Jubiläum

Manfred, Jörg, Timo und Mirco: Das ist die Feuerwehr-Familie Bütow aus Viöl

Manfred, Jörg, Timo und Mirco: Das ist die Feuerwehr-Familie Bütow aus Viöl

Manfred, Jörg, Timo und Mirco: Feuerwehr-Familie aus Viöl

Kay Müller/SHZ
Viöl
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Drei Generationen Feuerwehr: Manfred Bütow (80, v.) mit Sohn Jörg (56, l.) und den Enkeln Timo (28) und Mirco (25, r.). Foto: Marcus Dewanger

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Die vierte Generation steht bereits in den Startlöchern: Bei den Bütows aus Viöl in Nordfriesland gehört die Feuerwehr zur Familie – oder umgekehrt. Zum 150-jährigen Bestehen des Landesfeuerwehrverbandes SH erzählen sie, was das besondere ...

Am Anfang stand die Sicherheit. „Wir mussten die jungen Leute aus unserem Musikzug ja irgendwie versichern“, sagt Manfred Bütow. „Und deswegen haben wir halt eine Jugendfeuerwehr gegründet– damit das geregelt ist. Und die haben dann aber auch Dienst gemacht. Und es kamen noch ein paar andere Jugendliche dazu, so dass wir gleich eine Warteliste aufmachen mussten, die wir bis heute haben.“

In Zeiten, in denen die Feuerwehren im Land um den Nachwuchs kämpfen, ist das schon eine Besonderheit. 150 Jahre wird der Landesfeuerwehrverband in diesem Jahr alt – und er lebt auch durch Menschen wie Manfred Bütow, der seit 55 Jahren Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Viöl in Nordfriesland ist. Mittlerweile führt sein Sohn Jörg die Jugendfeuerwehr – und das auch schon seit 30 Jahren. Dessen Söhne Timo und Mirco sind auch Mitglieder der Wehr – und mit Timos Tochter Amelie (8) und Sohn Lewe (3) steht schon die nächste Generation in den Startlöchern. „Die sind auch schon Feuer und Flamme für die Feuerwehr“, sagt ihr Vater.

Mitgliedschaft wird fast vererbt

Es ist auch ein gutes Stück Tradition, das die Bütows leben. Wie in vielen anderen Familien, gerade in den ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins, wird das ehrenamtliche Engagement vererbt. „Wie meine Kinder heute, habe ich natürlich auch bei Papa und Opa mitbekommen, wenn der Pieper ging und sie losmussten, um Menschen zu helfen. Und das wollte ich dann irgendwann auch“, erzählt Timo Bütow. „Feuerwehr, das gehört bei uns mit zur Familie.“

Dabei ist der Anfang für seinen Großvater schwer. Als Flüchtlingskind sei es nicht so leicht gewesen, in die Viöler Dorfgemeinschaft zu gelangen. Als der heute 80-Jährige in den 50er Jahren seine Lehre als Tischler beginnt, habe ihm sein Lehrmeister gesagt: „Wenn Du ausgelernt hast, darfst Du Dich bei der Feuerwehr melden.“ Trotzdem dauert es noch einige Jahre, bis Manfred Bütow 1968 Mitglied wird. „Damals gab es so eine Art Generationswechsel“, sagt er heute.

In vielen Einsätzen hat Manfred Bütow viel erlebt – und dabei haben sich auch Bilder in seinem Kopf eingebrannt, die ihn manchmal noch im Traum einholen. Er hat Unfälle und Brände gesehen, Gebäude gelöscht, Verletzte versorgt – irgendwann gemeinsam mit seinem Sohn Jörg. In den 90er Jahren muss der mit Atemschutz in ein brennendes Haus – und kann doch nur die verkohlte Leiche des Bewohners bergen. „Das sind Bilder, die man nie vergisst“, sagt sein Vater.

