Schleswig-Holstein

Harrislee: Wo Fahrradstraßen und Kreisverkehr möglich sind 

Harrislee: Wo Fahrradstraßen und Kreisverkehr möglich sind 

Harrislee: Wo Fahrradstraßen und Kreisverkehr möglich sind 

Antje Walther/shz.de
Flensburg/Flensborg
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Die Süderstraße am Markt in Harrislee ist die „am meisten belastete“ Verkehrsader der Gemeinde. Foto: Marcus Dewanger

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Das Lübecker Planungsbüro „urbanus“ hat das Radverkehrskonzept für die Grenzgemeinde vorgestellt. Über 50 Einzelmaßnahmen werden zur Diskussion gestellt.

Harrislee hat in Sachen Radverkehr „deutliches Steigerungspotenzial“. Nur im Schülerverkehr „da brummt es richtig“, analysiert Stefan Luft vom Lübecker Planungsbüro „urbanus“. Der Diplom-Ingenieur hat jetzt den ersten Entwurf eines Radverkehrskonzepts im Bauausschuss der Gemeinde vorgestellt. Es enthält mehr als 50 Einzelmaßnahmen mit einem Zeitfenster bis 2027.

Seit Mai 2022 laufen Beteiligungsformate für alle interessierten Akteure. Grundlage des Entwurfs ist eine Bestandsanalyse. Laut Luft verzeichnen die Grenzstraße am Ortseingang mit 75 Prozent, der Alt Frösleer Weg, der an der Zentralschule vorbeiführt, mit bis zu 37 Prozent und der Holmberg mit 17 Prozent hohe Anteile des Radverkehrs am Gesamtverkehr.

Fast alle Radfahrer weichen auf die Fahrbahn aus in der Grenzstraße (93 Prozent) und im östlichen Alt Frösleer Weg (85 Prozent). Das biete sich in Harrislee auch an. Denn, so zeigt Stefan Luft auf, überall zähle man deutlich weniger als 7000 Kraftfahrzeuge am Tag. Dank kurzer Wege sei es in Harrislee möglich, viele Dinge zu Fuß zu erledigen – eine „Chance für die Nahmobilität“.

„Bauchschmerzen“ im viel zu schmalen Musbeker Weg und belastete Süderstraße

„Bauchschmerzen“ bereite ihm als Planer indes der Musbeker Weg. Das ist die viel genutzte Hauptstraße, an der mehrere Discounter liegen und die in die Marktallee übergeht. Schon die Fußwege seien hier viel zu schmal, kritisiert Stefan Luft.

Diese Achse – Musbeker Weg und Marktallee – wird wiederum gekreuzt von der „am meisten belasteten“ Ader der Gemeinde, der Süderstraße. Planer legen eine Netzhierarchie fest, erklärt der Experte. Die Hauptrouten haben Priorität. Zu ihnen gehören die Harrisleer Umgehung, Süderstraße und Alt Frösleer Weg in Ost-West-Richtung sowie Ochsenweg, Holmberg und Musbeker Weg von Nord nach Süd.

Acht Kernelemente, darunter Radführung auf Fahrbahn und Fahrradzonen

„Wir können nicht überall Radwege bauen – selbst, wenn wir es wollten“, räumt der Lübecker Experte ein. Aber er kann auf eine Palette an Instrumenten zurückgreifen, die das Radfahren fördern und sicherer machen. Zu den acht Kernelementen des Harrisleer Handlungskonzepts gehören die Radführung auf der Fahrbahn, Verkehrsberuhigung, Fahrradstraßen und Fahrradzonen und Kreisverkehre. Die Umgestaltung von Süderstraße und Markt wiederum ist ein Sonderthema, weil sie auch Teil der Städtebauförderung „Projekt Ortskern Harrislee 2040“ ist.

Grundsätzlich jeder Gemeinde werde empfohlen zu prüfen, ob die Einrichtung von Fahrradstraßen möglich sei, erläutert Stefan Luft. Diese Straßen zählten zur „komfortabelsten und sichersten Führungsform für den Radverkehr“, weiß der Experte. Sie würden etwa in Frage kommen, wenn eine hohe Radverkehrsnachfrage und wenig Durchgangsverkehr durch Autos zu erwarten seien.

Fahrradstraßen für Teile der Berghofstraße und des Alt Frösleer Wegs

Für die Grenzgemeinde kann Luft mehrere als Fahrradstraße empfehlen, darunter die Verbindung von Westerstraße und Achter de Möhl, den südlichen Teil der Berghofstraße und Teilabschnitte des Alt Frösleer Wegs. Die beiden letzten gehören laut Maßnahmenplan zu den Prioritäten für 2023/2024 und werden mit Kosten von 50.000 (Berghofstraße) beziehungsweise 88.000 Euro beziffert.

Im Ortskern identifiziert der Planer sechs potentielle kleine oder Mini-Kreisverkehre. Die hätten viele Vorteile, darunter mehr Sicherheit für Radler beim kritischen Linksabbiegen, reduzierte Lärm- und Schadstoffemissionen und als städtebauliches Element.

Gerade die kritischen Knotenpunkte Süderstraße und Marktallee, Pattburger Bogen und Holmberg, Frösleer Weg und Holmberg sowie Süderstraße und Steinkamp könnte man entschärfen. Auch „saubere Querungen für alle Fußgänger“ sehen die Ideenskizzen vor. Den Zeitrahmen für einen kleinen Kreisverkehr für Süderstraße und Marktallee gibt Luft als „offen“ an, mit Priorität 3 und einer Kostenerwartung über 600.000 Euro. Für die oft kritische Situation mit abknickender Vorfahrt im Musbeker Weg in den Alt Frösleer Weg sei der Platz für einen Kreisverkehr zu gering, sagt der Planer und präsentiert eine alternative Umgestaltung samt Einbahnstraße.

Neuer Ortskern mit Tempo 20 und ohne Kopfsteinpflaster für 3,5 Millionen Euro

Mit 3,5 Millionen Euro beziffert der Fachmann die Kosten für die Umgestaltung des Ortskerns Süderstraße „zu einer Mischfläche mit Aufhebung des Kopfsteinpflasters“. Tempo 20, Begegnungszone und eine Neuordnung des Parkens zählten zu den Elementen. Die Förderkulisse sei gerade gut, beobachtet Stefan Luft.

Bürgermeister Martin Ellermann stimmt ihm zu und sagt, das Konzept komme genau zur rechten Zeit. Nun geht es in die Beratung in den nächsten Bauausschuss, dann voraussichtlich mit einem Empfehlungsbeschluss und finaler Fassung an die Gemeindevertretung. Diese tagt am 23. März.

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Kommentar

Gerrit Hencke
Gerrit Hencke Journalist
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