Landwirtschaft

Burmeister in Viöl: Tiergerechtes Töten – zwischen Technik und Tradition

Burmeister in Viöl: Tiergerechtes Töten – zwischen Technik und Tradition

Burmeister in Viöl: Tiergerechtes Töten

Inga Gercke/shz.de
Viöl
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Ein Mitarbeiter der Schlachterei Burmeister in Viöl begutachtet die zur Trocknung aufgehängten Rinderhälften, die am Vortag geschlachtet wurden. Foto: Michael Staudt/SHZ

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Ein Schlachter in Viöl (Kreis Nordfriesland) hat drei Millionen Euro in die Hand genommen, um seinen Betrieb zu modernisieren. Das Tierwohl steht dabei im Vordergrund.

41 Rinder hängen in einem Kühlraum der Landschlachterei Burmeister in Viöl (Kreis Nordfriesland) von der Decke. Erst am Vortag wurden sie geschlachtet. Das heißt im Fall dieser Schlachterei, dass die Tiere schon zwei Tage vorher angeliefert wurden.

„Die Tiere schlafen hier eine Nacht, damit sie zur Ruhe kommen und sich an die neue Umgebung gewöhnen können“, sagt Betriebschefin Barbara Burmeister. Aber auch, damit es am Tag der Schlachtung zu einem optimalen Ablauf für Veterinäre und Mitarbeiter kommt, schließlich sind dann bereits alle Tiere vor Ort. 

„Am nächsten Morgen werden die Tiere quasi vom Schlachter geweckt.“ Dann gehen sie als Gruppe ihren letzten Gang Richtung Bolzenschussgerät. Erst kurz vor der Schlachtung kommen sie in die sogenannte Vereinzelung. „Uns ist wichtig, dass die Tiere möglichst stressfrei bleiben. Das sind wir ihnen schuldig. Außerdem schmeckt das Fleisch dann besser“, so die 56-Jährige.

Schlachten in 4. Generation

Sie und ihr Mann führen mit Karl Olschewski den Familienbetrieb bereits in der vierten Generation. Seit 1901 gibt es die Landschlachterei. Mit der Zeit kamen immer mehr Auflagen hinzu. Vor einigen Jahren stellte sich die Frage: Investition oder Rückzug? „Da haben wir gesagt: Attacke“, so Barbara Burmeister.

Drei Millionen Euro nahmen die Burmeisters in die Hand, um ihren Betrieb aus- und umzubauen. Neben dem Ruhestall investierten sie in Gussasphalt für den Boden, „damit sich kein Licht spiegelt, das die Tiere irritiert.“

Sämtliche Türhaken rasten fast geräuschlos ein, es stehen keine Kanten oder Schrauben ab, von denen eine Verletzungsgefahr ausgeht. „Die meisten Tiere gehen hier schon ganz entspannt rein. Und dann sind sie ja auch schon im Stall“, sagt Burmeister. Auf eine Sache legt sie besonders Wert. Ist ein Fahrer bei der Anlieferung zu grob mit den Tieren, braucht er gar nicht wiederzukommen.

Im Schlachthaus selbst hat sich ebenfalls einiges getan. „Auch wenn wir auf keinen unserer Mitarbeiter verzichten können, läuft hier mittlerweile viel automatisch ab.“ Sie mussten sogar einen hauseigenen Elektriker einstellen. „Früher haben wir kaum Strom gebraucht“, sagt sie, „aber früher war das aber auch nicht so groß hier.“

Kurze Fahrtwege zur Schlachterei

Heute gehört die Landschlachterei Burmeister zu den größeren Schlachtereien in Schleswig-Holstein. Im vergangenen Jahr wurden hier 2400 Rinder, 8000 Schweine und 11.000 Lämmer geschlachtet. „Alle Tiere kommen hier aus der Region, keines weiter weg als 50 Kilometer“, so Burmeister. „Unser Motto ist: aus der Region. Für die Region.“

Regionalität vor Bio

Von Demeter bis Bioland – die Liste der Marken, denen die Landschlachterei Burmeister angehört, ist lang. „Das ist jetzt nichts, womit wir uns brüsten“, sagt Barbara Burmeister. Die Frage nach Bioprodukten sei vor allem „so ein Stadt-Ding“. Ihr sei die Regionalität wichtiger. „Und das Tierwohl. Das lag uns schon immer am Herzen. Auch schon bevor es die Politik auf dem Zettel hatte und es in Mode kam.“ 

Nicht überall läuft es so harmonisch wie bei den Burmeisters. Vor einigen Wochen veröffentlichte eine Tierschutzorganisation Videoaufnahmen aus einem Schlachthof in Flintbek.  Darauf waren brutale Szenen zu sehen. Rinder sollen sich beim Schlachten gequält haben. Der Betrieb wurde geschlossen. Daraufhin wurden Forderungen nach Videoüberwachungen in Schlachthöfen laut.

Was hält sie davon? „Schwarze Schafe gibt es immer und in jeder Branche. Es gibt so viele Vorschriften. Wir Handwerker machen hier einen sauberen Job.“ Zudem haben die Burmeisters bereits Kameras. „Zu Dokumentationszwecken und auch zum Schutz unserer Mitarbeiter“, sagt sie. 

Damit sind sie den Plänen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft voraus. Die nämlich planen noch in diesem Jahr eine Änderung des Tierschutzgesetzes: Die Einführung von Überwachungskameras soll kommen. Ein Pilotprojekt läuft derzeit im Kreis Rendsburg-Eckernförde.

Videoüberwachung in Schlachthöfen soll kommen

Laut Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein gibt es in Schleswig-Holstein aktuell 96 Schlachtbetriebe. Burmeister ist einer der wenigen großen Betriebe, die noch in Familienhand sind. Und von denen, die die geschlachteten Tiere direkt vor Ort verarbeiten.

Hinter dem Schlachthaus sind die Produktionsräume: Hier werden die Tiere zu Würstchen, Steaks und Hackfleisch verarbeitet. „Das verkaufen wir dann am Verkaufstresen und verschicken es in die Welt“, sagt Barbara Burmeister.

Eine weitere Besonderheit: Auch Muslime kommen hier auf ihre Kosten. In einem eigens eingerichteten Verkaufsraum, dem „Bazar“ geht ausschließlich Schaf- und Lammfleisch über den Tresen. „Das hat sich rumgesprochen, manche kommen sogar aus der Ecke Hannover, um hier einzukaufen. Lebendschlachtungen machen wir hier aber nicht“, sagt sie. 

Gutes Fleisch, dafür weniger

Für Barbara Burmeister braucht es drei Schritte für gutes Fleisch. Ein Drittel mache der Landwirt aus. „Die Rasse und eine artgerechte Aufzucht sind wichtig.“ Das zweite Drittel sei die ruhige und respektvolle Schlachtung sowie die richtige Reifung, also das Abhängen des Fleisches, bevor es zerlegt werde. Das letzte Drittel betreffe den Verbraucher.

„Ich kann noch so gutes Fleisch haben. Wenn ich es nicht zubereiten kann, schmeckt es auch wie eine Schuhsohle“, sagt Barbara Burmeister. Sie selbst esse am liebsten übrigens gebratene Hüftsteaks „oder eine gute Scheibe Corned Beef“ – und das auch in Maßen: „Lieber weniger, dafür aber gutes Fleisch aus der Gegend - und zweimal die Woche reicht doch völlig aus.“

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