Doch in der Wehr haben man schon immer zusammengehalten, sagt Manfred Bütow. Gerade nach so belastenden Einsätzen suche man das Gespräch unter den Kameraden. „Und bei manchen Einsätzen schützen einen die Älteren auch“, sagt sein Enkel Mirco. „Da sagt dann schon mal einer: Du musst Dir das nicht angucken.“

Was ist das Geheimnis des Erfolges?

Vielleicht ist auch das ein Teil des Geheimnisses Feuerwehr. Die Mitglieder passen gegenseitig auf sich auf, sie geben sich Halt und Wertschätzung. Über 60.000 Schleswig-Holstein sind Mitglied in einer Freiwilligen Feuerwehr, fast 10.000 Jugendliche in einer der 446 Jugendwehren aktiv. Nicht wenige von ihnen haben Nachwuchssorgen, in Viöl ist das anders. „Wir haben sogar Kinder auf der Warteliste, die erst zwei oder drei Jahre alt sind“, sagt Jörg Bütow. „Denn manche wissen, dass sie sich früh bewerben müssen, wenn sie dabei sein wollen.“ Er weiß, wovon er redet, bei der Gründung der Jugendfeuerwehr 1978 war er mit elf Jahren das jüngste Mitglied.

Doch was macht das Besondere dieser Jugendfeuerwehr aus? Darüber können auch die Mitglieder der Feuerwehr-Familie nur mutmaßen. Klar sind sie Teil des Dorfes, bei jedem Fest präsent – und danach kämen auch immer ein paar potenzielle Neu-Mitglieder. „Wir bieten den Jugendlichen etwas an, haben ein junges Team“, sagt Jörg Bütow. Die Übungen seien gut vorbereitet, die Jugendlichen könnten sich einbringen, Wettkämpfe mit anderen Wehren bestreiten. Das sei abwechslungsreich, so dass auch darüber gesprochen werde. Und die Jugendlichen könnten viel selbst organisieren, Ausbilder bewerben sich von allein. Zwar gebe es auch viele andere Angebote für Jugendliche in dem 2700-Einwohner-Dorf. Aber die geografische Lage, die es eben nicht so leicht macht, in größere Städte zu kommen, hält den Nachwuchs vielleicht im Dorf, das auch für die Nachbargemeinden attraktiv sei. Und eben das Gefühl, dass die Feuerwehr etwas Besonderes ist, etwas, wo man mit zwei Dutzend anderen auf eine Warteliste muss, bis man irgendwann dabei sein kann. Vielleicht macht dieser Mix die Jugendfeuerwehr Viöl besonders attraktiv.

Dass die die Basis für eine funktionierende Einsatzabteilung ist, das wissen die Bütows ganz genau. „Wenn die Leute im Ort bleiben, dann bleiben sie auch in der Wehr“, sagt Senior Manfred Bütow. „Zumindest meistens.“ 34 Mitglieder hat die Jugendwehr, 73 die Einsatzabteilung.

Und so hoffen sie auch in Viöl, dass es die Freiwilligen Feuerwehren in den nächsten 150 Jahren noch gibt – auch wenn Timo und Mirco ein wenig den Kopf hin und her wiegen als ihr Vater sagt: „Das Ehrenamt hat es jetzt schon schwer, und wird es noch schwerer haben.“ Deswegen helfe nur die direkte Ansprache der Leute und eine aktive Feuerwehr, die gut ausgestattet sei. Man dürfe sich nicht ausruhen, nur weil die Mitgliederzahl gerade gut sei, meint Jörg Bütow.

Und sein Vater, der vor 45 Jahren die Jugendfeuerwehr mitgegründet hat, ergänzt: „So lange der Zusammenhalt da ist, hat die Feuerwehr auch eine Zukunft.“ Denn die Sicherheit bedeute auch die Zukunftssicherung – wie einst die Versicherung, die einst die Gründung dieser besonderen Jugendfeuerwehr in Viöl erst ermöglichte.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Zusammenhalt: Es geht noch viel mehr in Nordschleswig“