Kolumne „Eine Welt“

„Nach mir die Sintflut”: Dürfen Kinderlose die Klimakrise ignorieren?

„Nach mir die Sintflut”: Dürfen Kinderlose die Klimakrise ignorieren?

Dürfen Kinderlose die Klimakrise ignorieren?

Miriam Scharlibbe
Kiel
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Das Bild vom Weltuntergang: Die Erde versinkt im dunklen Meer. Foto: imago/Paul von Stroheim/shz.de

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„Eine Welt”: Poesiealbum-Sprüche lehren uns, dass wir jeden Tag so leben sollten, als wäre es unser letzter. Eine neue Generation will genau das nicht sein – die letzte ihrer Art. Und ein Millionär erzürnt das Fernsehpublikum mit...

Die Welt ist nicht schwarz-weiß. Wir Menschen lieben Party und Protest, wollen die Erde retten und trotzdem online shoppen. Dabei setzen wir den Planeten in Brand. Die Klimakrise ist DAS Thema unserer Zeit. Miriam Scharlibbe legt den Finger in die Wunde und schaut dorthin, wo es wehtut: in den Spiegel. Sie kritisiert Verschwendung und Verwerfungen des Kapitalismus, Gedankenlosigkeit und mangelnde Nachhaltigkeit - und hadert dabei ständig mit sich selbst.

Gebt den Kindern das Kommando
Sie berechnen nicht
Was sie tun
Die Welt gehört in Kinderhände
Dem Trübsinn ein Ende
Wir werden in Grund und Boden gelacht
Kinder an die Macht

Diese berühmten Liedzeilen von Herbert Grönemeyer sind inzwischen mehr als 30 Jahre alt. In einer Zeit, in der sich junge Menschen für ihre Überzeugungen auf Straßen festkleben und jede Woche aufs Neue heftige Debatten entfachen, würde wohl kaum ein Deutscher Grönemeyer noch zustimmen.

Was aber viele Eltern kennen, ist das verzweifelte Gefühl, dass man den eigenen Kindern doch mehr hinterlassen muss, als einen ausgebeuteten und zerstörten Planeten. Es kommt nicht von ungefähr, dass neben Kindern und Jugendlichen auch Eltern und Großeltern in der Klimabewegung aktiv sind.

Aber sollte der Kampf gegen die Klimakrise nicht eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung sein? Nicht, wenn man dem Millionär und Verleger Julien Backhaus Glauben schenkt. Der beantwortete in einem ZDF-Talk zum Thema Klimaschutz und die Rolle der Wohlhabenden eine Zuschauerfrage mit absoluter Gleichgültigkeit. 

„Herr Backhaus, wo und wie kommen Sie Ihrer Verantwortung für die nachfolgenden Generationen und unserer Umwelt nach?“, lautete die Frage. Die Reaktion folgte kurz und knapp mit den Worten: „Nach mir die Sintflut. Ich habe keine Kinder.“

Es widerspricht den Regeln des Zusammenlebens

Den Ärger eben jener engagierter junger Menschen können Sie sich vorstellen. Abgesehen davon, dass das Sprachbild mit der Sintflut von Herrn Backhaus hier per se schlecht gewählt ist – immerhin würde eine solche in verschiedenen mythologischen Erzählungen als eine gottgesandte Flutkatastrophe beschriebene Welle, die Vernichtung der gesamten Menschheit zum Ziel haben, was bedeuten würde, dass dem Millionär auch anderer Leute Kinder egal seien – widerspricht es doch allen Regeln unseres Zusammenlebens. 

Alle gegen Alle oder alle zusammen?

Im Alltag scheint es manchmal so wirken, als wäre alles auf ein Gegeneinander aus: Autofahrer gegen Radfahrer, Teenager gegen Senioren, Arm gegen Reich. Aber das Leben lehrt uns etwas anderes.

Nur wenige Reiche waren immer reich, fast jeder findet sich mal in der Rolle des schwächeren Verkehrsteilnehmers wieder und wir sind alle jemandes Kinder. Der Kampf gegen die Klimakrise ist also selbstverständlich unsere gemeinsame Aufgabe. Schon alleine, um sie nicht den Demonstranten mit den radikalsten Methoden zu überlassen.

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