Bredstedt

Traurige Weihnachten: Wenn die Alkoholsucht das Fest der Liebe beherrscht

Traurige Weihnachten: Wenn die Alkoholsucht das Fest der Liebe beherrscht

Wenn die Alkoholsucht das Fest der Liebe beherrscht

SHZ
Bredstedt
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In vielen Familien überschattet die Alkoholsucht das Weihnachtsfest. Foto: Alexander Heinl/shz.de

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Alkoholsucht ist schon an normalen Tagen eine schwere Belastung für Betroffene und Angehörige. Umso mehr an den Weihnachtstagen, wie Betroffene in dem Besonderen Gottesdienst in Bredstedt berichten.

Sie haben eine lange Tradition und viel Tiefgang, die besonderen Gottesdienste, die immer am vierten Advent von Mitarbeitern und Patienten der Diako Nordfriesland, den ehemaligen Fachkliniken Nordfriesland, gemeinsam mit Pastor Peter Schuchardt gefeiert werden.

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Auch diesmal wurde dieser Gottesdienst mit Unterstützung der Selbsthilfegruppen Freundeskreis Fortuna Struckum und Leuchtturm in der Bredstedter Kirche St. Nikolai zelebriert. Er stand unter dem Leitmotiv „Traurige Weihnachten – frohe Weihnacht“. Im Mittelpunkt stand das Thema Alkoholsucht.

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„Einige Menschen werden uns erzählen, von traurigen und fröhlichen Weihnachten, die sie erlebt haben und uns alle zum Nachdenken anregen können“, leitete der Seelsorger ein.

Weihnachtsfest zwischen leeren Flaschen

„Weihnachten ist für mich ein fröhliches Fest mit seinen Lichtern, geschmückten Tannenbäumen, den Düften und besonders wichtig mit meiner Familie“, berichtete der 49-jährige Hauke aus der Nähe von Bredstedt. So habe er auch seine Kindheit in Erinnerung.


Das sei aber in seinem späteren Leben nicht immer so gewesen. Sehr zum Leidwesen seiner Mutter sei er dem Alkohol verfallen und habe gerade Weihnachten ganz allein in seiner Wohnung mit leeren Flaschen um sich herum verbracht. Er habe sich unglücklich, einsam und traurig gefühlt, hatte aber keine Kraft in einer solchen Verfassung Halt bei seiner Familie zu suchen. Die Sucht sei stärker gewesen, er war nicht mehr Herr über sich selbst.

Mit Hilfe von Diako und Selbsthilfegruppe zurück ins Leben

Irgendwann habe er sich einen Ruck gegeben, nicht zuletzt durch den Anstoß von Freunden. „Dank der Diako und der Selbsthilfegruppe, der ich mich anschloss, konnte ich das alles hinter mir lassen, und heute bin ich dankbar, wieder fröhliche Weihnachten feiern zu können“, so der Betroffene.

Nach schwerer Zeit sei er dank Therapien nun „trocken“ und könne inzwischen für andere in der Selbsthilfegruppe Hilfestellung geben, um aus der Sucht herauszufinden.

Zank und Streit unterm Weihnachtsbaum

Auch Monika hatte schlechte Erfahrungen mit Alkohol machen müssen. Immer habe Weihnachten im Elternhaus schön angefangen mit Bescherung unter dem Tannenbaum. Aber je später der Abend wurde, um so mehr trank ihr Vater und böse Worte, gefolgt von Streitigkeiten, kamen ins Spiel. Das habe sich in ihrer Ehe später wiederholt. Ihr Partner war Alkoholiker.

Nur durch die Hilfe der Fachkräfte in der Diako sei nun alles wieder im Lot und fröhliche Weihnachten bestimmen seit Jahren ihr Eheleben. Aber auch ihr Glaube habe ihr geholfen, nicht nur in den Gottesdiensten an Heiligabend, die traditionell zu ihrem Weihnachen dazugehören.

Hilfe für Suchtkranke und Angehörige per Telefon oder in Struckum

Pandemiebedingt musste das sonst übliche Kirchenkaffee ausfallen. Dennoch tauschten sich Besucher nach dem Gottesdienst mit Pastor und Vertreter der Selbsthilfegruppe aus. Noch einmal deutlich gemacht wurde, dass die Selbsthilfegruppen sowohl für Betroffene als auch ihre Familien eine große Hilfe sind.

Hauke Berkenkamp von der Selbsthilfegruppe Leuchtturm wies daraufhin, dass die bisher jeweils freitags von 19 bis 21 Uhr in der Diako NF in Breklum-Riddorf (offene Station), stattgefundenen Treffen wegen der Pandemie abgesagt worden sind. Telefonisch gibt es aber Hilfe unter 04671/927792 (Hauke Berkenkamp).

Anders sieht es in der Selbsthilfegruppe „Fortuna“ Struckum, offen für jedermann und alle Süchte, aus. Es finden jeweils montags ab 20 Uhr im Gemeindehaus Struckum Treffen statt. Es gilt die 2G-Regel. Info unter 01520/7845066 (Sylke Pietsch).

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