Zum Jahreswechsel auf Sylt

„Pottsmiten" und Satteltrunk: Wie sich Silvesterbräuche verflüchtigt haben

„Pottsmiten" und Satteltrunk: Wie sich Silvesterbräuche verflüchtigt haben

„Pottsmiten" und Satteltrunk - Bräuche verflüchtigen sich

SHZ
Sylt
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"Pottsmiten": Einst war es Usus, Geschirr an die Hauswände zu werfen. Foto: Archiv Deppe Foto: 90037

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Andere Zeiten, andere Sitten: Silvester-Traditionen gehen auf der Insel immer mehr verloren.

Andere Zeiten, andere Sitten: Abgesehen von den Bräuchen des Maskenlaufens und des Altjahresumritts, die in Morsum noch in gewissem Maße gepflegt werden, haben sich frühere Silvester-Traditionen längst verflüchtigt.

So war es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts üblich, dass mit einbrechender Dunkelheit Umzüge der Kinder durch die Sylter Dörfer begannen. Singend zogen sie von Haus zu Haus, wobei es in den Sylter Ostdörfern die besondere Sitte gab, die Berufe von Handwerkern lärmend nachzuahmen. Für ihre Darbietungen erhielten die Kinder Kuchen und Äpfel, die in einen großen Sack gesteckt wurden.

Die Erwachsenen veranstalteten zur Mitternachtsstunde ebenfalls Umzüge, bei denen man mit Musik und Stocklaternen durch die Straßen zog. Unliebsame Dorfbewohner wurden in der letzten Nacht des Jahres gern gefoppt. Da kam es dann beispielsweise vor, dass ein weißer Fensterrahmen mit schwarzer Farbe angestrichen oder ein Leiterwagen in seine Einzelteile zerlegt wurde.

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Ebenso war das „Pottsmiten" (Pottschmeißen) in früheren Zeiten am Silvesterabend auf Sylt eine weit verbreitete Sitte. Dabei wurden die Türen und Fensterläden der Häuser mit allerlei zerbrechlichen Gegenständen beworfen, denn man wollte nichts Altes mit ins neue Jahr nehmen.

Doch es gibt noch lebendiges Brauchtum: Sollten am letzten Abend des Jahres plötzlich einige vermummte Gestalten vor der Haustür stehen, brauchen die Bewohner nicht gleich das Schlimmste befürchten. Die unerwarteten Gäste wollen nicht das Hab und Gut, sondern lediglich etwas vortragen. Maskenlaufen ist in Morsum noch eine lebendige Tradition: Am Silvesterabend gehen kleine Gruppen maskiert von Haus zu Haus, um launige Verse vorzutragen, die sich vornehmlich mit den Geschehnissen im Dorf befassen. Dafür werden die kleinen Läufer mit Süßigkeiten, die älteren mit einem Glas Schnaps belohnt.

Seemänner hoch zu Ross

Auch der Brauch des Altjahresumritts wird im Sylter Osten vereinzelt noch gepflegt. Reiter ziehen gemeinsam durchs Dorf und bekommen von den Bürgern so manchen Satteltrunk gereicht. In früheren Zeiten, als die meisten der Sylter Männer zur See fuhren, muss die Erscheinung eines solchen Seemannes hoch zu Ross – zumal im angeheiterten Zustand – ein recht kurioser Anblick gewesen sein. Der Volksmund prägte dafür den friesischen Ausspruch „En Seeman to Hingst es en Gruul fuar Gott" („Ein Seemann auf einem Hengst ist ein Gräuel für den lieben Gott").

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