Vielfalt

Hamburger Drag Queen Veuve Noire wirbt an Nordfrieslands Schulen für Toleranz

Hamburger Drag Queen Veuve Noire wirbt an Nordfrieslands Schulen für Toleranz

Drag Queen wirbt an Nordfrieslands Schulen für Toleranz

Arndt Prenzel/shz
Nordfriesland
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Die Drag Queen Veuve Noire ist bis Donnerstag an Schulen in Niebüll und Husum zu Gast und spricht über Themen wie Trans- und Homosexualität Foto: Anna Lena Ihme/SHZ

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Diese Woche besucht die Drag Queen Veuve Noire Schulen in Niebüll und Husum. Im Projekt „Olivia macht Schule“ geht es um das persönliche „Anderssein“. Die Initiative der bekannten Drag Queen Olivia Jones will Vorurteile abbauen.

„Die Reaktion ist bei den Heranwachsenden sehr positiv“, berichtet Veuve Noire von einem Besuch in Leck im Vorjahr. „Da ich selbst vom Land stamme, wo es deutlich grober zugeht als in der Stadt, war ich angenehm überrascht, wie offen die Gemeinschaftsschüler reagierten.“ Die in der Nähe von Rostock als Mann aufgewachsene Drag Queen erzählt im Rahmen ihres mit viel Humor aufgepeppten Info-Vortrags unverblümt aus ihrem Leben. „Das schafft Nähe und überrascht die meisten“, sagt die 39-Jährige, die sich als „Hetero-Frau im Körper eines schwulen Mannes sieht“.

Der Vortrag ist gespickt mit Informationen und harten Fakten rund um das „Anderssein“. „Wer weiß denn schon, dass die Gesetzgebung erst in den 1990er Jahren das Schwulsein erlaubte?“, so Veuve Noire. Am meisten berühren die Zuhörer jedoch die persönlichen Erlebnisse: Die Verfolgungen schockieren genauso wie das Mobbing. Gravierend waren die Folgen, die bis zum Selbstmordversuch führten. Die Veranstaltung wird durch die Fragen der Schüler abgerundet. „Viele erleben einen Aha-Effekt“, sagt Veuve Noire. „Die Ressentiments fallen ab, weil vor ihnen ein offener, lockerer Mensch sitzt und nicht wie vielleicht erwartet, ein völlig schräger Vogel oder gar ein Monster.“

Ein Zeichen setzen für mehr Offenheit

Veuve Noires Botschaft lautet am Ende: „Einfalt ist dämlich, Vielfalt natürlich: Lebt und liebt wie und wen ihr wollt. Jeder Mensch ist wunderschön und kostbar.“ Die Initiative zum Besuch stammt vom Evangelischen Kinder- und Jugendbüro Nordfriesland (EKJB). Die Motivation: Seit 2018 ist das dritte Geschlecht in Deutschland anerkannt. Junge Menschen spielen mit den drei Geschlechtern, setzen mit ihrem Aussehen und Auftreten ein Zeichen und benutzen wie selbstverständlich Brands wie bisexuell, transsexuell und pansexuell. Und doch gibt es Unsicherheiten und leider auch immer wieder homophobes und transfeindliches Verhalten. „Wir als evangelisches Kinder- und Jugendbüro setzen uns dem entgegen und stehen für eine bunte und vielfältige Gesellschaft ein.“

Vor Ort bewegt sich auch etwas: „Be more Rainbow“ heißt ein Projekt des Kinder- und Jugendbüros, Dabei geht es um Toleranz, Liebe, Respekt. Anna Lena Ihme freut sich mit Veuve Noire auf die Begegnungen mit Schülern in der Christuskirche in Niebüll, wo 350 Schüler der weiterführenden Schulen kommen werden. In der Carl-Ludwig-Jessen-Schule (Förderzentrum geistliche Entwicklung) in Niebüll geht es dann weiter. Auf dem Terminplan steht auch ein Austausch mit Multiplikatoren und Fachkräften aus dem pädagogischen Bereich unter dem Motto „Stell Dich queer.“ Am Donnerstag spricht Veuve Noire dann in Husum in der Marienkirche.

Aktionen des Evangelischen Kinder- und Jugendbüros

Etwa 7,5 Prozent der Deutschen identifizieren sich als homo-, bi- oder transsexuell, das sind rund sechs Millionen Menschen. Statistisch gesehen sind also in jeder Schulklasse, jeder Kindergarten – oder Konfirmandengruppe Menschen, die sich mit den heterosexuellen Normen nicht identifizieren können. Die Regenbogenflagge gilt als Symbol für ihren Kampf gegen Diskriminierung, Unterdrückung, Gewalt und Ausgrenzung.

„Be more rainbow“ (sei mehr Regenbogen!) – unter diesem Titel hat das EKJB ein Projekt für mehrere Zielgruppen ins Leben gerufen. Für Sechs- bis Zehnjährige schaffte sie das Bilderbuch „Raffi und sein pinkes Tutu“ an und gab es an Grundschulen und Kirchengemeinden mit Anregungen für die pädagogische Arbeit weiter. Pastorinnen und Pastoren setzten sich in einem Konvent mit dem Thema auseinander, und auf Kreisebene gibt es einen Fachtag für die pädagogisch Mitarbeitenden. Für Kinder und Jugendliche außerhalb der Schulen gab es außerdem eine Postkartenaktion und die Aufforderung, Nordfriesland mit Straßenkreide bunt zu machen als Zeichen gegen Rassismus und Intoleranz. 

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