Hitzige Debatte im Landtag SH

SPD attackiert Daniel Günther nach Regierungserklärung

SPD attackiert Daniel Günther nach Regierungserklärung

SPD attackiert Daniel Günther nach Regierungserklärung

SHZ
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Lobt auch SPD-Ministerpräsidenten: Daniel Günther (CDU). Foto: Marcus Brandt/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der Ministerpräsident verteidigt die von seiner Regierung angekündigten Öffnungsschritte – und muss sich dafür von der Opposition einiges anhören. Doch die nimmt sich dann CDU-Fraktionschef Tobias Koch zur Brust.

„Durchschaubare Spielchen“ – so nennt Serpil Midyatli das, was Daniel Günther gerade vorgetragen hat. Die Oppositionsführerin steht im Landtag in Kiel und geht hart ins Gericht mit dem Ministerpräsidenten, der so eben den von ihm in einer Regierungserklärung erläuterten Stufenplan für weitere Öffnungen erläutert hat. Es sei ein „absurdes Ritual“ sagt die SPD-Fraktionschefin, dass der CDU-Politiker in der Woche zuvor Öffnungsschritte für Schleswig-Holstein verkündet habe, die dann einen Tag später ohnehin auf Bundesebene beschlossen wurden. „Und die haben Sie dann noch als eigene Ideen verkauft“, sagt Midyatli, die dafür eine Menge Tumult in den Reihen der CDU-Fraktion auslöst.

So ein bisschen Wahlkampf muss schon sein gut zehn Wochen vor der Landtagswahl. Midyatli versucht es mit einer Mischung aus Angriff und Verteidigung. Auf der einen Seite attackiert sie den Ministerpräsidenten, auf der anderen Seite warnt sie ihn vor zu vielen Öffnungen. „Omikron ist nicht harmlos“, sagt sie und fordert die Menschen auf, freiwillig dort FFP2-Masken zu tragen wo es nicht mehr vorgeschrieben ist. „Das Tragen der Maske ist der geringste Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung.“

Midyatli warnt davor, die Pandemie schon für überstanden zu erklären – und spricht sich wie Günther für eine allgemeine Impfpflicht aus. Die müsse im Herbst vorbereitet sein, wenn neue Virus-Varianten auftauchen könnten: „Man richtet eine Feuerwehr ja auch nicht erst ein, wenn es brennt.“

Impfpflicht ist umstritten

Die Impflicht soll die Abgeordneten laut Tagesordnung eigentlich erst zwei Tage später beschäftigen, aber das Thema lässt sich bei einer Debatte zu Corona offenbar schlecht vermeiden. Die Grüne Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben hat sich schon mehrfach persönlich dafür ausgesprochen. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, der sich sogar für eine Befristung der Maskenpflicht ausspricht, ist hingegen skeptisch, ob die Impfpflicht kommen wird. Sie prophylaktisch einzuführen, hält er für schwierig.

„Ich halte eine Impfpflicht – Stand heute – nicht für notwendig“, sagt der SSW-Chef im Landtag, Lars Harms. Man habe die Pandemie im Griff. Der Blick nach Dänemark zeige, dass die Todeszahlen nicht mehr steigen. „Deswegen kann man nicht pro forma in Grundrechte eingreifen, ohne dass es notwendig ist." Allerdings sollte man eine Impfpflicht vorbereiten und im Herbst entscheiden, ob eine Notlage gegeben sei.

AfD will Freedom-Day

Davon hält Jörg Nobis wenig. Der AfD-Abgeordnete ist generell gegen eine Impfpflicht, will dagegen die Freiheit der einzelnen Menschen verteidigen. Und er spricht sich wie Harms für schnellere und weitergehende Öffnungsschritte aus.

Da macht Daniel Günther jedoch nicht mit. Stoisch hat er sich die Angriffe angehört, bei den Attacken der SPD keine Miene verzogen. In seiner Regierungserklärung gibt er sich betont überparteilich, lobt ausdrücklich das Engagement der SPD-Regierungschefs aus den Ländern vor der Konferenz mit den Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler. „Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, diesen Weg gemeinsam zu gehen.“ Nun sei man an einem Wendepunkt in der Pandemie angekommen, aber eben noch nicht am Ende. „Es ist aber richtig, dass die Eigenverantwortung zum Maß aller Dinge wird“, liest der Regierungschef vom Blatt ab.

Eigenverantwortung und Vorbereitungen auf einen weitere Corona-Herbst will irgendwie auch Serpil Midyatli, die dann aber noch ein volles rhetorisches Pfund von CDU-Fraktionschef Tobias Koch fängt. Der kritisiert die „Fundamentalopposition“ der Sozialdemokraten und nimmt sich gleichmal den Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller vor, ohne dessen Namen zu erwähnen. Der habe nach überstandener Corona-Infektion ohne Not an einer Demonstration mit 1000 Leuten teilgenommen, aber es einen Tag später nicht für nötig befunden, den Bundespräsidenten in Berlin zu wählen. Formal seien die Auflagen vermutlich korrekt eingehalten worden, aber Koch, der selbst vor kurzem nach überstandener Infektion früh im Landtag zurück war, zitiert genüsslich die Oppositionsführerin: ,,Es gibt zwei Ebenen: Das, was erlaubt sein mag ­ und das, was sich eigentlich verbieten sollte."

Bei der SPD sorgen diese Attacken für erheblichen Unmut, einige Abgeordnete springen auf, laufen durcheinander. Doch Koch legt nach: „Ganz losgelöst von allen Coronafragen ist es schon ein erstaunliches Demokratieverständnis des SPD-Spitzenkandidaten, wenn trotz offensichtlich überstandener Corona-Infektion nicht an der Wahl des deutschen Staatsoberhauptesteilnimmt. Warum eigentlich nicht? Wer am Samstag demonstriert, kann doch auch am Sonntag den Bundespräsidenten wählen.“

Wahlkampf geht erst richtig los

Manche Beobachter mögen auch solche rhetorischen Kniffe für durchschaubare Spielchen halten – aber im Wahlkampf dürfte es davon im Landtag künftig noch ein paar mehr geben. Nächste Gelegenheit ist vermutlich der Freitag, wenn es nochmal um eine mögliche Impfpflicht gehen wird.

Mehr lesen

WORT ZUM SONNTAG

Matthias Alpen
Matthias Alpen
„Der Ruf von Fanø“