Fasching

Rosenmontag: Warum der Marneval ganz Norddeutschland verrät

Rosenmontag: Warum der Marneval ganz Norddeutschland verrät

Rosenmontag: Warum der Marneval ganz Norddeutschland verrät

Christin Lempfert/shz.de
Marne
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Die Vogelscheuche hat den Rosenmontag hinter sich. Foto: dpa

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Süddeutsche fliehen nach Schleswig-Holstein um dem Karneval zu entgehen. Wer sich in Marne versteckt, erlebt jedoch sein blaues Wunder – und muss sich vor Wurfgeschossen in Form von Kamellen in Sicherheit bringen.

Rosenmontag, 20. Februar: Im Newsroom des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags in Flensburg herrscht auch in diesem Jahr wieder geschäftige Ruhe. Ein Sportkollege telefoniert. Tastaturen klackern. Wenige Plätze sind heute freigeblieben. Die Urlauber seien in der Heimat, heißt es von den Sitznachbarn auf Nachfrage. Wer gesteht Karneval zu feiern, erntet in der Regel entgeisterte Blicke.

Schleswig-Holstein ist eine karnevalfreie Zone, Norddeutsche scheren sich um diese Feierlichkeiten nicht, damit brüsten wir uns in den Sozialen Medien. Dieser Montag soll hier nur ein Montag von vielen sein:

Denn wenn es um Karneval gehe, ergreife jeder Norddeutsche sofort die Flucht:

Das stimmt so leider nicht. Eine kleine Stadt bietet dem Karnevalverdruss in jedem Jahr die Stirn und feiert die „fünfte Jahreszeit“ nicht ohne Stolz: Marne. Rosenmontag – von Einheimischen „Romo“ genannt – ist in Dithmarschen ein geliebtes Brauchtum, das nicht nur Nordfriesen, sondern auch den meisten Schleswig-Holsteinern ein Rätsel ist. Die „Kohlköppe“ ziehen diese Feierlichkeiten seit mehr als 60 Jahren durch.

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Die heimliche Karnevalshauptstadt

Der Karneval sollte ursprünglich den tristen Winter im Norden ein wenig aufhellen und für gute Stimmung sorgen. Das schafft er – in Dithmarschen. Das Volk von der Westküste ist offensichtlich anders, hebt sich vom Rest von Schleswig-Holstein ab und macht sein Ding. So war es auch schon vor mehr als 1000 Jahren.

Weiterlesen: Warum mögen Nordfriesen und Dithmarscher sich nicht?

In die heimliche Karnevalshauptstadt des Nordens kommen zum Rosenmontagsumzug inzwischen – je nach Wetterlage – bis zu 25.000 Jecken, das überschreitet die Einwohnerzahl um das Dreifache. Damit lässt sich nicht mehr leugnen: auch der Norden hat was mit Karneval am Hut.

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Wurfgeschosse: Achtung, fliegende Kamelle

Die fröhlichen Nonnen, Clowns oder Cowboys schmeißen alles weg, was sie vorher teuer gekauft haben. Fast 6000 Kilogramm Süßigkeiten fliegen von den festlichen Wagen. Allein das Marner Prinzenpaar muss mindestens 200 Euro für Wurfmaterial ausgeben. Absolute Geldverschwendung mit integriertem Verletzungsrisiko. Wer nicht aufpasst, bekommt volle Kamelle auf die Zwölf.

Und sie brüllen: „Marn hol fast!“

Jeder gute Brauch braucht einen eingängigen Slogan. „Guten Rutsch“, „Frohes Neues“ sind da nur die bekanntesten Beispiele. Auch der Freudenausruf der Kölner Jecken („Alaaf!“) und ihrer Seelenverwandten aus Mainz, Düsseldorf und Koblenz („Helau!“) lässt sich gut brüllen – selbst unter Alkoholeinfluss.

Der Narrenruf aus Marne zeigt, dass der Schleswig-Holsteiner sich besser von Dingen fernhalten sollte, die ihm nicht im Blut liegen. „Marn hol fast!“ durch die Straßen zu rufen, erfordert einen klaren Kopf und ein großes Lungenvolumen. Das sind zwei Dinge, die im Karneval Mangelware sind.

Auch im Süden von SH feiern Menschen Karneval

Im Übrigen feiern nicht nur die Dithmarscher in Schleswig-Holstein Karneval. In Morrege im Kreis Pinneberg sind die Narren auch unterwegs, ihr Ruf ist eingängig: „Moorrege Ahoi“. Die Elmshorner Karnevalisten nehmen es mit einem Augenzwinkern: „Fisch-Elm“.

Gebrochene Karnevalshochburg: 1969 bis 1978 – gute Jahre

Marne ist und bleibt die Karnevalshochburg in Schleswig-Holstein, dabei wurde sie schon einmal gestürzt. Knapp neun Jahre, von 1969 bis 1978, zog niemand bunt verkleidet durch die Innenstadt. Das lag daran, dass sich der Marner Karnevalsverein nach Reibereien in zwei Gruppen gespalten hatte: die Marner Karnevals-Gesellschaft und den Marner Karnevalsverein. Dieser Streit machte das Jahrzehnt zu einem guten Jahrzehnt für all die Karnevalsflüchtlinge in Schleswig-Holstein.

Rückblick mit Video: So war es 2018

Anm. d. Red.: Kreativen Protest gegen diesen Artikel akzeptieren wir nur in Reimform oder als Büttenrede mit Tusch am Ende. In diesem Sinne: Happy Fasching!

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