Flensburg

Mieter in der Eckenerstraße können Grundstück nicht legal verlassen

Mieter in der Eckenerstraße können Grundstück nicht legal verlassen

Mieter können Grundstück nicht legal verlassen

Ove Jensen/shz.de
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Hier geht es nicht weiter: Slavica Holland vor ihrer Wohnung in der Eckenerstraße. Foto: Ove Jensen/shz.de

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Zwei Wege führten einst zum Mietshaus mit der Adresse Eckenerstraße 73. Einer ist verrammelt. Vor dem anderen stehen eine Schranke und ein Betreten-Verboten-Schild. Die Mieter fühlen sich hilflos.

Wie konnte das eigentlich passieren? Wieso hat dieses Mietshaus keinen Zugang zur Straße? Nicht zur Eckenerstraße, an der es laut Postanschrift liegt. Und auch nicht zur nahe gelegenen Spechtstraße, einem Stichweg an der Harrisleer Straße?

Historisch lässt sich das erklären. Das hilft nur den Mietern nicht in ihrer aktuellen Situation. „So irre die ganze Situation ist, so krank machend ist sie auch“, sagt Slavica Holland (44), die seit zweieinhalb Jahren in einer der drei betroffenen Wohnungen lebt.

Schon mehrmals hat sie die Polizei gerufen, als sie mit ihrem Elektroscooter nicht aufs Grundstück kam. Die Polizisten reagierten sehr unterschiedlich. Auch für die Beamten ist es nicht leicht zu erkennen, wer in diesem Streit im Recht ist.

Das Mietshaus, das von außen einen renovierungsbedürftigen Eindruck macht, liegt hinter einer Reihenhaus-Reihe am unteren Ende der Eckenerstraße. Zu erreichen ist es über einen schmalen unbefestigten Weg entlang der Reihenhäuser. Dieser Weg soll einer Eigentümergemeinschaft der Reihenhausbesitzer gehören.

Nachbarn erteilen Hausverbot

Sie haben den Mietern der Eckenerstraße 73 ein Hausverbot erteilt und eine Schranke mit einem Betreten-Verboten-Schild aufgestellt. Die Mieter ignorieren das Verbot notgedrungen und klettern über die Schranke oder quetschen sich an ihr vorbei.

„Wir könnten jetzt jedes Mal Strafanzeige erstatten, wenn hier wieder jemand rübergeht“, sagt einer der Reihenhaus-Eigentümer. „Das machen wir aber nicht, denn letztlich sind diese Mieter ja die Leidtragenden.“

Er sieht den Vermieter in der Pflicht, endlich einen regulären Zugang zum Grundstück zu schaffen. Möglich wäre das wohl. Das Grundstück ist nicht komplett von anderen Grundstücken umgeben. An einer Stelle grenzt es an einem Hang an einen Fußweg, der von der Eckenerstraße zu einer Kleingartenkolonie führt. Hier muss es früher mal einen Durchgang gegeben haben. Reste einer Treppe sind noch zu erahnen. Inzwischen ist der Hang aber zugewuchert.

Von den derzeitigen Mietern erinnert sich niemand mehr daran, dass hier einmal ein Durchgang war. Auch der Vermieter hat das Haus erst vor wenigen Jahren gekauft. Eine Anfrage von shz.de an die von ihm beauftragte Hausverwaltung blieb bislang unbeantwortet.

Viele Jahre lang war das Grundstück – zumindest zu Fuß – durch einen Durchgang zu einem Hof an der Spechtstraße zu erreichen, eine kleine Stichstraße an der Harrisleer Straße. Aber auch dazu musste man ein anderes Grundstück überqueren. Dessen neuer Besitzer hat inzwischen einen großen Zaun errichtet.

Wer das Haus mit dem Auto oder – wie Slavica Holland – mit dem Seniorenscooter erreichen will, muss von der Eckenerstraße aus an den Reihenhäusern vorbei.

Der Streit um diese Zuwegung hat sich seit April immer weiter zugespitzt. Ein Reihenhaus-Besitzer berichtet davon, dass vor einiger Zeit immer wieder Handwerker-Autos ungefragt über sein Grundstück gefahren seien. Paketboten würden im Rückwärtsgang im hohen Tempo über den Weg brettern.

An einem Tag habe er eine Strichliste geführt, sagt der Mann. Offenbar fand da im Haus Eckenerstraße 73 eine Party statt. 86 Mal sei da jemand über den Privatweg gelatscht.

Landgericht entscheidet über Notwegerecht

Für eingeschlossene Grundstücke kennt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) das so genannte Notwegerecht. Nachbarn müssen unter bestimmten Voraussetzungen dulden, dass ihr Grundstück betreten wird, sind dafür aber auch finanziell zu entschädigen.

Gespräche in der Reihenhaus-Siedlung legen den Schluss nahe, dass es den Eigentümern hier nicht ums Geld geht. Sie wollen einfach ihre Ruhe.

Ob sie ein Notwegerecht gewähren müssen, soll nun das Landgericht klären. Der in Hamburg lebende Eigentümer des eingeschlossenen Grundstücks hat eine einstweilige Verfügung beantragt. Der Fall wird am kommenden Montag, 7. November, vor Gericht behandelt.

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