Neues Kabinett in SH

Keine Regierungserklärung, aber viel Gelächter im Landtag

Keine Regierungserklärung, aber viel Gelächter im Landtag

Keine Regierungserklärung, aber viel Gelächter im Landtag

Kay Müller
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Vertritt den erkrankten Ministerpräsidenten: Monika Heinold (Grüne). Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist krank und fehlt im Parlament. Die Fraktion streiten trotzdem darüber, ob er eine Regierungserklärung zum neuen Koalitionsvertrag halten sollte oder nicht.

Der wichtigste Stuhl bleibt leer. Denn der Ministerpräsident ist krank. Daniel Günther hat kein Corona, aber er kann eben nicht da sein, wenn der neue Oppositionsführer Thomas Losse-Müller seine erste Rede im Landtag hält. Dabei hat der SPD-Fraktionschef extra eine Aktuelle Stunde beantragt, um den frisch gewählten Regierungschef zur Rede zu stellen, weil der keine Regierungserklärung zu seinem neuen Koalitionsvertrag abgeben wollte. „Wir haben schon erwartet, dass der Ministerpräsident oder eine Vertretung seine Pläne erklärt – und zwar hier an diesem Ort“, sagt Losse-Müller und bezeichnet den Landtag als Herzkammer der Demokratie.

Statt Günther muss nun dessen Stellvertreterin Monika Heinold ran. Die Grünen-Politikerin hat schon angenehmere Reden als diese gehalten, aber es gelingt der Finanzministerin in nüchternen Worten und ohne viele Beschwerden der Opposition, ihr Programm abzuspulen. „Wir haben ein hohes Interesse daran, den Menschen zu sagen, was wir machen wollen“, sagt sie – macht es dann aber nicht. Statt dessen verweist Heinold darauf, dass der Koalitionsvertrag von den Parteien und nicht von der Regierung vereinbart worden sei. Deswegen müsse das Kabinett nun erstmal ein Arbeitsprogramm erstellen, das der Ministerpräsident nach der Sommerpause im Parlament vorstellen werde – ein Satz, der bei der Opposition für gewisse hämische Erheiterung sorgt.

Heinold warnt vor schwierigen Zeiten

Da versucht es Heinold anders und verweist auf die unsichere welt- und gesundheitspolitische Lage und dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärt habe, dass eine ernstzunehmende Wirtschaftskrise drohe, die mehrere Jahre andauern könne. „Wir haben Herausforderungen in einer historischen Dimension und werden mit Unsicherheiten leben müssen“, sagt Heinold und ergänzt: „Regieren ist das reine Gegenteil von Wohlfühlpopulismus.“

Denn genau den hat ihr Ex-Staatssekretär Losse-Müller zuvor vorgeworfen. Dieser Populismus komme an seine Grenzen, wenn er auf die Realität treffe, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende – und bekommt das prompt von seinem Grünen-Kollegen Lasse Petersdotter wieder aufs Brot geschmiert: „Der Wohlfühlpopulismus der SPD ist am Wahlabend auf die Realität getroffen.“ Ansonsten gibt er zu, dass er den Unmut der SPD verstehen könne und eine Regierungserklärung spannend gefunden hätte.

Petersdotter versucht in seiner ersten Rede als Fraktionschef zumindest zu umreißen, wie Schwarz-Grün die selbst gesteckten Klimaziele erreichen will – etwa durch die Prüfung jedes Haushaltstitels auf seine klimapolitische Wirksamkeit.

Die Prüfaufträge, von denen es laut Opposition 154 im 244 Seiten starken Koalitionsvertrag gibt, bringen vor allem Christopher Vogt auf die Palme. Der FDP-Fraktionschef sagt nicht ohne Selbstironie: „Prüfaufträge kennen wir schon aus der Jamaika-Koalition. Die schreibt man immer in einen Koalitionsvertrag, wenn man ein Thema erwähnen, dann aber nichts machen will.“ 100 Seiten des Vertrages könne man ersatzlos streichen. Was bleibe, seien „viele offene Fragen für die Bürger – insbesondere wenn es um die Finanzierbarkeit geht“.

Auch für Lars Harms hat Schwarz-Grün keinen guten Start hingelegt. Genüsslich zitiert der SSW-Fraktionsvorsitzende eine Passage aus dem Koalitionsvertrag zur Planungsbeschleunigung, in der CDU und Grüne sich darauf geeinigt haben, dafür „alle sinnvollen Möglichkeiten auszuschöpfen“. Harms: „Was bedeutet das übersetzt?“ Eine Antwort bekommt er nicht.

Auch nicht von CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Der amüsiert die Opposition, wenn er Plattitüden-Sätze wie diesen sagt: „Wir wollen das umsetzen, was wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen haben.“ Dann dankt Koch noch so vielen Mitgliedern der Koalition und der Regierung, dass ihn seine Parteifreundin und Landtagspräsidentin Kristina Herbst ermahnen muss, zur Sache zu reden. „Ist ja gleich vorbei“, ruft SPD-Chefin Serpil Midyatli dazwischen – und am Ende darf dann doch noch mal ihr Fraktionsvorsitzender ans Mikro, weil die Ministerin die Redezeit überzogen hat.

Daniel Günther will Arbeitsprogramm Ende August vorstellen

„Sie haben vieles angedeutet, was nicht umsetzbar und finanzierbar ist“, sagt Losse-Müller und schaut auf den leeren Stuhl des Ministerpräsidenten. Die Regierung müsse aber erklären, wie alle Menschen 2040 klimaneutral leben sollen, ergänzt er. Oder wie Lars Harms sagt: „Wir haben viele Anregungen gegeben, was der Ministerpräsident uns im August erzählen soll.“

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