Gesundheitswesen

Notaufnahmegebühr: Das sagen Vertreter von Kliniken in SH

Notaufnahmegebühr: Das sagen Vertreter von Kliniken in SH

Notaufnahmegebühr: Das sagen Vertreter von Kliniken in SH

Tina Ludwig/shz.de
Kiel
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Notaufnahmegebühr als Lösung? Die Notaufnahme im Kieler Universitätsklinikum zählt 80.000 Patienten pro Jahr. Foto: Christian Charisius/dpa

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Krankenhausvertreter in Schleswig-Holstein erteilen dem Vorstoß von Kassenärzte-Chef Andreas Gassen eine deutliche Absage. Das sind ihre Argumente.

Wer ohne telefonische Ersteinschätzung künftig in eine Notaufnahme fährt, ohne dass es nötig ist, soll eine Gebühr bezahlen. Das fordert Kassenärztechef Andreas Gassen. Doch Gesundheitsminister Lauterbach lehnt den Vorschlag ab. Auch aus Schleswig-Holsteins Kliniken kommt Kritik. Überfüllte Notfallambulanzen würden nicht durch Gebühren leerer.

Martin Blümke vom Westküstenklinikum Heide und Oliver Grieve vom Universitätsklinkum UKSH heben die schnelle und umfassende Versorgung rund um die Uhr hervor, die Patienten anderswo nicht erhielten. „Und wo soll ein Patient am Mittwochnachmittag hingehen, wenn die Arztpraxen geschlossen sind?“, fragt Grieve.

80.000 Menschen kommen im Jahr in die Interdisziplinäre Notaufnahme in Kiel. Nicht alle seien Notfälle. „Wenn jemand mit Schmerzen im Sprunggelenk in die Notaufnahme kommt und am Ende mit Verband entlassen wird, ist er kein Notfall“, sagt er. Doch oft wisse man das vorher nicht.

Blümke hält die Gebühr für kontraproduktiv. Es werde dazu führen, dass echte Notfallpatienten abgeschreckt würden. Dies führe zu verzögerter Hilfeleistung. Das bestätigt auch Grieve. Gebühren seien vor allem für Menschen mit geringem Einkommen problematisch. Diese gehen folglich nicht in eine Notaufnahme, auch wenn es nötig ist.

Flensburger Diako gegen Gebühr

Auch in der Flensburger Diako kommt es vor, dass Menschen in die Notaufnahme kämen, weil sie keine Arztpraxis finden, die ihnen einen kurzfristigen Termin gegeben hat. Diako-Sprecherin Claudia Erichsen sagte, man schließe sich der Einschätzung der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft an. Diese fordere, zunächst die ambulante Notfallversorgungen jenseits der Kliniken zu verbessern.

Klinikum NF: Ärztliche Versorgung absichern

Stephan Unger vom Klinikum Nordfriesland schätzt die Quote nicht notwendiger Notaufnahme-Patienten auf 25 Prozent. Er sagt: „Vielleicht sollte sich Andreas Gassen eher darüber Gedanken machen, wie seine Vereinigung in ländlichen Gebieten die ärztliche Versorgung attraktiver macht und damit absichert.“

Imland: Gebühr mit Aufwand verbunden

Matthias Haut, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme der Imland-Klinik in Rendsburg, sieht den Aufwand, der mit der Erhebung einer Gebühr verbunden ist: „Wenn man vielleicht an einer Stelle eine Entlastung in den Notaufnahmen erzielt, darf es nicht dazu führen, dass es an einer anderen Stelle zu bürokratischer Mehrarbeit kommt und man unter dem Strich nichts gewinnt.“

In Neumünster acht Kassensitze nicht besetzt

Andreas Glück, der die Notaufnahme am Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster leitet, hält Gassens Vorschlag für „Populismus in Reinkultur“. Ein Großteil der von ihm benannten Bagatellfälle kommt in die Notaufnahme, weil die Patienten keine Hausärzte mehr hätten. Allein in Neumünster seien acht Kassensitze nicht besetzt.

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