Bürgerbeauftragte von SH

Energiepreis-Explosion: Bürgerbeauftragte sorgt sich vor „neuer Armut“

Energiepreis: Bürgerbeauftragte sorgt sich vor „neuer Armut“

Bürgerbeauftragte sorgt sich vor „neuer Armut“

Frank Jung/shz.de
Schleswig-Holstein
Zuletzt aktualisiert um:
Samiah El Samadoni, Bürgerbeauftragte für Soziale Angelegenheiten Foto: PICTURE ALLIANCE/CARSTEN REHDER/DPA/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Um Härtefälle beim Eintreffen der nächsten Abrechnung für Heiz- und Stromkosten einzudämmen, hält die Sozial-Expertin zwei Initiativen der Landesregierung im Bundesrat für dringlich.

Die Bürgerbeauftragte des Landes für soziale Angelegenheiten, Samiah El Samadoni, befürchtet „eine neue Armut“ durch die stark steigenden Energiekosten.

Fraglich sei, ob die geltenden Regelsätze für das vom Bund zum Jahreswechsel geplante Bürgergeld überhaupt noch das Existenzminimum widergeben: „Es war für die Menschen schon 2021 unglaublich schwierig, mit dem Regelsatz über die Runden zu kommen - bevor die Energiepreise so deutlich stiegen und die Inflation eingesetzt hat.“

Achtung: Heizkostenzuschuss steht und fällt mit dem Monat der Fälligkeit

El Samadoni macht sich „große Sorgen, dass die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2022 viele Menschen hart treffen wird“. Problematisch sei: Wer die staatliche Grundsicherung bezieht, kann einen Zuschuss für seine Energiekosten nur in dem Monat beantragen, in dem die Zahlung der Heizkostenabrechnung fällig wird. Wird der Antrag später eingereicht, gibt es nichts mehr - auch wenn inhaltlich ein Anspruch gegeben ist. „Viele Bürger wissen das nicht, warnt El Samadoni.

Sie rät der Politik dringend, eine Regelung einzuführen, die auch verspätete Anträge berücksichtigt. Die Bürgerbeauftragte drängt darauf, dass die Landesregierung dazu über den Bundesrat die Initiative ergreift.

Strompauschale schon im letzten Jahr 200 Euro zu niedrig

Gleiches gilt für eine Neuregelung der Stromkosten für die Bezieher von Grundsicherung. „Nicht auskömmlich“ sei die derzeitige Pauschale von 38 Euro monatlich für einen Einpersonenhaushalt. Sie ist im Regelsatz enthalten. Schon im letzten Jahr habe das insgesamt zu einer „Unterdeckung“ von mehr als 200 Euro geführt. El Samadoni hält es für angebracht, die Stromkosten getrennt vom Regelsatz und orientiert am tatsächlichen Verbrauch zu berücksichtigen.

Der Appell, die Betroffenen müssten sich halt weiter einschränken, gehe ins Leere: „Bei der Inflation ist das Sich-Einschränken nicht mehr so möglich.“

El Samadoni glaubt, dass ihre beiden Vorschläge im Zuge des neuen Bürgergelds miteingeführt werden könnten: „Damit gibt es schon ein Vehikel dafür.“

Landesregierung könnte in „Fonds für soziale Härten“ greifen

Innerhalb Schleswig-Holsteins sieht die Sozialrechtsexpertin einen weiteren Hebel gegen Armut durch Energiepreise: Sie verweist auf den von CDU und Grünen im Koalitionsvertrag vorgesehenen „Fonds für soziale Härten“. Damit muss nach Ansicht El Samadonis auch in Härtefällen geholfen werden, wenn Menschen ihre Gas- und Stromrechnung nicht bezahlen können.

3302 Fälle kamen im letzten Jahr auf den Tisch

Insgesamt ist die Bürgerbeauftragte von Schleswig-Holsteinern 2021 in 3302 Fällen mit der Bitte um Hilfe eingeschaltet worden. Am häufigsten ging es dabei nach wie vor um die Grundsicherung für Arbeitssuchende, nämlich 651-mal. Auf hohem Niveau blieben Eingaben zum Krankenversicherungsrecht (502) und zum Kindergeld (149).

Mehr lesen