Homophober Überfall in Kiel

Täter haben offenbar auch andere Partygänger bedroht

Täter haben offenbar auch andere Partygänger bedroht

Täter haben offenbar auch andere Partygänger bedroht

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
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Am Montag nahmen 700 Menschen am Tatort in der Kieler Innenstadt an einer Mahnwache teil. Foto: Daniel Friederichs/shz.de

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Die Täter sind noch nicht gefasst, aber einem neuen Zeugen ist die gesuchte Gruppe möglicherweise eine halbe Stunde vor der Bluttat begegnet. Auch er und seine Freunde wurde wegen Äußerlichkeiten beleidigt und beschimpft.

Nach den Messerstichen vor der Bar „Mum and Dad“ in der Kieler Innenstadt gibt es erste Hinweise auf die möglichen Täter. „Ein Zeuge berichtete den Ermittlern, er und seine Freunde seien gegen 1 Uhr von einer Männergruppe aggressiv beschimpft worden“, sagte Polizeisprecher Matthias Arends. Auch hier sei es um Äußerlichkeiten gegangen, in diesem Fall um Kleidung.

Wie der Zeuge den Ermittlern berichtet habe, sei es gelungen, eine Eskalation zu vermeiden. Arends: „Möglicherweise sind das aber die gleichen Männer gewesen, die später zugeschlagen und zugestochen haben sollen. Diese sollen Mittzwanziger und vermutlich südeuropäischer Herkunft sein.“

Auslöser des Streits sollen lackierte Fingernägel gewesen sein

Zu der Bluttat vor dem „Mum and Dad“ war es gekommen, weil drei junge Männer (23 bis 27) auf dem Gehweg vor der Bar von einer anderen Gruppe, die vorbeiging, beleidigt wurden. Zeugen und die Geschädigten selbst hatten angegeben, dass lackierte Fingernägel der Grund für die Beschimpfungen gewesen sein sollen.

Es kam zum Streit vor Bar. Ein Freund (23) der drei Attackierten, der hinzu kam, um zu schlichten, wurde mit einem Messer niedergestochen. Der Stich in den Oberkörper war lebensbedrohlich. Seine drei Freunde erlitten Verletzungen durch Schnitte in die Arme und Schläge ins Gesicht.

Wollten die Täter bewusst und gezielt eine Konfrontation erzwingen?

Die Polizei prüft nun, ob ein homofeindliches Motiv vorliegt. Die neue Zeugenaussage könnte ein Indiz dafür sein, dass die lackierten Fingernägel als Vorwand genutzt wurden, bewusst und gezielt eine Konfrontation zu erzwingen. So wie die Lästereien über die Kleidung bei der Begegnung kurz vor der Bluttat. Der Geschädigte mit den lackierten Fingernägeln stellte gegenüber Ermittlern klar, dass er nicht schwul sei.

Polizei sucht weitere Zeugen, denen die Tätergruppe begegnet ist

„Wir suchen jetzt Zeugen, denen in dieser Nacht möglicherweise ebenfalls eine aggressive Gruppe von drei bis vier Männern aufgefallen ist, hoffen auf eine genauere Täterbeschreibung“, so Arends.

Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln wegen versuchter Tötung. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ist eine Belohnung von 2000 Euro ausgesetzt.

Stadt Kiel hisst die Regenbogenflagge

An einer Mahnwache am Tatort nahmen am Montagabend 700 Menschen teil. Zuvor hatte die Stadt Kiel die Regenbogenflagge auf dem Rathausbalkon gehisst – als „sichtbares Zeichen, dass Homophobie in unserer Stadt keinen Platz hat“. Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sagte: „Ich bin entsetzt, dass in unserer weltoffenen Stadt Kiel diese Gewalttat geschehen ist. Mit der Regenbogenflagge setzt Kiel ein Zeichen der Solidarität.“ Und: „Ich hoffe sehr, dass es den Verletzten bald besser geht und die Täter schnell gefasst werden.“

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