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Jürgen Voiss aus Fahrdorf fliegt den Niebüller Rettungshubschrauber

Jürgen Voiss aus Fahrdorf fliegt den Niebüller Rettungshubschrauber

Jürgen Voiss fliegt den Niebüller Rettungshubschrauber

Benjamin Nolte/shz.de
Niebüll
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Dem 51-jährigen Jürgen Voiss wird die Aufgabe als Hubschrauber-Pilot auch nach 16 Jahren nicht langweilig. Foto: Benjamin Nolte/shz.de

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Die Maschine mit der Kennung „Christoph Europa 5“ der DRF-Luftrettung ist in Niebüll stationiert. Um sie fliegen zu können, bedarf es viel Erfahrung und Können.

Der Traum vom Fliegen: Viele haben ihn von Kindesbeinen an. Pilot als Berufswunsch steht noch immer ganz weit oben. Jürgen Voiss aus Fahrdorf hat ihn sich erfüllt. Heute fliegt er den in Niebüll stationierten Rettungshubschrauber der DRF-Luftrettung. Wenn die Maschine mit der Kennung „Christoph Europa 5“ alarmiert wird, dann geht es nicht selten um Minuten.

Bis dahin war es für den heute sehr erfahrenen Piloten ein weiter Weg. „Den einen, den klassischen Weg, Berufspilot in der Luftrettung zu werden, gibt es nicht“, erklärt Voiss. „Stattdessen gibt es viele verschiedene Laufbahnen.“

Für Jürgen Voiss begann dieser Weg noch in der Schulzeit. Er lernte Segelfliegen und machte im weiteren Verlauf seine Privatpilotenlizenz. „Während meiner Bundeswehrzeit hatte ich den Mut gefasst, eine Ausbildung in den USA zu machen“, so Voiss. „So kam ich zu meiner Berufspilotenlizenz.“

Von den USA zunächst in den Hunsrück

In den USA arbeitete der heutige Wahl-Schleswig-Holsteiner zwischen 1997 und 2001 unter anderem als Fluglehrer, flog aber auch Hubschrauber für diverse Unternehmen wie Energieversorger oder in der Landvermessung. „Meine Frau wollte dann gerne zurück nach Deutschland“, erinnert sich Voiss.

Und so ging es für die junge Familie zunächst in den Hunsrück: Transportflüge, Arbeiten in den Weinbergen, das Waschen von Isolator-Leitungen, Schulungen und Rundflüge. Jürgen Voiss sammelte Erfahrungen in vielen Bereichen der Hubschrauberfliegerei.

„So bin ich in die Rettungsfliegerei gekommen und seit Mitte 2007 hier in Niebüll bei der DRF-Luftrettung.“

Einen Notarzt schnellstmöglich dahin bringen, wo er gebraucht wird: Das ist vereinfacht ausgedrückt die Kernaufgabe eines Hubschrauberpiloten bei der DRF-Luftrettung. Die Praxis ist allerdings wesentlich komplexer. Für den 51-jährigen Voiss ist dieses Aufgabenfeld auch nach 16 Jahren jeden Tag aufs neue spannend und abwechslungsreich. „Das Interessante ist, nie zu wissen, was als nächstes kommt“, fasst er zusammen. „Man muss sich immer wieder überraschen lassen.“

Notfälle und Landeplätze sind immer anders, sich ändernde Wetterlagen eine Herausforderung, gerade im Norden Schleswig-Holsteins, an der Nordseeküste. Für die Inseln und Halligen ist der Hubschrauber oft die letzte Rettung, um schnell und rechtzeitig in die großen Krankenhäuser auf dem Festland zu kommen.

„Um sicher fliegen zu können, sollte man sein Revier kennen“, so Voiss. „Nichts geht über Erfahrung. Hier kennen wir jeden Baum, jede Hochspannungsleitung, die Windparks und alle denkbaren Routen, auch die, die man bei schlechtem Wetter fliegen kann.“

Voraussetzung für den Job: Mindestens 2000 Flugstunden

Um vorn rechts im Hubschrauber als Kommandant zu fliegen, braucht es bei der DRF-Luftrettung viel Erfahrung. „Neben notwendigen und vorgeschriebenen Lizenzen verlangen wir unter anderem eine Gesamtflugerfahrung von mindestens 2.000 Flugstunden auf Hubschraubern und davon mindestens 1.000 Stunden als verantwortlicher Pilot“, berichtet Jérôme Gehri, Leiter Flugbetrieb der DRF-Luftrettung. „Zudem sollte man mindestens 500 Stunden in einer ähnlichen Betriebsumgebung wie der Rettungsfliegerei geflogen sein und eine Nachtflugerfahrung von mindestens 20 Stunden mitbringen.“

Fliegen bei fast jeder Wetterlage und landen fast überall

Die Voraussetzungen sind anspruchsvoll. Das hat auch seine Gründe, weiß Jérôme Gehri: „Überall starten und landen zu können, auf der Stelle zu schweben und vielseitig einsetzbar zu sein, machen die Tätigkeit des Hubschrauberpiloten in der zivilen Luftrettung aus. Im Luftrettungsdienst müssen unsere Piloten zudem bei fast jedem Wetter, Tag und Nacht fliegen sowie bei der Wahl des Landeplatzes situativ richtig reagieren: Ob auf der Autobahn, im Wohngebiet oder in den Bergen – sie müssen blitzschnell zwischen medizinischem Notfall und Sicherheit für Crew und Patient abwägen.“ Eine Hubschrauberlizenz kann man mittlerweile auch in der hauseigenen Akademie der DRF-Luftrettung machen.

Vier bis sieben Einsätze täglich im Sommer

In Niebüll fliegt Jürgen Voiss von Sonnenaufgang, frühestens ab 7 Uhr, bis Sonnenuntergang. Gerade im Sommer können die Tage mitunter sehr lang werden. Vier bis sieben Einsätze pro Tag sind es in den Sommermonaten im Durchschnitt. „Es gibt aber auch Tage, da sind wir nahezu ununterbrochen unterwegs“, so Voiss. „Unser Schwerpunkt liegt schon auf den Inseln. Mitunter fliegen wir mehrmals täglich raus ins nordfriesische Wattenmeer.“ Ein schönes Revier, ein toller Arbeitsbereich. „Obgleich wir oft mit schweren Schicksalsschlägen zu tun haben und auch nicht immer rechtzeitig kommen, macht mir diese Art der Fliegerei viel Spaß.“

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