Kuriose Entscheidung der Stadt

Poller auf Radweg verhindern Parken - Doch auch Radler kommen nicht mehr durch

Poller auf Radweg verhindern Parken

Poller auf Radweg verhindern Parken

SHZ
Osnabrück
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Schildbürgerstreich? Auf dem Radweg am Birkenweg in Osnabrück stehen seit Freitag Poller. Die Stadt hat sich was dabei gedacht. Die Anwohner wundern sich trotzdem. Foto: Markus Bertram/shz.de

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Was hat sich die Stadt dabei gedacht? Mitten auf einem Radweg in Osnabrück stehen plötzlich Poller. Sie verhindern, dass Autofahrer auf dem Radweg parken - aber für Radler ist auch kein Platz mehr. Was soll das?

„Als ich eben nach Hause kam, habe ich gedacht, mich trifft der Schlag.“ So begann Markus Bertram eine E-Mail, die er am Freitagabend an seine Nachbarn, die Stadtverwaltung und die Medien schickte. Als Anhang sendete er ein Foto vom ehemaligen Radweg vor seiner Haustür mit, der nun verpollert und damit seiner eigentlichen Aufgabe entledigt ist.

Die Poller sind das Ergebnis eines zweijährigen Ringens der Anwohner in Osnabrück mit der Stadtverwaltung. Man muss wissen: Ihre Straße führt direkt zum beliebten Osnabrücker Rubbenbruchsee. Bei gutem Ausflugswetter rollt reger Verkehr durch das Wohngebiet Richtung See.

Autofahrer sollen nicht mehr auf Radweg ausweichen

Viele Ausflügler nutzen die Straßenränder auch als Parkzone. Das führt dazu, dass im Begegnungsverkehr manche Autofahrer auf den Radweg ausweichen und Radler und Fußgänger gefährden, wie Anwohner Markus Bertram berichtet. Er selbst habe sich schon an Wochenenden auf dem Radweg vor seinem Haus postiert, um die Autofahrer höflich, aber deutlich um die Einhaltung der Verkehrsregeln zu bitten.

Nun stehen also seit Freitag Poller da, um die Autofahrer vom Radweg fernzuhalten. Sie halten aber auch Radfahrer vom Radweg fern. Für Lastenräder oder Gespanne mit Kinderanhänger ist erst recht kein Platz, sagt Bertram. „Ich bin erschüttert und trinke jetzt erst einmal einen Beruhigungstee“, schrieb er in seiner Mail.

Otte: „Einen Tod müssen wir sterben“

Stadtbaurat Frank Otte ist um Beruhigung bemüht. „Einen Tod müssen wir sterben“, sagt der oberste Straßenplaner der Stadt. Der Wunsch der Anlieger sei es gewesen, das Überfahren des Fuß- und Radweges durch Autofahrer zu unterbinden. Das werde mit der Pollerreihe erreicht. Und, ja, das Ganze gehe auf Kosten eines Radweges - der aber eigentlich gar kein Radweg mehr ist, wie Otte versichert.

Der mit roten Pflastersteinen abgesetzte Weg hat eine Breite von nur 1,10 bis 1,30 Meter. Viel zu schmal nach heutigen Maßstäben. Ein kombinierter Fuß-Radweg dieser Form würde 2022 nicht mehr gebaut. Nach der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung sollen benutzungspflichtige Radwege (die mit dem blauen Schild gekennzeichnet sind) mindestens 1,50 Meter breit sein, empfohlen werden zwei Meter als Mindestmaß.

Es wäre auch keine Lösung gewesen, die Poller auf den Bordstein zu setzen, sagt Otte. Das Gesetz schreibt nach seinen Angaben einen Mindestabstand zum Bordstein von 25 Zentimetern vor. Dann wären vom Radweg weniger als 80 Zentimeter übrig geblieben und hätten Radler in einen gefährlichen Engpass gezwungen. So, wie die Poller jetzt platziert sind, sei die höchste Sicherheit für Fußgänger gewährleistet, so Otte. Und für Radfahrer sei es ohnehin sicherer, in solchen Bereichen auf der Straße zu fahren.

Thema im Ausschuss

In der Tat raten Verkehrsexperten dazu, die Radfahrer im Zweifel im Autoverkehr ohne eigene Spur mitrollen zu lassen. So ist es auch auf der Meller Straße in Osnabrück umgesetzt worden, wo die Stadt nach längerem Nachdenken auf Rad-Schutzstreifen verzichtet hat. Radfahrer würden von Autofahrern besser wahrgenommen, die Kollisionsgefahr beim Abbiegen werde verringert. Auch sogenannte Dooring-Unfälle (durch unachtsames Öffnen der Fahrertür nach dem Parken) und brenzlige Situationen an Grundstücksausfahrten würden vermieden.

Markus Bertram hält den Radweg am Birkenweg trotzdem für unentbehrlich. Viele Kinder nutzten den kombinierten Fuß-/Radweg auf dem Weg zur Schule und Familien auf dem Weg zum Rubbenbruchsee. „Die Poller dürfen so nicht bleiben“, findet er.

Der Ausgang ist offen. Das letzte Wort hat die Politik: Am Donnerstag (3. Februar, 17 Uhr) wird sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt mit der Pollerreihe auf dem (ehemaligen) Radweg befassen.

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