Nathalie Minuth, Mireille B. & Co

Diese Femizide sorgten in Flensburg und Umgebung für Erschütterung

Diese Femizide sorgten in Flensburg und Umgebung für Erschütterung

Diese Femizide sorgten in Flensburg und Umgebung für Erschütterung

SHZ
Flensburg/Schleswig
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Am 20. November wurde eine Frau auf der A7 mutmaßlich von ihrem Ehemann getötet. Foto: Benjamin Nolte Foto: 90037

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Am Montag beginnt der Prozess gegen einen 33-jährigen Mann, der seine Frau auf der A7 bei Schuby getötet haben soll. Die Tat fügt sich ein in eine Reihe weiterer Femizide, die in den vergangenen Jahren stattgefunden haben. Eine Übersicht.

Er soll dutzende Male auf seine Frau eingestochen und dafür gesorgt haben, dass sie schließlich in Todesangst mitten auf der A7 vor einen Lkw lief. Ihren Tot nahm er dabei mutmaßlich billigend in Kauf.

Das wird einem 33-jährigen Mann vorgeworfen, der sich ab Montag am Flensburger Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt, weil er seine Frau aus niedrigen Beweggründen am 20. November 2021 ermordet haben soll. Die Anklage geht davon aus, dass der 33-Jährige sich in seiner Ehre gekränkt gefühlt haben soll, weil seine Frau sich von ihm trennen wollte.

Die genauen Hintergründe der Tat und ob sich die Geschehnisse genau so abgespielt haben, wird das Gericht nun im Prozess klären müssen.

Sollte sich die Tat wie angenommen ereignet haben, wäre es einer von mehreren Femiziden, die sich in jüngster Vergangenheit im Umkreis von Flensburg ereignet haben. Eine Übersicht.


Weiterlesen: Wenn Frauen getötet werden – warum man Femizide benennen muss

März 2018, Mord aus gekränktem Ego: Eifersucht, Manipulation, Druck, gekränkte Ehre – all das steht am Anfang einer Tat, die ganz Flensburg erschütterte. Ahmad S. sticht am 12. März 2018 mehrfach auf seine damalige Freundin, Mireille B. ein. Das Gericht wird später von einem Overkill sprechen und von der narzisstischen Persönlichkeit des Angeklagten.

Die 17-Jährige hatte sich von ihm trennen wollen. Doch: Schließlich sei „die Gewissheit über das Ende der Beziehung am 12. März nicht mit seiner narzisstischen Persönlichkeit vereinbar“ gewesen, so der Richter damals in der Urteilsbegründung. S. habe Mireille B. als sein Eigentum betrachtet, sie kontrolliert und manipuliert. „Der Angeklagte schmückte sich mit seiner deutschen Freundin“, so der Richter, er habe sich regelrecht über sie identifiziert. Das Urteil des Gerichts ist eindeutig: Mord aus niedrigen Beweggründen.

April 2019, Ehemann tötet vierfache Mutter: Schock in der Heinrichstraße in Flensburg. An einem Donnerstagmorgen erschlägt ein damals 42 Jahre alter Mann seine Ehefrau, Mutter von vier Kindern, mit einem Fahrradschloss. Im Gerichtsprozess kommt später ans Licht: „Er hat seine Ehefrau regelmäßig beleidigt, geschlagen und mit dem Tod bedroht“, so die Staatsanwaltschaft.


Einer Wegweisung hatte sich der Mann in der Vergangenheit widersetzt, sie musste schließlich per Haft durchgesetzt werden. Bei einem erneuten Zusammentreffen an der Wohnung der Familie kommt es schließlich zur Eskalation: Der Angeklagte greift ein massives Fahrradbügelschloss und schlägt mindestens zehn Mal mit voller Wucht auf seine Frau ein. Die Geschädigte verstirbt noch vor Eintreffen der Rettungskräfte. Der Angeklagte habe „aus Wut über die Zurückweisung und um seinen Macht- und Besitzanspruch über seine Familie zu markieren“ gehandelt, wird es später im Prozess heißen. Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt.

August 2019, Mord an einer jungen Frau: Für die 23-jährige Nathalie Minuth kommt es zu einem folgenschweren Treffen. Über eine Datingplattform, auf der sie Sexdienstleistungen gegen Geld anbietet, stößt sie auf einen älteren Mann aus Humptrup. Sie verabreden sich. Doch in einem abgelegenen Waldweg in Schafflund kommt es zum Konflikt über die sexuellen Handlungen. Ihre Selbstbestimmung bezahlt Nathalie Minuth an diesem Tag mit dem Tod.

Das Gericht kommt nach einem langen Prozess zu dieser Überzeugung: Um ihren Widerstand zu überwinden, setzte der Angeklagte einen Elektroschocker ein und übte schließlich gegen ihren Willen die sexuellen Handlungen aus. „Zur Verdeckung dieser Sexualstraftat und der gefährlichen Körperverletzung brachte der Angeklagte die Geschädigte anschließend um“, heißt es in einer Mitteilung des Landgerichts.

Die Kammer geht davon aus, dass der Angeklagte das Opfer höchstwahrscheinlich strangulierte. Der Angeklagte wurde schließlich wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

November 2020, Ehefrau vergewaltigt und getötet: Nicht nur die Tat, auch das Urteil in diesem Prozess sorgte in der Region für Aufsehen. Im November 2020 werden Einsatzkräfte zu einem Feuer in Schuby gerufen. Sie finden eine tote Frau und ihren schwerverletzten Ehemann vor. Wie sich später herausstellt, weist die Frauenleiche erhebliche Verletzungen auf, die Mordkommission beginnt mit ihren Ermittlungen.

Wenig später erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes. Sie ging davon aus, dass Maik G. seine Frau erst durch Messerstiche und ein auf das Gesicht gedrücktes Kissen getötet und anschließend vergewaltigt hatte – zur Befriedigung seines Geschlechtstrieb.

Weiterlesen: Frau vergewaltigt und getötet: Acht Jahre Haft für Ehemann Maik G.

Das sah das Gericht nach Würdigung aller Spuren jedoch anders. Es kam zu dem Schluss, dass die Reihenfolge der Taten anders war. Zum Zeitpunkt der Tat lebten der Angeklagte und seine Frau zwar noch im gemeinsamen Haus, jedoch in Trennung. Sie hatte sich jegliche Annäherungsversuche von ihrem Mann verbeten. Maik G., der die Beziehung über Sex definierte und diese wieder herstellen wollte, ließ aber trotz des entschiedenen Widerstandes bis zum Ende nicht locker. Er sei mit der Situation nicht klargekommen, so der Richter.


Die Frau soll ihren Mann nach der Vergewaltigung damit gedroht haben, ihn in eine Psychiatrie einweisen zu lassen. Da habe er nach einem Schweizer Taschenmesser gegriffen, mehrfach zugestochen und seine Frau anschließend mit einem Kissen erstickt, gefesselt und geknebelt. Dann habe Maik G. ein Feuer im Schlafzimmer entzündet, um auch sich selbst zu töten.

Acht Jahre Haft wegen Vergewaltigung, Totschlag und schwerer Brandstiftung lautet das Urteil. Der Richter spricht von einem Fall, „in dem man allen nur Unrecht tun kann.“

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