Wilderei in Schleswig-Holstein

Landesjagdverband erschüttert über gemeine Schlingen-Leger

Landesjagdverband erschüttert über gemeine Schlingen-Leger

Landesjagdverband erschüttert über Schlingen-Leger

SHZ
Flintbek
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Schleppte sich noch mindestens 800 Meter weit: Ein 2019 in Neuwittenbek im Kreis Rendsburg-Eckernförde von einem Wilderer erschossener Damhirsch. Foto: Landesjagdverband

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Der mutmaßliche Polizistenmörder Andreas S. hatte mit Wilderei ein florierendes Geschäft betrieben. Auch in Schleswig-Holstein gibt es Jagdwilderei, zuletzt sind die Zahlen gestiegen. Und es gibt ein neues Phänomen.

Im Transporter von Andreas S. (38) und seinem Gehilfen Florian V. (32) lagen 22 erlegte Stücke Damwild, als Polizisten das Fahrzeug auf einer Landstraße bei Kusel (Rheinland-Pfalz) kontrollierten. Der mutmaßliche Polizistenmörder hatte mit dem Verkauf von Wildfleisch ein florierendes Geschäft betrieben und wollte mit den tödlichen Schüssen auf die Beamten offenbar verhindern, dass er als Wilderer enttarnt wird.

In Tarnfarben und mit Schalldämpfer auf der Jagd

Auch in Schleswig-Holstein hat es spektakuläre Fälle von Wilderei gegeben: Gekleidet in Tarnfarben und bewaffnet mit Repetiergewehr samt Zielfernrohr und Schalldämpfer war ein Wilderer in Willenscharen (Kreis Steinburg) 2013 von einer Wildkamera fotografiert worden. Die Bilder gingen auf das Handy des Pächters, der losfuhr, den Wilderer in dessen Wagen entdeckte und ansprach.

Der Mann, der einen Hasen geschossen hatte, gab Gas und wurde von Streifenwagen nach einer Flucht über 50 Kilometer in Neumünster gestellt. Der Hamburger (36) mit Wurzeln in Osteuropa erklärte, er habe nicht gewusst, dass in Deutschland nur Jagdberechtigte auf Wild schießen dürften.

Vorsicht, wenn bereits Schüsse zu hören waren

Nach den tödlichen Schüssen von Kusel dürfte die Mehrheit der Jäger einem mutmaßlichen Wilderer wohl nicht mehr so unbedarft gegenübertreten. René Hartwig vom Landesjagdverband: „In Seminaren und Schulungen wird immer wieder besprochen, wie man sich verhalten sollte.“ Sind bereits hörbar Schüsse im Revier gefallen oder gibt es andere Hinweise auf eine entsprechende Bewaffnung, gibt es laut Polizei aber keinen Zweifel mehr, was zu tun ist: die Polizei rufen.

Wilderei in Schleswig-Holstein hat zugenommen

Obwohl das Landeskriminalamt noch keine Zahlen für 2021 hat, ist die Zunahme bei der Wilderei in Schleswig-Holstein auffällig. LKA-Sprecherin Carola Jeschke: „Im Jahr 2020 hat es 63 Fälle im Land gegeben.“ Das ist ein Höchststand, den es in den vergangenen zehn Jahren zuvor nur einmal 2013 gegeben hat. 2019 wurden 43 Fälle von Jagdwilderei registriert, 2018 waren es 47. Schwerpunkte zuletzt waren die Kreise Segeberg, Rendsburg-Eckernförde und Herzogtum Lauenburg.

Warum aber wird gewildert? Der Kilopreis für einen frischen Rehrücken liegt bei 50 Euro, ein ganzes Reh bringt auf dem Schwarzmarkt mindestens das Doppelte. „Es gibt genug Abnehmer und die Wilderer wissen genau, wo diese zu finden sind“, sagt ein Hegeringleiter aus Flensburg.

Landesjagdverband glaubt nicht an rein profitorientierten Hintergrund

Der Landesjagdverband teilt diese Sichtweise auf einen rein profitorientiertem Hintergrund allerdings nicht uneingeschränkt. René Hartwig erklärt: „Bei der überwiegenden Zahl der Fälle handelt es sich nicht um illegale Abschüsse. Nach dem Gesetz liegt bereits Wilderei vor, wenn jemand aus dem Wald die Abwurfstange eines Hirsches mitnimmt oder nach einem Wildunfall das getötete Tier einfach einlädt.“ Auch einen verendeten Falken mitzunehmen, falle unter Jagdwilderei.


Zunahme bei besonders bösartigen Schlingen-Fallen

Auffällig häufig seien im vergangenen Jahr Schlingen aus dünnen Drähten ausgelegt worden, berichtet Hartwig weiter. Diese lautlose Form der Wilderei führe zu erheblichen Verletzungen bei Tieren und lasse sie besonders lange leiden und qualvoll sterben. „Hier liegt eine erhebliche kriminelle Energie vor, die keine Rücksicht auf die Geschöpfe nimmt“, so Hartwig. Bei dieser Form der Wilderei stehe man vor einem großen Fragezeichen. „Verzehrt werden können die Tiere nicht mehr. Anscheinend sollen hier Tiere zum Spaß gequält werden.“

Die Aufklärungsquoten bei der Jagdwilderei sind bescheiden

Die Aufklärungsquoten sind bescheiden, da Täter auf frischer Tat ertappt werden müssen. So wurden von den 63 Taten im Jahr 2020 nur 17 Fälle aufgeklärt. Laut Landeskriminalamt liegt bei den Verdächtigen überwiegend eine räumliche Nähe zwischen Tatort und Wohnsitz vor.

Der Gesetzgeber bestraft Jagdwilderei mit einer Haft von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen können es auch bis zu fünf Jahre sein.

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