Terawattstunden pro Jahr – zu 100 Prozent grün sein.“ 80 Prozent Grünstromanteil ist das Zwischenziel, das das Unternehmen bis 2030 erreichen will. „Wir sind auf einem guten Weg dahin“, heißt es von der Bahn.

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